Inselzirkus

der Eröffnung von Käptens Kajüte auf der Theke lag. Fragend sah sie Fietje an, der Tove einen zaghaften Blick zuwarf, ehe er antwortete: »Ein Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes!«
    Â»Gewerbe…« Mamma Carlotta war sonst immer begierig, eine neue Vokabel zu lernen. In diesem Fall hätte sie auf eine Erklärung gern verzichtet, da sie mit einem wüsten Schimpfwort rechnete, mit dessen Anwendung sie niemals irgendwo Eindruck machen konnte. Trotzdem fragte sie vorsichtig, um Tove Griess nicht auch noch mit Desinteresse zu kränken: »Cos’è?«
    Toves Antwort wurde von der Grillzange übermittelt, die so unheilvoll klapperte, als solle sie sich demnächst nicht nur um Würste, sondern auch um die frei zugänglichen Körperteile von unerwünschten Besuchern kümmern.
    Fietje dagegen kam zu der Ansicht, dass die italienische Signora sowieso nicht aufhören würde zu fragen, weshalb es besser war, ihr den Begriff zu erklären. »Da hat sich jemand beschwert, weil es in Käptens Kajüte nicht hygienisch einwandfrei zugeht«, begann er vorsichtig und musste sich nach diesem inhaltsschweren Satz erst mal mit einem guten Schluck Jever stärken. »Angeblich«, fügte er an und schien sich mit dieser Konzilianz selbst Mut gemacht zu haben. »Ich möchte wissen, wer eine Ratte in Toves Küche gesehen haben will, die sich durch den Heringssalat fraß. Der müsste ja hinten durchs Fenster geguckt haben.« Fietje Tiensch trank sein Glas leer und orderte ein zweites. »Unsereins hat die Polizei am Hals, nur weil manche Leute die Rollläden nicht schließen, bevor sie sich ausziehen, und so einer darf in Toves Küche gucken und ihn sogar anschwärzen!«
    Mamma Carlotta verstand nun. »L’istituto d’igiene – die Polizia für Gesundheit!«
    Â»Das wird mich eine Stange Geld kosten«, brummte Tove.
    Â»Jawoll!«, bekräftigte Fietje, der mit diesem Wort allem Nachdruck verlieh, was ihm bemerkenswert erschien. Dann stellte er fest, dass Mamma Carlotta sich zwar um Anteilnahme für Toves neue Schwierigkeiten bemühte, dabei aber die Bedrückung vermissen ließ, die hier angebracht gewesen wäre. Erwartungsvoll blickte er ihr ins Gesicht, wo sich die Lösung für alle Probleme abzeichnete.
    Â»Sie sehen aus, Signora, als hätten Sie gute Nachrichten!«
    Â»Sì!« Mamma Carlotta schaute sich zufrieden um. Ob sie Tanja Möck von der Ratte in der Küche und dem Gewerbeaufsichtsamt erzählen würde, wusste sie noch nicht. Vermutlich war es nicht nötig, um sie und auch Harry Jumperz davon zu überzeugen, dass es sich hier um eine echte Kaschemme handelte, die für Eidam-TV genau richtig war. Nur wenn es in dieser Hinsicht Zweifel gab, würde sie den Heringssalat ins Spiel bringen, den Tove vermutlich noch nicht entsorgt hatte.
    Sie lächelte ihn unbefangen an, während sie sich einen Cappuccino bestellte. Und als er keine Anstalten machte, seinen Kaffeeautomaten in Gang zu setzen, ergänzte sie: »Ich habe eine Idee, wie Sie in Käptens Kajüte sehr schnell ziemlich viel Geld verdienen können. Sie brauchen dafür nicht zu renovieren und nicht mal den Boden zu wischen. So, wie es hier aussieht, ist es genau richtig.« Sie wies zu dem Fernseher, der unter der Decke hing und während wichtiger Fußballspiele für gute Geschäfte in Käptens Kajüte sorgte. »Kennen Sie ›Liebe, Leid und Leidenschaft‹?«
    Tove glotzte sie an, als wäre ihm jedes dieser drei Wörter nur vom Hörensagen bekannt. Aber Fietje wusste, wovon die Rede war. Daraufhin vergaß Mamma Carlotta fürs Erste die freudige Botschaft, mit der sie hergekommen war, und berichtete Tove und Fietje ausgiebig von ihrer Komparsenrolle, von den Schauspielerinnen, die ungeschminkt nur halb so attraktiv waren wie auf dem Bildschirm, und von dem fiesen Chefautor, für den keine Frau jung, schön und schlank genug war. Beinahe hätte sie auch zum Besten gegeben, wie es um dessen körperliche Beschaffenheit unterhalb des fetten Bauchs bestellt war, aber dann brachte sie es doch nicht über die Lippen.
    Da Textsicherheit für eine neu entdeckte Schauspielerin das Wichtigste war, probierte sie die Sätze, die Tanja Möck ihr vorgesprochen hatte, gleich mehrmals in unterschiedlichen Modulationen aus, damit Tove und Fietje eine Ahnung von ihrer