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Inside Polizei

Inside Polizei

Titel: Inside Polizei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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einem heruntergekommenen Hinterhof gestanden, der vollgeschmiert war mit Graffiti und in dem ein durchdringender Gestank nach altem Urin in der Luft hing, und nun gondelten sie durch eine sattgrüne Landschaft, immer tiefer in ein nahes Waldgebiet und immer weiter von dem betonierten Moloch Stadt weg. Der Pferdehof lag herrschaftlich auf einer Anhöhe, umgeben von einer mondänen und perfekt gepflegten Parklandschaft. Sie fuhren über ein Rondell und parkten ihren Wagen neben einigen Edellimousinen. Der fein gerechte Kies knirschte unter Stefans dicken Stiefeln. Das ganze Anwesen strahlte eine englische, aristokratische Landhausatmosphäre aus. Augenblicklich legte sich eine kaum für möglich gehaltene Entspannung über die Polizisten, und sie genossen ihren »Kurzurlaub«. Die Stille wurde nur von zwitschernden Vögeln und dem Rauschen der Baumgipfel unterbrochen. Welch eine Idylle, welch ein Gegensatz zu dem Ort, den sie gerade erst verlassen hatten. Mit einem Wink in Richtung der geparkten Luxuslimousinen bemerkte Stefan:
    »Ganz schön viel los für einen Montagvormittag. Muss hier niemand arbeiten?«
    »Wenn ich mir die Autos so anschaue, dann muss von den Besitzern wohl niemand mehr arbeiten, auf jeden Fall nicht die Frauen auf diesem Pferdehof«, entgegnete sein Kollege spöttisch.
    Auf diesem Pferdehof mieteten sich gut situierte Familien ein, genauer gesagt, sie pachteten Boxen für ihre Pferde, um sie artgerecht zu halten und ihnen die bestmögliche Versorgung und Unterbringung angedeihen zu lassen. Auf den ausgedehnten Weiden und Parcours konnten die Hengste und Stuten nach Herzenslust geritten und dressiert werden. Ein menschlich geschaffenes Paradies für Pferd und Reiter. Der gesamte Bereich schien verlassen, doch in einiger Entfernung entdeckten sie eine Menschenansammlung direkt vor den Stallungen. Dort parkte auch der Streifenwagen ihrer Kollegen. Sie näherten sich dem guten Dutzend Anwesenden, ausnahmslos Frauen. Eine unnatürliche Ruhe, geradezu eine Grabesruhe, umhüllte die großzügig angelegten Stallungen. Kein Lachen, kein Smalltalk, kein Zuruf, nichts.
    Stefan und sein Kollege spürten die Veränderung der Lage buchstäblich körperlich, ein bedrückendes Gefühl überkam sie. Obwohl sie die Vorgänge noch nicht kannten, signalisierte ihnen ihr polizeilicher Instinkt, dass hier etwas Böses Einzug gehalten hatte. Als sie sich der Personengruppe bis auf 50 Meter genähert hatten, kamen ihnen offensichtlich Mutter und Tochter entgegen, beide blond, hübsch, schick und teuer gekleidet. Beide heulten und schluchzten, die Tränen hatten das Make-up und den Lidstrich verwischt und ihre äußere Fassade zerstört. Sie umarmten sich im Gehen, und man konnte nicht mit Sicherheit bestimmen, wer wen stützte. Sie stützten einander. Die etwa 20-jährige Tochter vergrub ihren Kopf an der Schulter der Mutter und weinte hemmungslos mit offenem Mund. Ihre Mutter streichelte ihr beruhigend durch die Haare, während die linke Hand ihre eigene Stirn massierte. Fassungslosigkeit lag in ihrem Ausdruck, sie wirkte, als ob sie mit der Stirnmassage ihren Kopf, ihr Gehirn zwingen wollte, das soeben Erlebte zu begreifen und zu verarbeiten. Doch offenbar misslang ihr das. Als sie aneinander vorbeigingen, kreuzten Stefans Blicke die der Mutter. Ihre Augen versprühten keinerlei Lebensfreude oder Hoffnung, sie waren verheult, leblos. Stefan meinte aber etwas wie Mitleid in ihrem Blick zu erkennen, was ihm und seiner Berufswahl zu gelten schien, aber warum? Die einsatzführenden Kollegen verabschiedeten sich gerade mittels Handschlag von einer Tiermedizinerin. Hier gab es nichts mehr für sie zu tun, sie beendeten ihren Auftrag.
    Per Blickkontakt verabredeten sich die Polizisten am Rondell, zu dem Frank nun den Streifenwagen steuerte. Trotz seiner brennenden Neugier wartete Stefans Bärenführer, bis sein Kollege, der aufgewühlt schien, erzählen konnte. Er zündete sich eine Zigarette an. Nach den ersten tiefen Atemzügen Nikotin in seiner Lunge normalisierte sich sein Zustand wieder: »Dem Mitarbeiter, der heute als Erster in den Stallungen war, fielen am Morgen zwei verletzte Pferde auf. Beide wiesen Verletzungen an den unteren Vorder- und Hinterbeinen auf. Eine Stute blutete aus der Vulva und dem Anus, die zweite wies dort ebenfalls Verletzungen auf, die von stumpfer Gewalteinwirkung resultierten.«
    Der Stressraucher – eineinhalb Schachteln am Tag – nahm einige tiefe Züge, und seine Stimme, die sich beim

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