Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
Leib!»
Wooller zitterte. «In Ordnung», winselte er und versuchte, sich aus Grahams Griff zu winden. «Okay, ich werd' nichts sagen, und ich lass' sie in Ruhe. Ich wollte ja nur ihr Freund sein, mehr wollt' ich nicht.»
Wütend über Woollers erbärmliche Lüge, hob Graham erneut die Faust, riß sich aber zusammen und ließ von seinem Vorhaben ab. Er war ohnehin schon zu weit gegangen und war sicher, daß Wooller in Zukunft keinen Ärger mehr machen würde.
* 4
Die Hintertür sprang mit einem leisen Knacken auf, und im gleichen Augenblick fühlte Trevor wieder diesen angenehmen Kitzel, der sein Blut in Wallung brachte und den Schweiß auf Stirn und Wangen prickeln ließ. Die rauhe Wolle seiner Tarnmütze kratzte an seinem Gesicht, und die Haut juckte wie verrückt. Vorsichtig pirschten sie sich ins Innere des Hauses, aber alles blieb dunkel und still, wie erwartet. Die schmalen Lichtstreifen ihrer Taschenlampen streiften das zum Spülen aufgetürmte Geschirr, einen Tisch, auf dem dunkle Gegenstände verstreut lagen, eine aufgeschlagene Zeitung mit einem halbgelösten Kreuzworträtsel. Sie waren wieder in einer Küche gelandet, allerdings schien diese weitaus weniger sauber und aufgeräumt zu sein als die, in der sie ein paar Tage zuvor gestanden hatten.
Auch das Wohnzimmer erwies sich als recht chaotisch. Die Sonntagszeitung lag in Einzelblättern auf dem Teppich verstreut, und auf dem Kaminsims machte Trevors Peilstrahl eine halbvolle Kaffeetasse aus.
Die Frau, die hier wohnte, mußte nach Lennys Angaben eine Menge kostbaren Schmuck haben, der sich leicht in London absetzen ließ. Eingedenk dieses Tips ließen sie das Wohnzimmer außer acht und begaben sich direkt zur Treppe nach oben, den Lichtstrahl der Taschenlampen sorgsam auf die Stufen gerichtet. Der erste Raum war leer bis auf ein schmales Bett - offensichtlich handelte es sich um ein Gästezimmer und die beiden anderen Räume waren ähnlich asketisch eingerichtet. Es hatte etwas Beklemmendes, als ob diese Frau einmal eine Familie gehabt hätte, die fortgegangen war und das Haus nackt und leer hinterlassen hatte. Und nach dem Eindruck von den unteren Räumen her zu urteilen, gab sie sich offenbar nicht mehr viel Mühe mit dem Rest; trotzdem war sie angeblich ziemlich wohlhabend.
Nach zwei weiteren Fehlstarts ins Badezimmer und in einen begehbaren Kleiderschrank stießen sie schließlich auf einen Raum, der nach dem eigentlichen Schlafzimmer aussah. Zuerst konnten sie nichts Bestimmtes ausmachen, aber als sie den Lichtstrahl ihrer Taschenlampen etwas weiter schweifen ließen, entdeckten sie ein breites Himmelbett, das mitten im Zimmer stand. Mick pflanzte sich auf eine Ecke der breiten Matratze und hüpfte ein paarmal auf und ab, bevor er zu dem Ergebnis kam, daß das Bett zu durchgelegen war. Dann machten sie sich auf die Suche nach dem Schmuck.
Wieder gab es eine ganze Kollektion von Kleidungsstücken zu durchforsten, in diesem Fall allesamt für eine Frau, wobei Trevor feststellte, daß die Wäsche dieser Dame bei weitem exotischer war. Er fand Büstenhalter, die so tief ausgeschnitten waren, daß sie praktisch aus einem Nichts bestanden; allerknappste, durchsichtige Slips; einen Spitzenstrumpfgürtel mit Rosenmuster; Strumpfhosen mit dunklen Zierborten am Oberteil und kurze, spitzenbesetzte Nachthemden. Alles war frisch gewaschen und strömte einen leicht exotischen Duft aus. Jasmin vermutlich, dachte Trevor. Seine Mutter hatte einmal vor Jahren einen Jasmintee gekauft; die Erinnerung an diesen Geruch ließ ihn plötzlich an sie zurückdenken. Ihm fiel wieder ein, daß niemand diesen Tee gemocht hatte, aber seine Mutter hatte nur gelacht und sich mokiert über den Mangel an Neugier und Abenteuergeist ihrer beiden Männer.
Der Schmuck fand sich in einer lackierten Schatulle mit chinesischen Landschaftsmalereien. Sie war verschlossen, ließ sich aber ohne Mühe aufbrechen. Nachdem sie den Inhalt in ihre Taschen gesteckt hatten, stöberten sie noch ein wenig herum und suchten nach Bargeld, allerdings ohne Erfolg, was Trevor ärgerte, denn mit Bargeld war er weniger angewiesen auf Lennys windige Tauschgeschäfte.
Sie machten sich wieder auf den Weg ins Erdgeschoß und wollten eben in die Diele einbiegen, um ihren Rückzug anzutreten, als die Eingangstür auf und zu ging, das Licht aufflammte und eine Frau sich anschickte, ihren eleganten Pelzmantel abzulegen.
Leise schlich Mick über die Treppe nach
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