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Inside Polizei

Inside Polizei

Titel: Inside Polizei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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Prinzipientreue beim Kommunistischen Bund – während seiner Studienzeit – muss er wohl geschwänzt haben.«
    »Tja, aber jetzt mal eine ernste Frage zwischendurch. Das Bild auf Focus.de von der Roth, kupferne oder wie auch immer gefärbte Haare, ein grüner Kapuzenpullover und das alles gekrönt von einem schreiend neongelben Schal, die muss doch farbenblind sein, oder?«
    »Ja, das habe ich mich auch schon Dutzende Male gefragt. In den Nachrichten erscheint sie plötzlich mit einem roten, schwarzen, orangefarbenen oder grünen Umhang oder was auch immer das sein soll. Einmal bin ich vor Schreck richtig zusammengezuckt und hab dadurch meine Frau geweckt. Dass sie darauf keiner ihrer Kofferträger aufmerksam macht – unverständlich. Oder ignorieren die Grünen bewusst die Erfindung des Farbfernsehens?«
    »Wahrscheinlich hängt in der Parteizentrale ein politisches Manifest aus, dass mit Verbannung nach Nordkorea bestraft wird, wer die Individualität und Unfehlbarkeit der Parteivorsitzenden infrage stellt.«
    Marius konnte sich nicht mehr länger zurückhalten, sein Lachen donnerte laut durch das nächtliche Wendland. Sein Kollege fiel lautstark ein. Nur durch gegenseitiges Stützen schafften sie es halbwegs, gerade auf ihrem Posten stehen zu bleiben. Manche Kollegen schauten neidisch herüber und hätten gerne mitgelacht, andere warfen ihnen missbilligende Blicke zu und waren verärgert wegen der Störung ihres Dämmerschlafes. Zu einem tadelnden Ruf an die lachenden Unruhestifter konnte sich jedoch keiner aufraffen. Sie kannten schließlich nur zu gut den Anlass für dieses alberne Verhalten: Einsatzkoller!
    Diese Gespräche, diese Blödeleien, der über viele Jahre entstandene Einsatzzynismus halfen dabei, diese Art von monotonen, kräfteverschleißenden Aufgaben leichter und besser zu überstehen. Dieses alberne Benehmen diente unterbewusst der Bewältigung und Verdrängung des Einsatzfrustes. Die Spannung, die sich in einem mehrtägigen Einsatz aufbaute, erhielt von vielen unterschiedlichen Faktoren Nahrung: Eintönigkeit und sinnlos erscheinenden Befehlen, Dauer des Einsatzes, tagelangem Streckenschutz mit 15 bis 20 Stunden Dienst, Art der Unterbringung, Ver pflegung, Wetter, den gegnerischen Kontrahenten und der eigenen Gemüts verfassung.
    Dazu kam dann noch der eigene Partner, der wegen der vielen Einsätze der letzten Zeit zu Hause maulte, nach mehr Aufmerksamkeit und mehr gemeinsamer Zeit verlangte. Aber das Einsatzaufkommen für Hundertschaften, die geleisteten Stunden erreichten dieses Jahr einen Höchstwert und waren mit einem normalen Familienleben kaum zu vereinbaren. Der eskalierende Rockerkampf zwischen den Hells Angels und den Bandidos forderte einen hohen zeitlichen Tribut bei allen Polizeieinheiten. Die stetige Zunahme der islamistischen Gefährder und deren Rund-um-die-Uhr-Bewachung wurden zunehmend auf die Schultern der Einsatzhundertschaften gelegt zuzüglich der allwöchentlichen Termine in Deutschlands Fußballarenen.
    Nicht um jede Partnerschaft stand es daher zum Besten, und ein dringend benötigtes gemeinsames Wochenende fiel oft den Einsätzen zum Opfer.
    Doch nun wurde die Langeweile endlich verdrängt. Jetzt, um 0300, war ein erhöhtes Aufkommen an Funksprüchen zu bemerken, und Hundertschaften brachten sich in Stellung. Die vorerst letzte Blockade, die die Einfahrt des Zwischenlagers Gorleben sperrte, stand kurz vor der Räumung. Tausende Polizeikräfte wurden zusammengezogen, um wieder eine ganze Nacht lang Demonstranten von A nach B zu tragen. Sie hatten alle weiß Gott schon angenehmere Einsätze erlebt. Doch Marius und seine Kollegen hätten gerne mit ihnen getauscht. Alles, meinetwegen auch stundenlanges Schleppen, dachte sich Marius, nur nicht weiter endlos Posten stehen an einer Straße, die niemand benötigte. Doch seine Bitte wurde nicht erhört, denn auch an der zweiten Großräumung von bis zu 4000 Atomkraftgegnern war seine Gruppe nicht beteiligt. Die Blockierer harrten teilweise bereits bis zu 40 Stunden auf Strohsäcken und Isomatten aus. Aber Marius und seine Kollegen bekamen diesen weiteren Großeinsatz nur per iPhone, Laptop oder Anrufen von zu Hause berichtet.
    Um 0325 startete die Räumung, und die nächtliche Schinderei Tausender Polizeikräfte ging in die Verlängerung. Der Lkw-Transport der Castor-Behälter würde nicht eher starten, bis alle Hindernisse auf der 19 Kilometer langen Strecke beseitigt waren.
    0515, die Räumung fraß sich nur langsam durch

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