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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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müssen, daß solche Klischees wirklich existierten, da ihm oft genug der lispelnde, affektierte Typ des Homosexuellen begegnet war, der tweedgekleidete pensionierte Colonel mit Schnauzbart und Jagdhocker im Gehstock und die Hure mit dem Herzen aus Gold. In Dorothy Wycombe nun so etwas wie die Karikatur einer Frauenrechtlerin vor sich zu haben war insofern kaum überraschend - wenn auch ein wenig enttäuschend.
      «Scheint, daß es da eine Beschwerde gegeben hat, Alan», begann Gristhorpe bedächtig. «Es geht um Sergeant Hatchley, aber ich dachte, Sie sollten es vielleicht zuerst erfahren.»
      Banks nickte und blickte auf Dorothy Wycombe, die ihn mit herausfordernd vorgerecktem Kinn musterte.
      Attraktiv war diese Frau ganz offensichtlich nicht; weniger offensichtlich war hingegen, ob sie dies ausschließlich der Natur oder ihren eigenen Anstrengungen zu danken hatte. Aus dem dauergewellten, farblosen Haar war jede Spur von Leben entwichen, und der unförmige Sack, der offenbar als Kleid durchgehen sollte, bauschte sich über den unmöglichsten Körperpartien. Über dem Doppelkinn straffte sich ein schmaler, bösartiger Mund, umgeben von Falten, die das permanente Zusammenpressen der Zähne in das Lippengewebe gekerbt hatte. Ihr Teint war fahl und teigig, und hinter dem Krankenkassengestell ihrer Brille funkelten wachsame Augen, deren zweifellos vorhandene Intelligenz von einem revolutionären Feuer durchdrungen war. Ihre Sprechweise klang abgehackt und durchsetzt mit Hervorhebungen, als müsse sie jedem dritten Wort besondere Bedeutung verleihen.
      «Man hat mich informiert», begann sie und zog ein kleines schwarzes Notizbuch zu Rate, um den dramatischen Effekt der Rede zu steigern, «daß Ihr Sergeant bei der Befragung der Opfer Ihres Peeping Tom einen ausgesprochen respektlosen Ton angeschlagen hat. Darüber hinaus hat er gegenüber einer Zeugin dem Wunsch Ausdruck gegeben, einen ähnlichen Gewaltakt an ihr verüben zu wollen.»
      «Das sind sehr schwerwiegende Beschuldigungen», stellte Banks fest und verspürte plötzlich heftiges Verlangen nach einer Zigarette. «Wer hat das behauptet?»
      «Ich behaupte das.»
      «Ich kann mich nicht erinnern, daß Sie auch zu den Opfern unseres Skopophilen zählen.»
      «Wie bitte?»
      «Ich sagte, daß mir nichts von irgendwelchen Übergriffen auf Ihre eigene Intimsphäre bekannt ist.»
      «Das spielt auch keine Rolle. Sie versuchen nur, das eigentliche Problem zu verniedlichen.»
      «Welches Problem?»
      «Die obszönen und zotigen Anspielungen Ihres Sergeant. Eine Haltung, die allerdings - wie ich hinzufügen möchte - typisch ist für die Art und Weise, in der diese ganze skandalöse Angelegenheit gehandhabt wird.»
      «Wer hat diese Beschuldigungen vorgebracht?» wiederholte Banks.
      «Wie ich bereits sagte - ich bin hier, um Sie davon zu unterrichten.»
      «In wessen Auftrag?»
      «Als Vertreterin der hiesigen Frauen.»
      «Wer hat Sie dazu ermächtigt?»
      «Inspector Banks, Ihr Verhalten ist wirklich aufreizend! Sind Sie nun bereit, mich anzuhören, oder nicht?»
      «Selbstverständlich werde ich Sie anhören, sobald Sie mir sagen, wer diese Beschuldigungen erhoben und Sie ermächtigt hat, das hier zur Sprache zu bringen.»
      Dorothy Wycombe legte noch etwas mehr Distanz zwischen sich und den Inspector und blies sich zu voller Größe auf. «Ich bin die Vorsitzende der WEEF!»
      «Weef?»
      «W.E.E.F. - Inspector Banks! Die Women  of Eastvale for Emancipation and Freedom, WEEF.»
      Banks hatte es schon immer eher lächerlich gefunden, wie größere oder kleinere Gruppen die Sprache vergewaltigten, um die Akronyme ihrer Organisationen möglichst einprägsam und schmissig klingen zu lassen. Mit der NATO, der SEATO, der UNO und anderen bedeutenden Vereinigungen hatte es angefangen, im Laufe der Zeit dann auf lokale Initiativen wie SPIT, SHOT und SPEAR übergegriffen und nun zu einem Gebilde wie der WEEF geführt. Offenbar spielte es dabei keine Rolle, daß sich die Bezeichnung «Women of Eastvale» eher mittelalterlich anhörte und daß die Wörter «Freedom» und «Emancipation» mehr oder weniger dasselbe bedeuteten. Die ganzen Umstände dienten nur dazu, diese WEEF ins Leben zu rufen und ihr einen Namen zu geben, der sich in Banks Ohren allenfalls anhörte wie ein etwas klägliches «woof» oder das Quieken einer verschreckten Maus.
      «Nun gut», meinte Banks nachgiebig und machte sich eine

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