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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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umständlich, »Fremde in ein bewohntes Apartment zu lassen.«
    Unter anderen Umständen wäre Erik vielleicht ärgerlich geworden. In diesem Fall hielt er es aber für möglich, dass er sich nicht deutlich genug ausgedrückt hatte. »Max Triebel ist tot«, sagte er noch einmal. »Ermordet! Wenn Sie uns die Tür zu seinem Apartment nicht sofort öffnen, werden wir sie aufbrechen lassen. So einfach ist das.«
    Der Hausmeister zog die Tür seiner Souterrainwohnung ins Schloss und ging voran. »Hatte er den Schlüssel etwa nicht bei sich?«, fragte er brummig. »Wenn der weg ist, kann ich wieder mal ein Schloss auswechseln lassen.«
    Erik griff in seine Tasche. »Ist es dieser?«, fragte er und hielt dem Hausmeister den Schlüssel hin, den Dr. Hillmot in der Hosentasche des Toten gefunden hatte.
    Der Hausmeister blieb stehen und glotzte den Schlüssel an. »Wieso holen Sie mich, wenn Sie den Schlüssel haben?«
    Nun wurde Erik ungeduldig. »Erstens konnte ich nicht sicher sein, dass dies der richtige Schlüssel ist. Zweitens kannte ich die Nummer des Apartments nicht. Und drittens hielt ich es für meine Pflicht, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass die Polizei eine Wohnung in diesem Haus durchsucht.«
    Alle drei Punkte leuchteten dem Hausmeister ein, und er setzte seinen Weg fort, sogar ein wenig schneller als vorher. Sören ging auf den Fahrstuhl zu, aber der Hausmeister schüttelte den Kopf. »Die Wohnung liegt im Erdgeschoss.«
    Anscheinend hätte sich Sören trotzdem gerne die Stufen erspart, aber da Erik hinter dem Hausmeister die Treppe hochstieg, folgte er den beiden widerwillig. Dabei stöhnte er, als legte er die letzten Meter zum Gipfel des Mount Everest zurück. »Wissen Sie, wie oft ich in den letzten Tagen von meiner Mansardenwohnung ins Erdgeschoss und wieder zurück gelaufen bin? Und jedesmal hatte ich die Arme voller Krimskrams! Was sich im Lauf der Zeit in so einer Bude ansammelt! Dabei bin ich erst vor drei Jahren bei meinen Eltern ausgezogen.«
    Erik hoffte, dass der Hausmeister nicht zu der Ansicht kam, dass die Kriminalpolizei von Sylt schlecht trainiert und darüber hinaus verhätschelt und wehleidig war. An seiner Ungeduld merkte Erik, dass er selbst sich auf dem Weg der Besserung befand. Er folgte einer Spur, das belebte ihn! Die Hoffnung, in Triebels Wohnung etwas zu finden, was ihm half, den Mord schnell aufzuklären, hatte ihn von seiner Benommenheit befreit. Zwar fühlte er sich noch nicht gut, aber doch erheblich besser als noch vor einer Stunde.
    Das Treppenhaus lag in der Mitte des Gebäudes, nach links und rechts gingen schmale, dunkle Flure ab. An jedem Ende gab es ein kleines Fenster, das nur wenig Licht hereinließ. Der Hausmeister betätigte das Flurlicht trotzdem nicht, denn die Tür zu Triebels Apartment lag dem Treppenhaus direkt gegenüber.
    Erik winkte ab, als der Hausmeister nach seinem Generalschlüssel griff, und versuchte es mit dem Schlüssel, den Triebel bei sich getragen hatte. In dem Moment, als die Tür aufschwang, fiel die Ungeduld von Erik ab. Er blieb eine Weile auf der Schwelle stehen. Wie immer näherte er sich dem Ort, der ein Geheimnis bergen konnte, mit aller Vorsicht. Zunächst ließ er ihn auf sich wirken. Nie lief Erik Wolf bei der Spurensuche auf etwas zu, er näherte sich stets behutsam. Und wenn er in die Häuslichkeit eines Toten eindrang, der sie verlassen hatte, ohne zu ahnen, dass er niemals zurückkehren würde, war er besonders bedachtsam. Wie ein Eindringling kam er sich dann vor, wie jemand, der sich anmaßte, das Leben eines anderen in Augenschein zu nehmen, es an sich zu reißen, auszuforschen und zu bewerten. Da nützte es wenig, sich zu sagen, dass er dazu befugt war, dass es nicht nur sein Recht, sondern seine Pflicht war, dass es dem Mordopfer nicht mehr schadete und alles richtig sein musste, was zur Spur des Täters führte. Erik zögerte trotzdem lange, wenn er der Intimsphäre eines Toten gegenüberstand.
    Für die Kälte, die ihm entgegenschlug, gab es nur eine Erklärung: Das Fenster oder die Balkontür stand offen. Und mit dieser Erkenntnis zerstoben Eriks Skrupel. Dass Triebel Fenster oder Tür weit geöffnet hatte, bevor er sein Apartment verließ, war nicht anzunehmen. Also musste jemand dort eingedrungen sein. Und wo jemand eingedrungen war, konnte es Spuren geben.
    Er

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