Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
WikiLeaks zu arbeiten. Der Abtrünnige hatte auch andere Hacker mit falschen Behauptungen dazu gebracht, für ihn zu arbeiten. Zusätzlich hatte q laut einer Quelle noch 60.000 Dollar aus dem WikiLeaks-T-Shirt-Shop veruntreut und auf sein eigenes Konto überwiesen.
WikiLeaks fand nie heraus, was q mit den Schwachstellen anfing, die Kayla und andere Hacker gefunden hatten. Möglicherweise verkaufte er sie im kriminellen Untergrund weiter. Auf jeden Fall schien q die Aufdeckung korrupter Regierungsmachenschaften ziemlich gleichgültig zu sein, und Kayla, eine Meisterin im Verbergen ihrer Identität selbst vor ihren engsten Freunden im Netz, war getäuscht worden.
Das spielte allerdings keine Rolle mehr, als Kayla im Februar 2011 anfing, sich mit Tflow, Topiary und Sabu in dem abgeschlossenen neuen Chatroom zu treffen, der sie zu einem herausragenden Raid am Super-Bowl-Sonntag zusammenbrachte: dem Angriff auf HBGary Federal. Das größere Geheimnis, das Kayla damals noch nicht kannte, war, dass Sabu sie nicht nur tiefer in eine Hackerwelt einführen sollte, die Schlagzeilen machen würde, sondern auch zusah, wie ihre Daten direkt an das FBI weitergegeben wurden.
Kapitel 11: Nachwirkungen
Am 8. Februar 2011, zwei Tage nach dem Super-Bowl-Sonntag, zog Aaron Barr Hemden aus seinem Kleiderschrank, legte sie hastig zusammen und verstaute sie in dem Reisekoffer, der vor ihm auf dem Bett lag. Es war keine wilde Flucht, aber es war höchste Zeit, dass Barr wegkam. Durch seine fünfzehn Jahre beim Militär hatten er und seine Familie viel Erfahrung im Packen. Die Vorbereitungen liefen schnell und reibungslos. Seine Frau packte eine eigene Tasche, und ihr Schweigen wurde nur durch einzelne Fragen über die bevorstehende Reise unterbrochen. Nur zwei Stunden vorher hatte Barr in seinem Arbeitszimmer gesessen und sich einen Überblick verschafft über die neueste Flut an Berichten über den HBGary-Angriff und die fatalen Reaktionen der Medien auf Barrs Vorschlag gegenüber Hunton & Williams wegen WikiLeaks und Glenn Greenwald.
Der Anonymous-Hack hatte ihn zwar belastet, aber zu erleben, wie die Medien über seine brisanten E-Mails herfielen, wirkte sich definitiv auf seinen Blutdruck aus. Barr wäre am liebsten gegen jede Meldung vorgegangen, aber seine Anwälte hatten ihm geraten, sich erst einmal nicht dazu zu äußern. So blieb ihm nichts anderes übrig, als zähneknirschend zu lesen. Gelegentlich übermannte ihn die Neugier, und er warf unter einem Pseudonym einen Blick in die IRC-Räume bei AnonOps, um zu hören, was die Anons über ihn sagten.
Hunderte von Teilnehmern dort hielten ihn immer noch für eine Witzfigur und gierten nach Nachrichten von weiteren Demütigungen Barrs. Alle, die in Washington D. C. lebten, wurden dazu aufgefordert, an Barrs Haus vorbeizufahren und Fotos zu schießen oder ihm Dinge per Post zu senden. So schickte man ihm einen Blindenstock und eine Lkw-Ladung leerer Schachteln. Und eine Pizza. Ab und zu klingelte jemand an der Tür, und einer hatte sogar versucht, Fotos vom Inneren des Hauses zu machen. Barr war beunruhigt gewesen, hatte die Leute aber meist für harmlos gehalten und einfach weggeschickt.
Dann, vor zwei Stunden, hatte er Reddit besucht, eine Foren-Website, die sich bei denen wachsender Beliebtheit erfreute, die zwar 4chan mochten, aber nicht das Niveau der Beiträge. Ein User hatte das Forbes -Interview mit Barr vom vergangenen Montag gepostet, und unter den 228 Kommentaren befanden sich neben kritischen Bewertungen und Machogehabe auch ein paar üble Vorschläge in Bezug auf Barrs Kinder. Wahrscheinlich war das nur Gerede, aber Barr wollte kein Risiko mehr eingehen. Schließlich reichte ein einziger Durchgeknallter am Abzug. Seine Frau war schnell überzeugt, und sie begannen beide zu packen.
Am Nachmittag lud die Familie alles ins Auto. Die Zwillinge glaubten immer noch, sie brächen zu einem aufregenden Ausflug auf. Barrs Frau und die Kinder fuhren nach Süden, wo sie für zwei Wochen bei einem Freund bleiben sollten, während Barr ein Flugzeug nach Sacramento bestieg. Dort befand sich das Hauptquartier von HBGary Inc., und dort würde Barr mit dem Aufräumen beginnen und die Polizei bei ihren Untersuchungen unterstützen.
In der Zwischenzeit war Greg Hoglund von HBGary Inc. mit der Schadensbegrenzung beschäftigt. Er setzte sich mit Marc Zwillinger von der Anwaltskanzlei für Internetrecht Zwillinger & Genetski in Verbindung. Jennifer Granick, eine bekannte Anwältin
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