Inselzirkus
hielt den Hausmeister zurück. »Danke für Ihre Hilfe! Wenn wir Fragen haben, melden wir uns.«
Hinter der Eingangstür gab es einen kleinen Raum, der Flur und Küche zugleich war. Dahinter öffnete sich das Wohn- und Schlafzimmer des Einzimmerapartments. Von dort gelangte man in ein kleines Duschbad. Gegenüber der Eingangstür gab es ein Fenster und eine Balkontür, beides zusammen so breit wie das Zimmer. Erik wusste von seinen Strandspaziergängen, dass die Balkons dieses Gebäudes von einer Hausecke zur anderen liefen, durch Trennwände portioniert.
Er machte einen Schritt auf die Balkontür zu. Sie stand nicht offen, wie er vermutet hatte, sondern war in der Nähe des Griffs eingeschlagen worden.
»Vetterich muss sofort mit seinen Leuten herkommen«, sagte er. »Im Hafen dürften die allmählich fertig sein.«
»Soll ich ihn anrufen?«, fragte Sören, der sich zu freuen schien, dass er sich diese Aufgabe zutraute.
»Warum hat das niemand gehört?«, fragte Erik, nachdem Sören die KTU angefordert hatte. »Klirrendes Glas! Das muss doch jemand mitbekommen!«
Sören zuckte mit den Schultern. »Mir kommt es so vor, als wäre dieses Haus nicht komplett belegt. Ist Ihnen auch aufgefallen, dass auf dem Parkplatz höchstens ein Dutzend Fahrzeuge steht? Selbst wenn einige Bewohner mit ihren Autos unterwegs sind, schätze ich, dass nicht mehr als die Hälfte der Apartments bewohnt ist. Eher weniger!«
»Donnerwetter, Sören!«, staunte Erik. »Sie können ja schon wieder klar denken!«
»AuÃerdem hat es heute Nacht ziemlich heftig geweht. Da geht so manches zu Bruch. Wer wird da gleich an Diebe denken?«
»Fragen Sie mal den Hausmeister«, bat Erik, »ob die Nachbarwohnungen belegt sind.«
Sören nickte und verschwand. Als Erik die Lifttür hörte, musste er lächeln. Wenn sein Assistent auch mittlerweile wieder klar denken konnte, körperliche Bewegung schien ihm immer noch schwerzufallen.
Erik trat so dicht an die Balkontür heran, bis die Scherben unter seinen FüÃen knirschten. Ein professioneller Einbrecher war hier nicht am Werk gewesen. Der ging anders vor, leiser, unauffälliger. Nein, hier war es nicht darum gegangen, möglichst schnell und unauffällig etwas Wertvolles zu stehlen und zu Geld zu machen, hier sollte etwas aus der Welt geschafft werden, was jemanden in groÃe Schwierigkeiten bringen konnte. Bruce Markreiter? Alles sah danach aus. Mittlerweile war Erik gespannt auf diesen Mann. Und zum Glück fühlte er sich mehr und mehr einer Begegnung mit einem Star gewachsen.
Er starrte eine Weile hinaus und versuchte, sich andere Möglichkeiten auszumalen. Vielleicht ging es gar nicht um Bruce Markreiter persönlich, sondern um jemanden, der mit ihm in Verbindung stand? Eine Frau, die ein Verhältnis mit ihm eingegangen war? Womöglich die Frau eines bekannten Mannes, der verhindert hatte, dass der Fehltritt seiner Frau an die Ãffentlichkeit kam? Oder Max Triebel war, während er Bruce Markreiter ausspionierte, auf etwas anderes gestoÃen? Einen Skandal? Ein Verbrechen? Der Lister Hafen war nicht nur für Touristen interessant. Vor einigen Wochen war dort eine Bande von Uhren- und Juwelenräubern festgenommen worden. Wenn nun Max Triebel solchen Gangstern auf die Spur gekommen war? Die fackelten nicht lange, wenn es galt, einen Mitwisser auszuschalten. Oder er hatte zufällig etwas beobachtet, während er auf jemanden wartete, mit dem er sich am Hafen verabredet hatte? Aber warum traf sich ein Reporter mitten in der Nacht mit jemandem an einem Ort, der normalerweise menschenleer war? Dafür gab es nur eine Erklärung: Er hatte diesen Treffpunkt gewählt, gerade weil es keinen Zeugen geben durfte.
Eriks Blick wanderte über die Dünen, die sich vor dem Fenster erhoben. Dahinter tobte die Brandung, er hörte den gewaltigen Rhythmus der Wellen, das ständige Heranrollen und das Getöse, bevor sie ausliefen. Immer wieder, Stunde für Stunde, Jahr für Jahr aufs Neue. Schade, dass man im Erdgeschoss keinen Blick aufs Meer hatte.
Als Sören zurückkehrte, wusste Erik, dass es in dem Apartment weder eine Kamera noch ein Laptop gab. Auch keine Taschen, in denen Kamera und Laptop auf einer Reise transportiert wurden. In einem Schrank hatte er ein paar Wäschestücke gefunden, eine Hose und ein Hemd hingen auf einem
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