Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
Vom Netzwerk:
Imbissstube zahlen würde, musste wirklich beachtlich sein.
    Heidi, Beate und Kristin hoben lachend die Gläser und sorgten dafür, dass alle anstießen und »Prost!« riefen. Mamma Carlotta hätte sich am liebsten geweigert, aber natürlich ließ sie sich nichts anmerken, um nicht aufzufallen. Dass die drei Frauen ihre Freundschaft so schändlich missbraucht hatten, lag ihr nach wie vor schwer auf der Seele. Ein wenig Verständnis brachte sie nur für die auf, die Harry Jumperz auf dem Gewissen hatte. Die Schuldige musste nun sehen, wie sie ihren Kopf aus der Schlinge zog. Dass sie nicht darüber nachdachte, ob es anständig war, wenn sie einer anderen die Schuld in die Schuhe schob, konnte man gerade noch durchgehen lassen. Wer zu vertuschen hatte, dass er für den Tod eines Menschen verantwortlich war, musste die Gedanken an Fairness und Gerechtigkeit wohl fahren lassen. Aber die anderen beiden?
    Wer immer die Täterin war, es gab zwei, die genauso unschuldig waren wie Mamma Carlotta. Wie konnten die beiden glauben, dass die Schwiegermutter von Kriminalhauptkommissar Wolf einem Menschen nach dem Leben trachtete? Da konnte dieser Mensch noch so gemein und garstig und unausstehlich sein und noch so viel Schuld auf sich geladen haben – niemals würde sie Vergeltung üben, indem sie dafür sorgte, dass er in einem Schrank zu Tode kam. Den Gedanken, dass damit nicht zu rechnen gewesen war, dass niemand von seiner Klaustrophobie und der Herzschwäche wusste, schüttelte sie der Einfachheit halber ab. Tatsache blieb, dass es geschehen war!
    Mamma Carlotta trank nicht gerne Bier, verzichtete aber in diesem Fall darauf, um den Rotwein aus Montepulciano zu bitten, weil sie nicht wollte, dass sich alle anderen auch dafür entschieden und am nächsten Abend Toves Rotweinvorrat zur Neige gegangen war. Tapfer schluckte sie das bittere Gebräu und wischte sich den Mund ab, wie die anderen es taten. Auch Beate verzichtete auf ihren Sekt und trank Bier, allerdings nicht ohne zu hinterfragen, wie es sich mit dem Kaloriengehalt beider Getränke verhielt. Als ihr glaubhaft versichert wurde, dass Bier sogar weniger Kalorien habe als Sekt, langte sie fröhlich zu.
    Die Einzige, die still blieb in der lauten Fröhlichkeit, war Sandra, die sich leise mit Tanja unterhielt. Es schien um die Szenen zu gehen, die am nächsten Tag gedreht werden sollten. Sandra war mit dem Drehbuch nicht einverstanden und wollte erreichen, dass am Ende einer wichtigen Szene ihr Gesicht in Großaufnahme auf dem Bildschirm zu sehen war.
    Tanja fühlte sich nicht zuständig und verwies Sandra an Rollo. Doch Sandra wollte eine kompetente Meinung und erinnerte daran, dass solche Entscheidungen immer von Harry Jumperz getroffen worden waren.
    Tanja blieb ganz ruhig. Sie lächelte sogar, als sie sagte: »Hast du vergessen, dass unser Chefautor den Löffel abgegeben hat? Von dem ist nichts mehr zu erwarten.«
    Â»Was für ein Zynismus!«, ereiferte sich Sandra. »So kannst du nicht von einem Toten sprechen.«
    Aber Tanja erhielt umgehend Schützenhilfe: Kristin, Beate und Heidi erinnerten daran, dass in schweren Zeiten nicht auch noch nach Extrawürsten gerufen werden durfte.
    Davon wollte Sandra jedoch nichts hören. »Wir brauchen jemanden, der Harry vertritt!«, sagte sie energisch und behauptete, dass es ihr ausschließlich um die Qualität der Telenovela »Liebe, Leid und Leidenschaft« gehe.
    Demonstrativ wandten sich die Bösen Hühner und auch Mamma Carlotta von Sandra ab. Wenn es Carlotta auch schwerfiel, sich mit den dreien solidarisch zu erklären, in diesem Fall musste es einfach sein. Und dass Tanja sich offenbar auf die Forderungen einließ, die Sandra ihr aufgeregt zuflüsterte, erbitterte alle.
    Â»Lass Tanja in Ruhe ihr Bier trinken!«, rief Heidi. »Die will auch mal Feierabend haben.«
    Aber Sandra bedachte die anderen nur mit einem abfälligen Blick und wandte ihnen den Rücken zu, um weiter mit Tanja zu reden. Es war ein makelloser, muskulöser Rücken, dessen Linie nicht durch waagerechte Einschnitte unterbrochen wurde.
    Mamma Carlotta hörte, wie Heidi Beate zuflüsterte: »In ihrem Alter habe ich auch keinen BH getragen. Heute würde ich von meinen Möpsen einen Kinnhaken bekommen, wenn ich schnell die Treppe runterliefe.«
    Kreischendes Gelächter folgte, und Tove erhielt prompt eine neue Bierbestellung.

Weitere Kostenlose Bücher