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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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ausdrucksvoll wieder fallen und bedachte Heidi mit einem Blick, der alles bedeuten konnte oder gar nichts.
    Â»Irgendwann wird dein Schwiegersohn herauskriegen«, tuschelte Heidi, »dass Harry ein paar Rollen streichen wollte. Mindestens eine! Wenn das kein Motiv ist!«
    Mamma Carlotta sah, dass die Maskenbildnerin Carolin mittlerweile die zerlaufene Wimperntusche aus dem Gesicht gewischt hatte. Es wurde ernst! Busso wurde vor die Tür eines Wohnhauses gestellt, das schräg gegenüber von Käptens Kajüte lag. Dort sollte er auf das Zeichen des Regisseurs warten und dann gemächlich an der Imbissstube vorbeigehen.
    Â»Verstanden?«, fragte der Regisseur vorsichtshalber. Er war ein junger Mann von Mitte dreißig, der Rollo hieß und jeden so ansah, als wollte er sich darüber beklagen, dass er mit Dilettanten arbeiten müsse. Busso Heinemann hatte er damit nicht einschüchtern können, Mamma Carlotta jedoch merkte, wie sie immer nervöser wurde. Plötzlich war sie sich nicht mehr so sicher, dass es ihr gelingen würde, ihr Missfallen über die Kaschemme auszudrücken, die sie betreten sollte.
    Â»Was für eine … Bettola!«, flüsterte sie vor sich hin. Madonna, das war doch nicht weiter schwer! Sie musste nur vergessen, dass ein Mikrofon ihre Worte aufnahm und sie von einer Kamera verfolgt wurde. Dann war alles ganz einfach.
    Â»Ist Luca bereit?«, erkundigte sich Rollo.
    Ein vielstimmiges Ja war die Antwort, ohne dass Mamma Carlotta ihren Landsmann irgendwo entdecken konnte.
    Nun wurde Carolin zu ihrer Position geführt. Sie musste ebenfalls an Käptens Kajüte vorbeigehen, aber nicht gemächlich, sondern eilig, und sollte Busso Heinemann, wenn er ihr direkt vor der Eingangstür begegnete, einen flüchtigen Gruß zuwerfen. Busso jedoch wurde angewiesen, diesen Gruß nicht zu erwidern, Carolin nicht einmal zu beachten, sondern den Blick zu Boden zu richten und weiterzuschlurfen, als hätte er sie nicht zur Kenntnis genommen.
    Fietje und Tove bauten sich hinter Mamma Carlotta auf, um mit ihr zusammen zu beobachten, wie Busso und Carolin ihre Aufgabe bewältigten.
    Â»Kaschemme außen, die Erste!«
    Carolin machte sich eilig auf den Weg. Etwas hektisch und steifbeinig, aber fast so wie an einem normalen Morgen, wenn sie Gefahr lief, zu spät zur Schule zu kommen. Sehr natürlich, fand Mamma Carlotta, ganz ungekünstelt. Stolz lächelte sie in sich hinein. Wie glücklich war sie, dass sie das Kind wieder umarmen durfte, dass Carolin den Zorn auf ihre Nonna vergessen hatte angesichts der weitaus schwereren Verfehlung ihrer Lehrerin!
    Â»Aus!«, schrie Rollo.
    Carolin und Busso waren sich zwar begegnet, aber leider an der falschen Stelle. Carolin war zu schnell gelaufen, Busso zu langsam.
    Â»Kaschemme außen, die Zweite!«
    Wie gut Carolin sich in der Gewalt hatte! Nichts ließ sie erkennen von dem aufwühlenden Erlebnis, das sie gehabt hatte. Stattdessen hatte sie wie ein Profi gemurmelt: »The show must go on!« und der Kamera so fest ins Objektiv geblickt, dass der Regisseur sie mit barschen Worten daran erinnern musste, dass sie niemals in die Kamera blicken dürfe. »Absolut niemals!«
    Auch diesen Verweis hatte Carolin locker weggesteckt. Und das, obwohl ihr Wertesystem soeben ins Wanken geraten war. Die verehrte Lehrerin in flagranti mit einem verheirateten Fernsehstar zu erwischen, das war wirklich ein harter Schlag für ein junges Mädchen, das noch an Liebe, Treue und Ehrlichkeit glaubte!
    Â»Kaschemme außen, die Dritte!«
    Auch in Mamma Carlotta brodelte die Empörung. Eine Pädagogin, das Vorbild für die ihr anvertrauten Schüler! Wie sollten die Kinder vor einer solchen Frau noch Respekt haben! »Scandaloso!«, flüsterte sie. War eine solche Frau überhaupt geeignet für den verantwortungsvollen Beruf der Lehrerin?
    Â»Kaschemme außen, die Vierte!«
    Busso Heinemann schien seine Rolle nicht mehr ernst zu nehmen. An dem Haus, an dem er loszugehen hatte, war mittlerweile ein Fenster geöffnet worden, aus dem eine Frau schaute, die ihn kannte. Mit neckischen Kommentaren trieb sie ihn an, sodass er nicht mit zu Boden gerichtetem Blick an Käptens Kajüte vorbeischlurfte, sondern grinsend die Straße entlangspazierte und genau in dem Moment, in dem er auf Carolin traf, einen Blick zurückwarf und der Frau am Fenster zulächelte.
    Rollo raufte sich die

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