Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
Notiz. «Und wer hat Ihnen also diese Beschwerde vorgetragen?»
«Ich bin keineswegs verpflichtet, meine Informationsquellen anzugeben», wies ihn Dorothy Wycombe rüde ab, mit der Bissigkeit eines Reporters vor Gericht.
«Sergeant Hatchley», meinte Banks seufzend, «hat sich gestern mit den Damen Carol Ellis, Mandy Selkirk, Josie Campbell und Ellen Parry über deren Erlebnisse in der bewußten Angelegenheit unterhalten. Außerdem sprach er noch mit Molly Torbeck, die am Abend der Tat vorher mit Carol Ellis im Oak gewesen war. Möchten Sie, daß ich die Damen selbst noch einmal befrage, um herauszufinden, wer sich beschwert hat? Sie wissen, daß ich das ohne weiteres tun kann.»
«Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Von mir werden Sie jedenfalls nichts erfahren.»
«In Ordnung», sagte Banks und machte Anstalten zu gehen. «Unter diesen Umständen habe ich nicht die Absicht, Ihrer Beschwerde ernsthaft nachzugehen. Machen Sie sich bitte klar, daß uns viele übereifrige Bürger ständig mit irgendwelchen haltlosen Anwürfen überschütten. Das nimmt dermaßen überhand, daß wir über ein gut funktionierendes System verfügen, um uns vor solchen Unterstellungen zu schützen. Und da Sie eine erklärte Verfechterin von Freiheit und Emanzipation sind, werden Sie doch sicher nicht wünschen, daß jemand zu Unrecht verdächtigt wird und aufgrund schmutziger Verleumdungen berufliche Nachteile hinnehmen muß, nicht wahr?»
Dorothy Wycombe lief rot an und sah aus, als müsse sie jeden Moment explodieren. Ihre Kinnlappen bebten, und die Fingerknöchel traten weiß hervor, als sie Gristhorpes Schreibtischkante umklammerte und mit schriller Stimme schimpfte:
«Das ist unerhört! Ich lasse mir doch nicht vorschreiben, was ich zu tun habe, schon gar nicht von einem faschistischen Polizeiapparat!»
«Tut mir leid», erklärte Banks und wandte sich zur Tür, «aber wir können uns bedauerlicherweise nicht abgeben mit anonymen Beschwerdeführern ...»
«Carol Ellis!» Der Name brach aus Dorothy Wycombes verkniffenem Mund wie eine mächtige Dampfwolke aus einem verklemmten Ventil. «Also - wollen Sie sich jetzt endlich hinsetzen und mir zuhören?»
«Selbstverständlich, Ma'am», meinte Banks und nahm wieder sein Notizbuch zur Hand.
«Miss Wycombe, wenn ich bitten darf», mäkelte sie. «Und im übrigen erwarte ich, daß Sie sich der Sache mit dem gebotenen Ernst annehmen werden.»
«Es ist jedenfalls eine ernste Beschuldigung, wie ich bereits vorhin sagte», gab Banks zu. «Deshalb brauche ich auch möglichst exakte Auskünfte. Also, was hat Carol Ellis genau gesagt?»
«Sie hat gesagt, daß Sergeant Hatchley diese ganze Affäre wie einen dummen Jux behandelt, daß er wahlweise gelangweilt oder belustigt gewirkt hat, als er sie befragte, und daß er gewisse Anspielungen gemacht hat, bezüglich ihres Körpers.»
«Gelangweilt oder belustigt, Miss Wycombe? Was genau? Das sind doch recht verschiedene Dinge, nicht wahr?»
«Beides, je nachdem.»
«Und die gewissen Anspielungen über ihren Körper? Welcher Art waren die? Unanständig oder beleidigend?»
«Was sollen sie denn sonst gewesen sein, Inspector? Er hat durchblicken lassen, daß dieser Spanner bestimmt seinen Spaß an ihr gehabt hat.»
«War das alles?»
«Reicht das denn nicht? Welche Art von ...»
«Ich meine, gab es da noch andere Anspielungen?»
«Nein, das ist alles, was ich Ihnen sagen wollte. Ich kann mich doch hoffentlich darauf verlassen, Inspector, daß etwas unternommen wird in dieser Angelegenheit?»
«Keine Sorge, Miss Wycombe, ich werde der Sache auf den Grund gehen. Wenn etwas dran ist an diesen Beschuldigungen, wird Sergeant Hatchley bestraft werden, da können Sie sicher sein.»
Dorothy Wycombe verzog das Gesicht zu einem grimmig-mißtrauischen Lächeln und zischte aus dem Büro.
Gristhorpe holte tief Luft. «So wörtlich war das nun auch wieder nicht gemeint, Alan, mit meinem dummen Scherz, daß wir Ihren Sergeant am besten den Wölfen vorwerfen... Wie dem auch sei, wir können von dieser Miss Wycombe halten, was wir wollen, aber sie hat da wohl einen wunden Punkt getroffen, was meinen Sie?»
«Wenn ihre Behauptung zutrifft, ja.»
«Glauben Sie denn, daß das nicht der Fall ist?»
«Wir wissen doch beide zur Genüge, Sir, wie oft die Wahrheit unter derartigen emotionalen Belastungen verdreht wird. Lassen Sie mich erst einmal
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