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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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durch den Spalt zwischen dem Zaun und der Halle und halfen sich dort gegenseitig aus ihren Kostümen.
    Â»Was ist los, Carlotta?«, fragte Heidi. »Hat dir die Sache etwa keinen Spaß gemacht?«
    Â»Es geht«, murmelte Mamma Carlotta und fragte sich, wie sie ihr Schuldgefühl jemals loswerden sollte. Als sie sah, wie Beate Harrys Unterhose mit spitzen Fingern in den Müllcontainer fallen ließ, der in der Nähe von Bussos Schlafplatz stand, wurde ihr klar, was das Schlimmste war: Sie würde mit ihrem schlechten Gewissen allein bleiben müssen. Undenkbar, dies Erlebnis mit den Nachbarinnen in ihrem Heimatdorf zu teilen. Sie würde sich ja in Grund und Boden schämen, wenn sie bekennen musste, dass sie dabei geholfen hatte, einen hilflosen Mann der Lächerlichkeit preiszugeben und in einen Schrank zu sperren. Das war gemein, hundsgemein! Selbst bei einem so unsympathischen und selbstherrlichen Kerl wie Harry Jumperz! Wie hatte sie da nur mitmachen können! Keine ihrer Nachbarinnen würde Verständnis dafür haben. Nur gut, dass die Sache auch einen karitativen Aspekt hatte. Busso Heinemann würde sich, wenn er zu seinem Schlafplatz zurückkehrte, über eine neue Hose freuen dürfen. Hoffentlich nahm er es an wie ein gütiges Geschick und kam nicht auf die Idee, es mit den nächtlichen Ereignissen in der Kulissenhalle in Verbindung zu bringen. Falls er je davon erfuhr …
    Sie war froh, aus ihren schweren Gedanken gerissen zu werden. Die junge Frau, die über die Straße kam, hätte sie womöglich nicht erkannt, wenn sie nicht direkt auf sie zugelaufen wäre. Dabei hatte Alina Olsted, die Lehrerin der Kinder, augenscheinlich ihretwegen die Straßenseite gewechselt, um sie zu begrüßen. Welch eine Freude!
    Ausgiebig schüttelte sie Alina Olsted die Hand, erkundigte sich nach dem Woher und Wohin, bestärkte sie in dem Vorsatz, ihre Brötchen bei Bäcker Arfsten zu kaufen, und versicherte, dass Carolin und Felix pünktlich zum Unterricht erscheinen würden. »Mit einem guten Frühstück im Bauch, damit sie Kraft zum Lernen haben.«
    Bei dieser Gelegenheit konnte sie auch anbringen, dass es sich bei Felix und Carolin um mutterlose Kinder handelte, denn die junge Referendarin war, als Lucia dem schrecklichen Verkehrsunfall zum Opfer fiel, noch nicht mit dem Studium fertig gewesen. Als Alina Olsted endlich zu Wort kam, war Mamma Carlotta sicher, den Boden bereitet zu haben für eine milde Beurteilung sämtlicher Klassenarbeiten. Wer würde schon einem Kind eine schlechte Note geben, das keine Mutter hatte, die mit ihm unregelmäßige Verben übte?
    Â»Gibt’s Neuigkeiten vom Mord am Hafen?«, fragte Alina Olsted. »Ist Ihr Schwiegersohn schon weitergekommen mit seinen Ermittlungen?«
    Mamma Carlotta betrachtete die junge Frau erstaunt. »Sie wissen davon?«
    Alina Olsted lachte. »So was spricht sich rum! Obwohl die Zeitungen merkwürdigerweise nichts berichten.«
    Bei dieser Gelegenheit fiel Mamma Carlotta auf, dass sie selbst sehr wenig von Eriks neuem Mordfall wusste. Sie versuchte sich an das zu erinnern, was er ihr am Abend zuvor erzählt hatte, doch das meiste war an ihr vorbeigerauscht. Eine Leiche war in List aus dem Hafen gefischt worden. Der Tote war ein Journalist, der einen bösen Artikel über Bruce Markreiter schreiben wollte. Deswegen war Erik zu Eidam-TV gegangen und nicht, um seine Schwiegermutter an den Herd zurückzuholen. Anscheinend hatte er wirklich die Wahrheit gesagt. Gestern Abend hatte sie seine Erklärung für eine Ausrede gehalten, um sie zu besänftigen, nun schien es so, als wäre es wirklich nicht nötig gewesen, ihm vor Augen zu halten, dass sie eine moderne, emanzipierte Frau war.
    Â»Ich habe gehört, Ihr Schwiegersohn war bei Bruce Markreiter! Hat der was damit zu tun?«
    Mamma Carlotta bedauerte außerordentlich, dass sie keinen Informationsvorsprung hatte, an dem sie die Lehrerin ihrer Enkelkinder teilhaben lassen konnte. »Enrico spricht nicht über seine Fälle. Dienstgeheimnis! Sie verstehen?«
    Dass sie aus Erik bisher noch jedes Dienstgeheimnis herausgekitzelt hatte, ließ sie selbstverständlich unerwähnt. Alina Olsted sollte einen guten Eindruck vom Vater ihrer beiden Schüler haben und wissen, dass er seine Pflichten ernst nahm. Freundlich erkundigte sie sich, warum die Lehrerin so großes Interesse an dem Fall

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