richtige Ziele, und ich arbeite richtig für sie.«
Topiary war von der Bildfläche verschwunden, deshalb fiel es Hector Monsegur alias Sabu nicht schwer, sich an die Spitze einer anscheinend neu belebten weltweiten Bewegung zu stellen. So konnte er weiter das Leben eines Revolutionärs führen, obwohl die Wirklichkeit ganz anders aussah. Vielleicht wollte er den Verrat an seinen alten Kollegen vor sich selbst rechtfertigen, jedenfalls sprach er nur noch voller Verachtung über Topiary und Tflow. »Wegen ihnen habe ich gegen Gesetze verstoßen und viel riskiert, und als sie kalte Füße bekamen, haben sie einen Rückzieher gemacht«, sagte er. »Die Scheißer haben es nie ernst gemeint.« Davon, dass er Topiary eingeschüchtert hatte, um ihn zu kontrollieren, wollte Sabu nichts wissen. Das sei »Bullshit«, sagte er. »Ich habe niemanden schlecht behandelt. Ich … ich glaube, wenn sie jemals erwischt werden, werden sie alles mir in die Schuhe schieben. Aber in Wirklichkeit haben sie die ganze Scheiße angezettelt. Ist ja auch egal, was aus mir wird. Ich bin einfach sauer deswegen. Ich fühle mich benutzt.«
Falls Sabu sich irgendwie schuldig fühlte, zeigte er es auf jeden Fall nicht. Er hatte die Welt schon immer als gegen ihn gewandt empfunden. In seiner Version der Geschichte war LulzSec als Spaßprojekt entstanden, um das alte Team wieder zusammenzubringen. Dann hatte Topiary ihn zum Mitmachen überredet, dann war eine Organisation daraus entstanden und darauf etwas sehr viel Ernsthafteres mit einer Website, Servern und Pressemitteilungen. Schließlich hatte Topiary sich zum Anführer von LulzSec aufgeschwungen und den Laden dichtgemacht. »Sie wollten, dass ich für sie hacke«, erklärte Sabu. »Und als ich es getan habe, haben sie Angst bekommen. Ganz einfach.«
Ironischerweise behauptete Sabu, er sei besonders verletzt gewesen, als er über einen Tag lang offline gewesen war und Topiary sich Sorgen gemacht hatte, Sabu sei verhaftet worden. Rückblickend war es ihm wohl einfach unangenehm, dass sein Kollege jenseits des Atlantiks die Wahrheit erraten hatte. »Ich brauchte damals eine Pause und habe sie mir genommen. Es gab ein paar Probleme in meiner Familie. Das ist die Wahrheit«, erklärte er. Das war eine weitere Version dessen, was an diesem Tag tatsächlich geschehen war. »Und [Topiary] hat sich da irgendwas zusammengesponnen, von wegen, ich sei verhaftet worden oder noch Schlimmeres. Er hat mich dadurch sehr verletzt. Ich würde gern mit ihm reden, mir vor allem seine Entschuldigung anhören.«
Sabu behauptete, er habe den schlechten Ruf ausbaden müssen, den Topiary in der Hackerszene hinterlassen habe. Er habe sich den Kommentaren gestellt, die Mitglieder von LulzSec seien »Schisser, die Angst davor haben, erwischt zu werden« und deswegen »abgehauen« seien. Nach ein paar Wochen hatte Sabu sich schließlich beruhigt und versöhnte sich mit Topiary. Die beiden unterhielten sich regelmäßig miteinander über IRC. Anfangs war es schwierig, aber beide akzeptierten, dass sie unter enormem Druck gestanden hatten und sehr angespannt gewesen waren.
Topiary hatte sich in der Zwischenzeit von Anonymous zurückgezogen und verbrachte weniger Zeit online. Er verkaufte seinen Herd, seinen Gefrierkühlschrank und sein Bettgestell, packte seine Bücher ein und spielte auf seiner Xbox. Seine Mutter und sein Bruder waren nach England in die Nähe einer Großstadt gezogen. Er wollte ihnen folgen und sich dann eine eigene Wohnung im Südosten von Kent suchen. Er hatte für seinen großen Umzug einen 65-Liter-Rucksack gekauft. Alles andere musste in seine Laptoptasche und einen kleinen Koffer passen. Er war immer noch eng befreundet mit Kayla, und die beiden chatteten oft miteinander. Sie behauptete, sie sei mit ihrem Vater und einem Freund im Urlaub in Spanien. Auf Twitter erzählte sie ungewöhnlich detailreich von Geräuschen aus dem Hotelzimmer über ihr und vom Planschen im Pool. Zwischen diesen Anekdoten brachte Kayla Topiary bei, wie er sich online noch besser schützen konnte und was es mit »Reverse Trolling« auf sich hatte. Er hatte eine E-Mail-Adresse eingerichtet,
[email protected], und fügte sie in die Biografie für seinen persönlichen Twitter-Account ein. Wenn ihm jemand einen Link zu einer präparierten Seite auf diesen Account schickte, schnappten er und Kayla sich die Schadsoftware dort, drehten den Spieß um und blamierten so den Angreifer. Es war nur ein harmloser Spaß.
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