Inselzirkus
entwürdigend die Freundlichkeit des jungen Streifenbeamten gewesen war.
»Am liebsten hätte er mich in den Wagen gehoben, weil er mir nicht zutraute, selbst hineinzuklettern«, schimpfte sie. »Und wenn ich mich geweigert hätte, mich von ihm nach Hause bringen zu lassen, dann wären mir vermutlich Handschellen angelegt worden. Dabei hätte ich in der Zeit, in der er mein Fahrrad in den Streifenwagen bugsierte, längst zu Hause sein können.«
»Er hat es gut gemeint«, warf Erik ein. »Und ich auch.«
Erleichtert begrüÃte er seinen Sohn, der in diesem Moment die Küche betrat und erfreulicherweise die Aufmerksamkeit seiner Nonna auf sich zog. Denn Felix war ohne sein Käppi erschienen, was so viel Aufsehen erregte, dass Erik die Gelegenheit fand, seinen Assistenten kurz an die bevorstehende Arbeit zu erinnern. »Mit wem mag Max Triebel sich in List getroffen haben?«
Sören bestrich genüsslich sein Brötchen mit Feigenmarmelade, während er antwortete: »Mit jemandem, der dabei nicht beobachtet werden wollte.«
»Klar, der Mörder wollte keine Zeugen. Aber warum hat Max Triebel sich auf diesen Treffpunkt eingelassen?«
»Wahrscheinlich, weil er keine Angst hatte. Vermutlich hat der Täter einen guten Grund genannt, warum er Max Triebel unbedingt in der Nacht an diesem menschenleeren Ort treffen wollte.«
»Zum Beispiel ein bekannter Schauspieler, der nicht gesehen werden will?«
Sören brauchte eine Weile, bis er mit der Feigenmarmelade, die ihm die Mundhöhle verklebte, fertig war. Dann erinnerte er Erik an Bruce Markreiters Alibi.
»Das müssen wir erst mal überprüfen.« Erik sah auf die Uhr. »Vetterich ist vermutlich schon dabei, sich Markreiters Wohnwagen vorzunehmen. Aber viel verspreche ich mir nicht davon. Er wird unzählige Abdrücke finden, die nicht zuzuordnen sind. Und in Triebels Apartment wird es ähnlich sein.«
Sören betrachtete dankbar das Rührei, das Mamma Carlotta ihm auf den Teller häufte. »Aber Fingerabdrücke am Balkongitter! Und Schuhabdrücke unter dem Balkon! Die könnten uns weiterhelfen!«
»Vorausgesetzt, wir haben einen Verdächtigen, können seine Fingerabdrücke nehmen und uns seine Schuhe ansehen.«
»Wenn Markreiters Alibi nichts taugt, hätten wir einen!«
»Es wird was taugen«, gab Erik zurück. »Der ist ja nicht dumm.«
»Bruce Markreiter hat ein Alibi?«, fragte Mamma Carlotta und setzte sich an den Tisch, obwohl sie eigentlich noch nicht fertig war mit den Lobeshymnen, die Felix sich verdient hatte, indem er ohne Käppi zum Frühstücken erschienen war.
»Und ein Motiv«, gab Erik zurück und runzelte dann ärgerlich die Stirn, wie immer, wenn seine Schwiegermutter sich in seine Arbeit einmischte.
Dass Sören die Frage beantwortete, ärgerte ihn noch mehr. »Er ist mit dem Auto herumgefahren und dabei gesehen worden«, erklärte Sören. »Zwar müssen wir das noch überprüfen, aber Markreiter wird nicht so dumm sein, ein Alibi vorzuweisen, das sich nicht bestätigen lässt. Wenn er sagt, er ist gesehen worden, dann war das so.«
Erik betrachtete seine Schwiegermutter argwöhnisch, die plötzlich mit ihren Gedanken weit weg zu sein schien. »Was ist los? Bist du vorletzte Nacht auch unterwegs gewesen, ohne dass ich es wei� Weil du ja neuerdings modern und emanzipiert bist? Hast du etwa Bruce Markreiter gesehen?«
Dass sie diese anzügliche Frage nicht entrüstet zurückwies, sondern sogar schwieg, gab Erik zu denken. Wenn Mamma Carlotta verstummte, mussten ihre Gedanken sehr schwer sein. Normalerweise machte ihr das gleichzeitige Nachdenken und Reden nichts aus. Nun sah sie Erik an, als wäre sie aus einem Tagtraum erwacht. »Wann ist dieser Journalist ermordet worden?«
»Zwischen Mitternacht und zwei Uhr«, entgegnete Erik und ärgerte sich dann darüber, dass er geantwortet hatte. Scharf setzte er hinzu: »Was geht dich das an?«
»Gar nichts«, gab Mamma Carlotta zurück und versuchte freundlich und arglos zu lächeln.
»Er will zwischen halb eins und eins in Kampen vor dem Gogärtchen gesehen worden sein«, ergänzte Sören, »und danach vor dem Spielkasino in Westerland. Wenn wir das bestätigt bekommen, ist er aus dem Schneider.«
Carolin kam in die Küche und unterbrach ihr Gespräch. Nicht nur
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