Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
der Zeit nervte es. Der Punkt war, wenn jemand tatsächlich die HBGary-Hacker doxen wollte, dann stellte diese Person eine größere Gefahr dar als das FBI, besonders wenn das Teil einer persönlichen Vendetta war.
»Wie viel Info gibt es über dich im Internet, Marduk?«, wollte Topiary wissen. »Ich meine kleinere, persönliche Sachen von vor zehn Jahren oder so.« »Alles, aber nicht als Marduk«, antwortete er. »Und niemand, wirklich niemand bei AnonOps weiß, wer ich bin.« »Sei einfach vorsichtig«, sagte Sabu. »Wir können es uns nicht leisten, einen von euch Typen zu verlieren.«
Sabu machte sich auch Sorgen um seine eigene Sicherheit. Topiary war sich sicher, dass sein richtiger Name, Jake Davis, nirgendwo im Netz mit ihm in Verbindung gebracht werden konnte. Aber Sabu wusste, dass »Hector Monsegur« hier und da im Internet auftauchte. Außerdem glaubte Sabu (zu Recht) aufgrund der wenigen Informationen, welche die Mitglieder des Teams miteinander teilten, er sei der einzige HBGary-Hacker, der in den USA lebte. Das bedeutete, dass ihm das FBI mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf den Fersen war. Er gab Topiary eine Google-Voice-Nummer und bat ihn, sie jeden Tag anzurufen.
Beim ersten Anruf fielen Topiary ein starker New Yorker Akzent und eine überraschend jung klingende Stimme auf. »Hey«, meldete sich Sabu. »Hallo«, antwortete Topiary. Es war das erste Mal, dass sie die Stimme des anderen hörten, und anfangs war es ziemlich seltsam, aber bald führten sie ein normales Gespräch. Danach meldete sich Sabu jedes Mal mit einer verschlüsselten Begrüßung, die eine Hommage an ein Internetmem war: »Hier ist David Davidson.« Manchmal ging er beim Autofahren ans Telefon, manchmal war er zu Hause, und im Hintergrund waren der Fernseher oder seine beiden spielenden Töchter zu hören. Sabu sorgte dafür, dass seine Google-Voice-Nummer über einige Server überall auf der Welt umgeleitet wurde, bevor sie sein BlackBerry erreichte. Seine Stimme war aber immer klar und deutlich zu hören.
Das Ausmaß ihres Raubzuges trieb Sabu langsam in eine Paranoia, und er wurde zunehmend misstrauisch gegenüber Laurelai, dem neuesten Mitglied von #HQ. Richtig ärgerlich wurde er, als er herausfand, dass Laurelai ein Handbuch für Besucher von AnonOps darüber verfasst hatte, wie man im Team einen Angriff wie bei HBGary ausführen konnte. »Schaff sofort diesen Scheiß aus der Welt«, verlangte er. Bei Anonymous gab es keine Hierarchie, keine Anführer und keine festgelegten Rollen, und damit brauchte man auch keine Anleitung. »Wegen solcher Scheiße kriegt das FBI Anons in den USA für organisierte Verbrechen dran.«
Laurelai begann, sich mit Sabu über das Vorgehen beim HBGary-Fischzug zu streiten. Sie war der Meinung, die Hacker hätten erst noch mehr interne Infos aus der Firma ziehen sollen. Aber davon wollte Sabu nichts hören. Er wusste genau, welchen Ruf seine Gruppe hatte, welches Image, und er lebte in ständiger Angst davor, geschnappt zu werden. Er wies sie also darauf hin, dass ein Handbuch mit einer Anleitung für Angriffe auf andere Websites dasselbe war wie die Sammlung von Vorschlägen, die Aaron Barr darüber zusammengestellt hatte, wie man gegen WikiLeaks und die U. S. Chamber of Commerce vorgehen konnte. »Das macht uns zu Heuchlern«, sagte er. »Wer zur Hölle ist Laurelai, und warum kritisiert er/sie/es unsere Aktion gegen HBGary? … Wer hat dich überhaupt eingeladen?« Sabu sagte, er habe das Gefühl, der Kanal sei nicht mehr sicher, und verließ ihn.
In den folgenden Tagen beschäftigte sich die Gruppe aus etwa einem halben Dutzend Leuten zunehmend mit Theorien über ihre Feinde, ein paar Leute aus einem anderen IRC-Netzwerk, von denen sie annahmen, dass sie sie doxen und enttarnen wollten. Wer war dieser @FakeGreggHoush auf Twitter? Topiary erwischte den echten Gregg Housh im IRC und fragte ihn, ob er eine Ahnung habe. Housh vermutete, es handle sich um eine Frau aus seiner Zeit bei Chanology (drei Jahre zuvor, was im Internet einem ganzen Leben entsprach) namens Jennifer Emick.
Topiary hatte den Namen noch nie gehört, aber er erstellte eine Datei mit Jennifer Emicks Namen und einigen anderen, die vermutlich mit ihr zusammenarbeiteten, und zeigte sie den anderen in #HQ. Als Laurelai die Liste sah, wurde sie plötzlich nervös. All diese Leute hatten ihre »Scientology-Exposed«-Website unterstützt. Sie und Emick hatten sich zwar gestritten und waren getrennte Wege
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