Inside WikiLeaks
protestieren.
Der Guardian veröffentlichte am 10. Dezember einen Brief, der unter anderem von dem australischen Journalisten John Pilger, der Schriftstellerin A. L. Kennedy und dem ehemaligen Botschafter und politischen Aktivisten Craig Murray unterzeichnet ist: »Die US -Regierung und ihre Verbündeten sowie ihre Freunde in den Medien haben eine Kampagne gegen Assange gestartet, die ihn ins Gefängnis gebracht hat, wo ihm aufgrund von zweifelhaften Vorwürfen die Ausweisung droht. Es muss davon ausgegangen werden, dass damit letztendlich seine Auslieferung an die USA erreicht werden soll. Wir verlangen, dass er sofort freigelassen wird, dass alle Vorwürfe gegen ihn fallengelassen werden und dass die Zensur gegen WikiLeaks beendet wird.«
Innerhalb der ersten 48 Stunden landeten 45 000 Unterschriften auf einem Online-Brief, den die Internet-Organisation GetUp! am 8. Dezember aufgesetzt hatte. Darin wurden der amerikanische Präsident und der Generalstaatsanwalt Eric Holder aufgefordert, im Fall Assange »für die Unschuldsvermutung und die Freiheit der Information einzutreten«. Die Erklärung sollte als Anzeige in der New York Times und der Washington Times erscheinen .
Die Journalistin Miranda Devine, eher der politischen Rechten zuzuordnen, rief öffentlich zur Verteidigung Assanges auf und beschrieb den »besonderen Charakter« der in Schweden gegen ihn erhobenen Anklage: »Niemand glaubt, dass Julian Assange jetzt in einem britischen Gefängnis sitzt, weil er ein Vergewaltiger ist.«
Zu den zahlreichen neuen Freunden von Julian zählte auch Michael Moore. Der hatte sich schon einmal nach dem Collateral-Murder-Video bei uns gemeldet. Witzigerweise hielt Julian den bekannten Filmemacher und Gesellschaftskritiker für einen Idioten – bei ihm gehörte er in die Schublade »Verschwörungstheoretiker«. Moore trug 20 000 Dollar zu der Kaution bei, dank deren Julian aus der Haft entlassen werden konnte.
Julian konnte sich auch über die vielen engagierten Worte der Feministin Naomi Wolf freuen, die sich öffentlich für ihn starkmachte. Deren Vortragsreihe zu ihrem Buch »Give Me Liberty: A Handbook for American Revolutionaries«, auf die ich ihn einmal angesprochen hatte, hatte er mir gegenüber als »banales Gerede« bezeichnet.
Der Witz war, dass diese Leute vielleicht Stars waren, die einem Julian Assange großzügig zur Hilfe geeilt waren. Ich weiß ganz genau, wie er zumindest einige seiner Unterstützer sah: als nützliche Idioten, »Juniors« sozusagen, Möchtegerns.
Ich glaube, viele dieser Leute dachten, es wäre schick, jetzt mit einem »Support Julian Assange«-Sticker herumzulaufen. Sie jubelten sowieso jedes Mal, wenn die Amis etwas auf die Mütze bekamen.
Julian hat seine Verhaftung als Ergebnis einer Hetzkampagne bezeichnet. Das Verfahren diene in Wirklichkeit dazu, ihn über einen Umweg an die Vereinigten Staaten auszuliefern. Als er auf Kaution freigelassen wurde, brach unter den Unterstützern im Saal und denen, die vor dem Gerichtsgebäude für seine Freilassung demonstrierten, lauter Jubel aus. Julian reckte die Arme in die Höhe, bevor er in elektronischen Fußfesseln auf den Landsitz seines Freundes Vaughan Smith im Südosten Englands verschwand.
An dessen Toren erwartete ihn täglich ein Rudel Unterstützer und Journalisten. Der nächste Leak von Zehntausenden Dokumenten zur Finanzkrise, so hatte er bereits angekündigt, würde eine US -Bank zu Fall bringen, weil diese Unterlagen »unethische Praktiken« und »ungeheuerliche Verstöße« dokumentierten. Seinen Fans am Gartenzaun des Herrenhauses versprach er nun, das Tempo der Veröffentlichungen werde noch zunehmen, seine Organisation sei unverwüstlich und darauf vorbereitet, einer »Enthauptungsattacke« standzuhalten. Ich frage mich, von welchem Material er da gesprochen hat, auf welchem Wege er es erhalten hatte und wo er es aufhob. Ich hoffe für alle Beteiligten, dass er es sicher verwahrt.
Dennoch trat Julian seit dem Cables-Release sehr viel weniger aggressiv in der Öffentlichkeit auf als in den Monaten zuvor. Die Nanny hatte schon länger darüber gesprochen, ihm einen PR -Berater zu besorgen.
Auch auf der Website haben ein paar vorsichtige Umformulierungen stattgefunden. Anstatt: »Das Übermitteln von vertraulichem Material an WikiLeaks ist sicher, einfach und durch das Gesetz geschützt« steht da nun: »Das Übermitteln von Dokumenten an unsere Journalisten ist in den besseren Demokratien vom Gesetz
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