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Inside WikiLeaks

Titel: Inside WikiLeaks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Domscheit-Berg
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Wie viel Geld bei Moneybookers einging und was damit passierte, hat nie jemand erfahren. Julian hat mir und anderen den Einblick verweigert.
    Julian eröffnete zusätzlich ein Konto auf seinen Namen bei Moneybookers. Zu diesem Konto führte ein direkter Link von unserer Spendenseite. Wofür er es verwendete, wollte er mir nicht sagen. Das Konto wurde im Herbst 2010 gesperrt. Später beklagte sich Julian, man habe WikiLeaks nun das Geld weggenommen. Es gibt eine E-Mail vom 13. August 2010 von Moneybookers an WikiLeaks, die vom Guardian zitiert wurde. Nach einer Überprüfung durch die Sicherheitsabteilung von Moneybookers sei das Konto geschlossen worden, »um sich weiteren Ermittlungen durch Regierungsbehörden zu fügen«. Das Konto ist tatsächlich gesperrt worden. Aber es wurde vorher leer geräumt.
    Dabei war Julian Geld an sich gleichgültig. Er hatte auch nie welches, ließ meist andere bezahlen. Das begründete er dann beispielsweise damit, dass er nicht wolle, dass jemand anhand seiner Besuche am Geldautomaten nachvollziehen könne, wo er sich gerade aufhielt. Seine Helfer hätten diese Erklärungen womöglich selbst dann akzeptiert, wenn er zuvor eine Pressekonferenz gegeben hätte, die von seinem Standort aus in die ganze Welt ausgestrahlt wurde. Vor allem Frauen halfen Julian gerne aus. Ich weiß nicht, was sie alles für ihn gekauft haben: Klamotten, Ladegeräte, Handys, Kaffee, Flüge, Schokolade, neue Reisetaschen, Wollsocken.
    Julian legte keinen Wert auf Statussymbole. Vielleicht ist das heute anders, aber als wir zusammen herumreisten, besaß er keine Uhr, kein Auto, keine Markenkleidung – all das war ihm egal. Sogar sein Rechner war ein Uralt-Mac, noch eines von diesen weißen iBooks, fast schon ein Museumsstück. Höchstens kaufte er sich mal einen neuen USB -Stick.
    Wir dachten dennoch häufig darüber nach, wie wir für WL an Geld kommen könnten. Eine Idee war, uns direkt für die Dokumente bezahlen zu lassen, indem wir den exklusiven Zugang zu dem Material versteigerten. Ebay für WikiLeaks sozusagen. Im September 2008 starteten wir einen Testballon. Wir kündigten auf unserer Website und in Pressemitteilungen an, die E-Mails von Freddy Balzan meistbietend zu versteigern. Balzan war der Redenschreiber des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez.
    Die Ankündigung löste in Südamerika ein breites Medienecho aus. Nicht aber, weil sich jetzt tatsächlich viele Medien mit ihren Geboten übertrafen, vielmehr entbrannte sofort die kritische Debatte. Man warf uns vor, die Arbeit unserer Quellen zu Geld machen zu wollen und beklagte, dass dadurch zuerst die Medien, die es sich leisten konnten, das Material bekämen. Damals hätten wir allerdings sowieso nicht die technischen Möglichkeiten gehabt, so eine Auktion in die Tat umzusetzen.
    Ich versuchte uns mit einem Antrag bei der Knight Foundation Geld zu besorgen. Die John S. and James L. Knight Foundation fördert herausragende journalistische Projekte, allein im Jahr 2009 verteilte die Stiftung über 105 Millionen Dollar an verschiedene Medienorganisationen. Ich reichte Ende 2008 das erste Mal einen Förderantrag für zwei Millionen Dollar ein, der allerdings schon nach der dritten oder vierten Runde des mehrstufigen Bewerbungsverfahrens scheiterte. Schon nach der Einladung zur zweiten Runde hatte Julian den Adressaten unserer Mailingliste verkündet, wir hätten die Förderung von 2 Millionen Dollar praktisch in der Tasche.
    2009 versuchte ich es erneut, diesmal beantragte ich eine halbe Million Dollar. So ein Antrag bedeutete viel Arbeit, und Julian half mir nicht dabei. Eine Unterstützerin und ich saßen zwei Wochen lang an dem Papier. Es galt, acht Fragen zur Motivation und zur inneren Struktur des Projekts zu beantworten. Einen Tag vor Abgabe meldete sich Julian doch, im Schlepptau die Nanny. Am Vortag des Einsendedatums sollte sie nun also das Papier für die Knight Foundation schreiben – wir waren zu dem Zeitpunkt damit schon lange fertig. Julian beschloss, wir sollten einfach zwei Anträge abschicken. Mit einem kämen wir dann garantiert durch. Dabei erklärten mir Julian und die Nanny noch, warum ihr Papier das Rennen machen würde. Mein Antrag kam weiter, erst eine Runde, dann zwei, dann standen wir auf einmal in der letzten Runde. Der Antrag von Julian und der Nanny scheiterte schon in der ersten Runde.
    Später warf Julian mir vor, ich hätte versucht, meinen Namen in den Antrag zu schmuggeln. Eigentlich war das Problem ein

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