Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
gewesen, für die Anons die Veröffentlichungen von WikiLeaks durchsiebten. Laurelai hatte nicht viel von Operation Payback gehalten, weil sie, wie Kayla, DDoS-Angriffe für sinnlos hielt. Sie mochte es, durch Daten zu stöbern, und sah sich selbst als Informationshändler. Sie fing bei Crowdleaks an, nachdem ein gemeinsamer Freund ihr gesagt hatte, sie wäre ein toller Serveradministrator für den Seitenverantwortlichen, einen Sympathisanten von Anonymous mit dem Nickname Lexi.
»Bei diesem HBGary-Hack braut sich gerade was ganz Großes zusammen«, erzählte Laurelai Lexi, der vorschlug, sie solle selbst darüber für den Blog berichten. Laurelai lud Barrs und Gregs E-Mails herunter und begann, sie nach Stichworten wie FBI, CIA, NSA und schließlich WikiLeaks zu durchsuchen. Eine Liste von E-Mails, die Barr an Hunton & Williams geschickt hatte, erschien auf ihrem Bildschirm. Beim Durchsehen der E-Mails stieß Laurelai auf eine PowerPoint-Präsentation, die Barr für die Anwaltskanzlei erstellt hatte und in der er Möglichkeiten aufzeigte, wie man die Glaubwürdigkeit von WikiLeaks sabotieren konnte. Laurelai suchte nach weiteren Informationen über Hunton & Williams und fand dabei heraus, dass die Kanzlei die Bank of America vertrat. Es hatte sich inzwischen herumgesprochen, dass WikiLeaks wohl im Besitz eines Haufens vertraulicher Daten war, die der Organisation von der Bank of America zugespielt worden waren und in Kürze veröffentlicht werden sollten. Da fiel bei Laurelai der Groschen. »Oh, Scheiße«, dachte sie. »Die Bank of America will WikiLeaks aufreiben.«
Die nächste Erkenntnis war noch erschreckender: Barr hatte nicht einmal versucht, die E-Mails mit seinen Vorschlägen zu verschlüsseln, und er hatte sich auch nicht um Geheimhaltung bemüht. Das deutete darauf hin, dass derartige Vorschläge vielleicht unmoralisch waren, in der Branche aber durchaus üblich zu sein schienen. HBGary Federal war keine Randgruppe, zu den Partnern der Firma gehörten Branchengrößen wie Palantir und Berico Technologies. Laurelai schrieb einen Blogbeitrag für Crowdleaks und verfasste zusammen mit einem Journalisten vom Tech Herald einen Artikel darüber, dass HBGary mit einer renommierten Anwaltskanzlei und, indirekt, der Bank of America an einem Schlag gegen WikiLeaks gearbeitet hatte.
Wenige Tage nach dem Angriff auf HBGary wussten Sabu, Topiary und Kayla noch nichts von Barrs befremdlichen Vorschlägen zu WikiLeaks. Topiary durchsuchte die E-Mails immer noch nach Interessantem, und das Team plante ihre Veröffentlichung auf einer benutzerfreundlichen Website, die sie AnonLeaks nennen wollten. Wenn diese Aktion Nachahmer fand, so dachten sie, könnte AnonLeaks das aggressivere, proaktivere Gegenstück zu WikiLeaks werden. Lexi bot den Server-Speicherplatz an, den Crowdleaks bei demselben Webhoster belegte, bei dem auch WikiLeaks war.
Ein Anon namens Joepie91 hatte gerade erst den E-Mail-Viewer fertig programmiert, als Presseberichte über den Inhalt der HBGary-E-Mails von Journalisten erschienen, die das gesamte Paket bereits über Torrent-Sites heruntergeladen hatten. Die Gruppe entschied, dass die durchsuchbaren HBGary-E-Mails ihrer neuen Website, AnonLeaks.ru, als Erstes hinzugefügt werden sollten. Aber sie hatten noch keine Vorstellung davon, wo diese Website eingerichtet oder wie sie organisiert werden sollte, wenn überhaupt.
»Ich glaube, das wird die Medien verwirren, und sie werden glauben, dass AnonLeaks etwas anderes ist als AnonOps oder PayBack«, sagte Kayla. »Irgendwie verstehen die Medien immer ALLES falsch, was mit Anon zu tun hat.« Dennoch wartete das Team Anfang Februar einige Tage lang, bis die E-Mails von HBGary Federal fertig kompiliert waren, und Topiary schlug vor, ein paar ausgewählte E-Mails schon einmal als Vorankündigung auf der neuen AnonLeaks-Website zu veröffentlichen. Dadurch würde der Eindruck vermieden, das Team wolle nur Zeit gewinnen. Es war eine klassische PR-Strategie: Man lässt vorher etwas durchsickern und serviert die exklusiven Informationen zur Story dann scheibchenweise. Zu den Vorabveröffentlichungen gehörte auch eine peinliche E-Mail von Barr an Mitarbeiter der Firma, in der er ihnen sein Passwort »kibafo33« verriet, damit sie alle an einem Konferenzgespräch teilnehmen konnten.
Dann, am Montag, dem 14. Februar, nachdem auf weiteren Webseiten die Ankündigung erschienen war, dass es eine neue Website ähnlich WikiLeaks namens AnonLeaks geben würde,
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