Inside Polizei
Wirklichkeit, ob sie wollte oder nicht. Doch sie wollte nicht! Sie weigerte sich, in die Realität zurückzukommen. Aber die aufrüttelnden Hilferufe rissen sie aus ihrer Lethargie. Mit der direkten Folge, dass jetzt die starken Angstzustände und ein regelrechtes Panikgefühl ihren Körper und Geist überschwemmte und Besitz von ihr nahm.
»Karin! Karin!«
Nein, niemals würde sie dort hingehen, sich durch diese kriminellen, gefährlichen und drogensüchtigen Menschen kämpfen, und das alles nur, um Paul zu unterstützen. Sollte er doch zusehen, wie er zurechtkam mit seiner großen Klappe.
Nein! Nein! Nein! Sie konnte nicht, und sie wollte nicht. Die Angst und eine über sie hereinbrechende Panikattacke entschieden die Situation gegen Paul.
Wie in Zeitlupe drehte sie sich um, weg von Paul, und steuerte den Streifenwagen an. Sie öffnete das Polizeifahrzeug, setzte sich auf den Beifahrersitz, zog die Tür zu und verriegelte den Wagen von innen. Dort hockte sie dann teilnahmslos und starrte mit leerem Blick nach vorne, ohne noch irgendetwas von der Welt da draußen mitzubekommen.
Karins Nerven versagten. Sie rief weder über Funk die Einsatzleitstelle, um weitere Verstärkung anzufordern, noch betätigte sie den Notfallknopf an dem Statusanzeiger. Dieses Signal würde alle Polizeikräfte im Umkreis veranlassen, jeden nicht absolut notwendigen Einsatz abzubrechen und mit höchstem Tempo die hilfesuchenden Kollegen zu unterstützen. Dieser Alarm bedeutete: »Es besteht Lebensgefahr.«
Pauls Blicke suchten Karins Augen, soweit es der anhaltend hart geführte Bodenkampf zuließ. Die noch eingeschaltete Innenbeleuchtung erhellte sie notdürftig. In einer Millisekunde streifte er Karin, und das, was er sah, reichte völlig aus. Sie sprach weder hektisch ins Funkgerät noch ins Handy oder machte Anstalten, den Motor zu starten, um eine kleine Gasse in den Kreis zu fahren und ihn so zu erreichen und zu unterstützen. Nein, Karin saß regungslos auf dem Beifahrersitz und starrte teilnahmslos vor sich hin.
Karin, das war ihm nun völlig klar, war ein Totalausfall!
Paul fluchte und schimpfte in sich hinein, sein Ärger und die Wut über die Situation verstärkten sich. Und dieser Zorn setzte neue Kräfte bei ihm frei. Er startete eine erneute Attacke, mobilisierte seine letzten Kraftreserven über seinen Schmerzpunkt hinaus. Paul spürte, dass seine Kräfte kurz vor dem Zusammenbruch standen. Dieser Punkt stand allerdings auch bei Igor unmittelbar bevor. Er war zwar ein Kraftpaket und trainierte gelegentlich einige Runden im Fitnessstudio mit Gewichten, aber Konditionstraining gehörte absolut nicht zu seinem Trainingspensum. Dies rächte sich nun. Nach fast drei Minuten anstrengendstem Bodenkampf waren seine Kraftreserven aufgebraucht. Er verspürte zwar trotz des klammernden Würgegriffs und der verdrehten Arme keine Schmerzen, denn dafür rauschte zu viel Wodka und Heroin durch seine Blutbahnen, doch diesen neuen Angriff des Bullen konnte er nicht parieren. Igor büßte seine bessere Position ein.
Paul registrierte erleichtert, dass sein letzter Kraftakt Wirkung zeigte. Noch waren sie wie ein Knäuel ineinander verkeilt, aber dann hockte er seitlich auf dem Russen. Den Kopf seines Widersachers umklammerte Paul fest und konnte ihn dadurch einigermaßen kontrollieren. Igor würgte ihn weiterhin mit seinem linken Arm am Hals und versuchte, ihn mit der rechten Faust ins Gesicht zuschlagen. Die Schläge erreichten Paul jedoch zu unkoordiniert und kraftlos, um größeren Schaden anzurichten. Er steckte sie weg.
Erst jetzt nahm er Blut auf Igors Fäusten wahr. Paul hoffte inständig, dass es sich um sein eigenes Nasenblut handelte und nicht um Igors Blut oder das seines vorherigen Opfers. Das fehlte ihm gerade noch, dass einer der Russen sich durch eine Heroinspritze mit HIV infiziert hatte und er nun dessen Blut im Gesicht trug. Hoffentlich nicht!
Paul hatte das Geschehen nun an sich gerissen. Die russischen Gangmitglieder erkannten seine Überlegenheit an. Die Anfeuerungsrufe verstummten genauso wie die Schmähungen in der fremden Sprache. Niemand machte Anstalten, dem Unterlegenen zu helfen. Sie schienen seine Niederlage zu respektieren.
Doch noch stand kein endgültiger Sieger fest. Paul kontrollierte zwar den unter ihm Begrabenen, doch der wehrte sich weiterhin so verbissen, dass eine Festnahme nicht möglich war. Paul musste all seine Energie aufbringen, um ihn am Boden zu halten. Ein klassisches Patt. Was
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