Inselzirkus
einer Kundgebung aufrufen und dann nix sagen? Nu schnack schon!«
Umständlich begann Fietje daraufhin seinen Plan darzulegen. Aber es brauchte das eine oder andere Jever, bis er den anderen klargemacht hatte, was er von ihnen erwartete.
Busso war hochzufrieden, dass er der italienischen Signora einen Gefallen tun konnte, indem er sich auf seine Decke legte und sich schlafend stellte. »Kein Problem! Das kriege ich hin! Ich habe ja gerade mein schauspielerisches Talent bewiesen!«
Auch von Tove wurde nur das erwartet, was er sowieso am besten konnte: sich jemanden schnappen und so lange durchschütteln, bis er Ruhe gab.
Lediglich Mamma Carlotta und Fietje verlangte der Plan mehr ab. Fietje würde gezwungen sein, viele Sätze an einem Stück zu reden, und Mamma Carlotta würde ein weiteres Mal beweisen müssen, dass sie eine überzeugende Schauspielerin war.
Sie sah Fietje sorgenvoll an. »Ob ich das schaffe? Ich hatte schon Probleme mit den vier Wörtern vorhin beim Dreh!«
»Sie müssen, Signora!« Noch einmal hielt Fietje ihr vor, was er hinter dem Lieferwagen belauscht hatte. »Die drei wollen Ihnen die Schuld zuschieben. Weil Sie doch so wütend auf den Chefautor waren. Wegen Ihrer Enkelin.«
»Deswegen würde ich ihn doch nicht umbringen!«, rief Mamma Carlotta empört.
»Die unterstellen Ihnen keinen Vorsatz«, antwortete Fietje und erklärte Mamma Carlotta, was es mit dieser Vokabel, die sie noch nicht kannte, auf sich hatte. »Sie meinen, es könnte sein, dass Ihnen die Strafe nicht hart genug erschienen war. Sie wollten, dass der Kerl die ganze Nacht in dem Schrank sitzt. Dass er darin umkommen würde, konnten Sie nicht ahnen.«
Mamma Carlotta war fassungslos. Und diese Frauen hatte sie einmal ihre Freundinnen genannt! Von ihnen hatte sie sich anstiften lassen, weil sie durch diese drei in ein Stück Frauenleben geschaut hatte, das es in ihrem Dorf nicht gab! Und sie hatte sich einlullen lassen, weil die drei sie modern und emanzipiert genannt hatten. Dabei hätte sie sich eigentlich denken können, dass Frauen, die so respektlos über ein männliches Körperteil sprachen, nichts Gutes im Schilde führen konnten.
»Die wahre Täterin versucht, die Schuld von sich wegzuschieben«, sagte Fietje. »Aber das müssen wir ihr beweisen. Und das geht nur mit meinem Plan.«
Erschöpft lehnte er sich zurück und trank sein Jever in einem Zug leer. Mamma Carlotta bezweifelte stark, dass er den Plan, den er selbst ausgeheckt hatte, durchstehen würde. Die vielen Sätze, die er dafür sprechen musste! Sie wusste, welches Opfer Fietje auf sich nahm, indem er bereit war, eine regelrechte Unterhaltung zu führen, und das sogar vor den Ohren mehrerer Leute und so eindrucksvoll, dass die Mörderin, auf die es ankam, auf jeden Fall zuhörte.
Gerührt bedankte sie sich bei ihm, woraufhin er wieder die Bommelmütze ganz tief in die Stirn zog und das Gesicht eine Weile nicht aus seinem Bierglas nahm.
Sogar Tove sparte nicht mit Lob. »Da hast du dir ja mal was Feines ausgedacht. Dass dein Hirn zu so was noch fähig ist!«
Und auch Busso war derart begeistert, dass Fietje sich vor lauter Verlegenheit so klein wie möglich machte und so aussah, als wollte er seine gute Tat am liebsten wieder vergessen.
Doch dafür war es zu spät. Der Funke war übergesprungen und nicht wieder auszupusten. Alle drei bestürmten ihn mit Fragen, Begeisterung und Anerkennung. Mamma Carlotta wollte wissen, welches Böse Huhn ihr die Schuld an Harrys Tod in die Schuhe schieben wollte, Tove hatte schon mindestens sechs Wochen keine Freude mehr an einer kräftigen Keilerei gehabt, und als Busso hörte, dass er zum Dank eine ganze Schüssel Tiramisù bekommen sollte, konnte er es gar nicht abwarten, der Signora zu helfen.
»Aber wie kommen Sie am Abend aus dem Haus, ohne dass Ihr Schwiegersohn misstrauisch wird?«, fragte Tove.
Mamma Carlotta winkte ab. »Ich bin modern und emanzipiert. Da geht man abends schon mal alleine aus.«
Busso staunte sie mit offenem Mund an. »Donnerschlag, Signora! Und ich dachte, emanzipierte Frauen können nicht kochen.« Auf diese freudige Ãberraschung wollte Busso unbedingt einen Rotwein trinken.
»Aber nicht den aus Montepulciano«, beschloss Tove, der angesichts des zu erwartenden Honorars von Eidam-TV zwar spendabel geworden war, es aber mit seiner
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