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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
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zu sich genommen, bevor er zu seinen berühmten Topiarien in den Ziergarten wankte«. Als News International eine offizielle Stellungnahme zu dem Hackerangriff veröffentlichte, leiteten die Hacker die Besucher der Seite auf den Twitterfeed von LulzSec um.
    Große Nachrichtenplattformen griffen die Geschichte augenblicklich auf, sodass sie bei Google News ganz oben landete, und meldeten, LulzSec habe wieder zugeschlagen. Reporter von der BBC und verschiedenen Fernsehnachrichtensendern aus den USA, Kanada und Australien meldeten sich bei Topiary und baten um Interviews, aber er lehnte alle Anfragen ab. Sabu nutzte das Medieninteresse und verkündete über Twitter, er selbst säße auf einem großen Haufen E-Mails von The Sun . Dann kündigte er an: »Wir haben ausgewählten Medienplattformen Zugang zu einigen E-Mails von News of the World gewährt, die sich in unserem Besitz befinden.« Es war alles frei erfunden, aber etliche Mainstream-Pressekanäle horchten neidisch auf und berichteten darüber.
    LulzSec hatte es geschafft, dass Millionen Menschen über den mächtigsten Medienmagnaten der Welt lachten. Am Tag nach dem Hackerangriff gegen The Sun erschien Murdoch vor dem Ausschuss des Parlaments. Während der Anhörung trieb ein englischer Komiker die Sache auf die Spitze: Mit dem Ausruf »Böser Milliardär!« stieß er Murdoch eine Torte aus Rasierschaum ins Gesicht.
    Rebekah Brooks, Ex-Herausgeberin von The Sun und News of the World , stand ebenfalls unter Verdacht, von den Abhöraktionen gewusst zu haben. Während der polizeilichen Untersuchung fand ein Polizeibeamter heraus, dass ihr Mann versucht hatte, ihren Laptop heimlich in einem schwarzen Müllsack hinter ihrem Haus zu entsorgen. Der Laptop wurde sichergestellt.
    Topiary las die Geschichte und dachte, die beiden hätten den Laptop einschmelzen sollen. Er überlegte kurz, ob er das nicht auch tun sollte, schob es dann aber erst einmal auf. Er war bereit für einen Neuanfang, wollte eine neue Wohnung suchen und sich sogar zum ersten Mal mit seiner festen Online-Freundin treffen. Sie wollte im September von Kanada herüberfliegen. Aber noch zog er keinen Schlussstrich, weder in Bezug auf seinen Laptop noch im Hinblick auf Anonymous.
    Dann, am 20. Juli, zwei Tage nach dem Hackerangriff auf The Sun , las Topiary etwas in der Zeitung, das ihm das Herz in die Hose rutschen ließ. Ein Bericht von Fox News besagte, die britische Polizei habe in London ein führendes Mitglied von LulzSec verhaftet, einen Mann, der den Nickname Tflow benutzte. Im Polizeibericht stand, der Verhaftete sei erst sechzehn Jahre alt. Topiary las den Artikel noch einmal. Tflow, der geniale Programmierer, der die tunesischen Anti-Spionage-Webskripte geschrieben, ihre Website eingerichtet und massenweise Daten gesammelt hatte, war erst sechzehn. Topiary sah in seinem IRC-Client nach und stellte fest, dass Tflow ihm nur vier Stunden vor seiner Verhaftung die letzte Nachricht geschickt hatte: »Gute Arbeit bei The Sun . Habt ihr alles, was ihr braucht, um die E-Mails zu veröffentlichen? Ich bin dabei, wenn ihr wollt.« Das war alles.
    Tflow war zurückhaltender gewesen als alle anderen bei LulzSec. Er war sehr ruhig, wirkte geheimnisvoll und erwachsen. Die meisten im Team nahmen an, er sei über zwanzig. Er war ein besonnener Programmierer und wich Fragen über seine persönlichen Lebensumstände meistens aus – ganz im Gegenteil zu Kayla. In einem Artikel mit dem Titel »Jugendlicher wegen Computerkriminalität verhaftet« wurde außerdem berichtet, die Polizei habe seine Computerausrüstung für weitere Untersuchungen beschlagnahmt. »Wenn sie ihn wirklich erwischt haben, mache ich mir echt Sorgen«, meinte Topiary damals. »Ich habe denselben ISP wie er und alles.« Topiary hatte einen Vertrag über zwölf Monate mit seinem Internet-Service-Provider abgeschlossen, und er konnte es sich nicht leisten, den Vertrag zu kündigen und dafür die ganze Jahresgebühr zu zahlen.
    Topiary erkannte ein System hinter den Verhaftungen. Er kontaktierte Sabu und äußerte die Vermutung, die Polizei habe Ryan und Tflow schon seit Monaten beobachtet, aber erst nach einem größeren Vorfall in Großbritannien zugeschlagen: Ryan war nach dem Angriff auf SOCA verhaftet worden, Tflow nach der Sun -Sache (obwohl er gar nicht daran beteiligt gewesen war). Mehrere Mitglieder von LulzSec lebten in Großbritannien, und daher schlug Topiary vor: »Wir sollten keine Ziele in UK mehr angreifen.«
    Sabu war das egal.

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