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Inselsommer

Inselsommer

Titel: Inselsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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Bilder ausstellen? Ich könnte mir vorstellen, dass es nicht ganz leicht sein dürfte, sie davon zu überzeugen. Ineke hat es von jeher verabscheut, sich zu produzieren, und hasst nichts mehr als eitle, selbstgefällige Menschen.«
    »Und wovon lebt sie, wenn sie keine Bilder verkauft?«, fragte ich neugierig. Die Einrichtung ihres Hauses deutete trotz einer gewissen Bescheidenheit darauf hin, dass es der Künstlerin an nichts mangelte. Gerade die Antiquitäten waren bestimmt von großem Wert.
    »Sie hat reich geerbt und ihr Geld offenbar gut angelegt. Ihrem Vater gehörte eine Dachdeckerfirma, die auf Reetdachhäuser spezialisiert war. Damit konnte man auf Sylt immer schon gutes Geld verdienen. Und soweit ich weiß, war die Firma auch auf den Nachbarinseln Amrum und Föhr tätig. Ineke hat immer schon bescheiden und zurückgezogen gelebt, ihr Vermögen aber gern geteilt, indem sie soziale Projekte wie die Sylter Tafel unterstützt. Nicht nur aus diesem Grund ist sie auf der Insel eine hochgeschätzte Person.« In meinem Kopf ratterte es:
Sylter Tafel?
Das klang so, als gebe es auf der Insel arme Menschen, die verpflegt werden mussten, oder sogar Obdachlose. Angesichts des Reichtums, der auf Sylt häufig sehr protzig zur Schau gestellt wurde, schier unvorstellbar!
    »Verstehe ich das richtig? Auf Sylt wird Essen an Arme verteilt? Genau wie in Hamburg und anderen Städten? Wie ist denn so etwas möglich?«
    Adalberts Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an.
    »Leider hat die Armut auf der Insel gerade in den letzten Jahren stark zugenommen. Eine vierköpfige Familie anständig zu ernähren ist hier mittlerweile so gut wie unmöglich, selbst wenn beide Elternteile arbeiten. Die Lebenshaltungskosten sind überproportional hoch, wohingegen oft nur Löhne gezahlt werden, die unter dem absoluten Minimum liegen. Auch hier gibt es Altersarmut, auch hier werden Menschen schwer krank und damit häufig erwerbslos. Sylt ist – bis auf die wunderschöne Natur – keineswegs das Paradies, als das es gern nach außen hin verkauft wird.«
    Ich war schockiert.
    Seitdem ich nicht mehr ausschließlich mit meinem persönlichen Gefühlswirrwarr beschäftigt war und genauer hinhörte und hinschaute, stieß ich auf Missstände, die ich niemals für möglich gehalten hätte!
    Nach dem Besuch bei Adalbert ging ich gedankenverloren nach Hause. Ich wollte so gern helfen, nur wie?

43 . Kapitel
    D as macht achtundzwanzig Euro achtzig«, sagte der Taxifahrer, und ich gab ihm dreißig. Nachdem ich ihm einen schönen Abend gewünscht und mir eine Quittung hatte geben lassen, stand ich einen Moment vor dem Eingang des Restaurants Strönholt und atmete tief durch. Vor lauter Aufregung hatte ich in der Nacht zuvor kaum ein Auge zugetan, und ich bekam auch jetzt meine Nervosität kaum in den Griff.
    Nach so vielen Wochen trat ich nun Patrick gegenüber. Wie würde es sein, ihn wiederzusehen? Seine Stimme zu hören? Ihm in die Augen zu blicken? Ob ich wollte oder nicht, ich war so angespannt wie bei unserem ersten Date.
    Damals waren wir am Minerva-Brunnen auf dem Hamburger Fischmarkt verabredet gewesen. In einem Anfall von Übermut war ich mit meinen High Heels auf dem Rand entlanggetrippelt und dabei ins Stolpern geraten. Nur Patricks schneller Reaktion war es zu verdanken, dass ich nicht ins Wasser fiel. Als seine starke Hand meine umfasste, schwor ich mir, sie nie wieder loszulassen.
    »Auf der Terrasse müsste ein Tisch auf den Namen Gregorius reserviert sein«, sagte ich zu dem freundlichen Herrn, der sofort herbeigeeilt war, um mir den leichten Sommermantel abzunehmen und an die Garderobe zu hängen.
    »Sie werden bereits erwartet«, antwortete er und führte mich an einen Zweiertisch direkt am Geländer der Terrasse mit einem atemberaubend schönen Blick auf die Dünen und das Meer.
    Patrick stand sofort auf, als er mich sah, und begrüßte mich. Seine Umarmung war kurz, beinahe hölzern und steigerte meine Verlegenheit. Nachdem wir uns gesetzt und eine Flasche Wasser bestellt hatten, schauten wir uns schweigend in die Augen. Ich suchte Patricks Gesicht nach Spuren seines neuen Lebens ab, und er tat bestimmt dasselbe.
    »Gut siehst du aus«, durchbrach er schließlich die Stille.
War das nur eine Höflichkeitsfloskel?
    »Sagen sie das nicht immer in Filmen in solchen Situationen?«, erwiderte ich. Patrick war braungebrannt (war er im Urlaub gewesen oder pausenlos mit Freundin, Sohn und Hund am Elbstrand spazieren gegangen?), er sah erholt –

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