Inselzirkus
heimkam, würde er vermuten, dass sie schon schlafen gegangen war. In dem Fall würde er erst beim Frühstück zu hören bekommen, wer für Harry Jumperzâ Tod verantwortlich war. Wenn sie früher nach Hause kam als er, wollte sie ihn mit der freudigen Nachricht erwarten, dass einer seiner beiden Fälle gelöst war. Und bis dahin war ihr sicherlich auch eine Geschichte eingefallen, in der Tove, Fietje und Busso nicht vorkamen.
Zum Glück kannte Erik sich mit Italienern aus. Er lieà sich nicht von den groÃen Gesten Luca Medinas beeindrucken und glaubte keiner einzigen seiner zahlreichen Beteuerungen, die der Stuntman immer lauter und immer eindringlicher vortrug. Als er anfing, sich die Haare zu raufen und irgendwelche Heiligen anzurufen, die ihn vor ungerechter Behandlung schützen sollten, reichte es Erik.
»Schluss jetzt!« Und als Luca Medina schon wieder zu einer überdimensionalen Geste und einem weiteren Wortschwall ansetzte, rief er: »Basta!«
Dieses Wort seiner Muttersprache sorgte tatsächlich dafür, dass Medina endlich damit aufhörte, sein Schicksal zu beklagen, und stattdessen bereit war, sich auf die Fakten zu besinnen. »Wie soll ich Ihnen beweisen, dass ich vorgestern Nacht allein im Bett gelegen und geschlafen habe?«
»Wenn ich Ihnen das Gegenteil beweise«, sagte Erik scharf, »dann sind Sie dran. Aber wenn Sie sich jetzt besinnen und die Wahrheit sagen, kann ich vergessen, dass Sie in den ersten zehn Minuten gelogen haben. Also! Entscheiden Sie sich!«
Er hatte nicht gedacht, dass es so einfach sein würde. Aber Luca Medina brauchte tatsächlich nicht lange, bis er sich ausgerechnet hatte, das er besser damit fuhr, auf die Vorschläge des Hauptkommissars einzugehen. »Va bene«, sagte er schlieÃlich. »Aber wie konnte ich ahnen, dass Bruce etwas Ungesetzliches tun will, während ich mit seinem Auto durch die Gegend fahre und den Superstar gebe?«
»Sie wissen also, dass er vorgestern Nacht etwas Ungesetzliches getan hat?«
»No!« Luca Medina warf sich gegen die Rückenlehne seines Stuhls und breitete die Arme aus. »Aber ich kann es mir denken. Warum sitze ich hier?« Er legte beide Hände aufs Herz und sah Erik treuherzig an. »Aber Sie müssen sich irren, Herr Hauptkommissar. Signor Markreiter ist ein guter Mann. Der würde nie etwas Ungesetzliches tun.«
»Das zu beurteilen, überlassen Sie bitte mir!«
»Sì! Sie sind der Spezialist! Keine Frage! Senza dubbio!« Nun beugte er sich vor, als wollte er Erik ein Geheimnis anvertrauen. »Ich war der Meinung, es ginge um eine Frau. Dania Kaiser ist sehr eifersüchtig. Ehe Bruce sich mit einer Frau verabredet, trifft er Vorsorge. Sehr umsichtiger Mann! Sehr vorsichtig!«
»Er trifft Vorsorge? Was meinen Sie damit?«
»Er sorgt dafür, dass er notfalls später beweisen kann, dass Danias Eifersucht unbegründet ist.«
»Er lässt sich also öfter von Ihnen doubeln. Privat?«
»Nur selten, Herr Hauptkommissar! Sehr, sehr selten!«
»Wie viel bekommen Sie dafür?«
Diese Frage kränkte Luca Medina schwer in seiner Ehre. »Für einen Freundschaftsdienst lasse ich mich nicht bezahlen! Ich müsste mich ja schämen!«
Erik betrachtete ihn aus zusammengekniffenen Augen. Medina war käuflich, so viel war sicher. Wenn er behauptete, von Markreiter kein Geld bekommen zu haben, dann bedeutete das nur, dass er sehr, sehr viel bekommen hatte. So viel, dass er niemandem glaubhaft machen konnte, er hätte es für einen kleinen Freundschaftsdienst bekommen.
Die Schlinge um Markreiters Hals zog sich zu. Schade, dass Erik darüber nicht restlos glücklich sein konnte. Wie stolz wäre er, wenn er diesen Erfolg ganz allein errungen hätte! Aber er hatte ihn leider seiner Schwiegermutter zu verdanken. Was für ein erbärmliches Gefühl! Und wenn er daran dachte, wie oft sie demnächst darauf zurückkommen würde, dass es ihre Beobachtung gewesen war, die den groÃen Bruce Markreiter des Mordes überführt hatte, konnte er sich überhaupt nicht mehr über diesen Erfolg freuen. Das Einzige, was ihn ein wenig besänftigte, war die Tatsache, dass die Staatsanwältin nichts davon wusste.
Sören, der inzwischen Luca Medina hinausgeführt hatte, wunderte sich über das deprimierte Gesicht seines Chefs. »Jetzt wissen wir, dass es Markreiter war.
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