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Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche

Titel: Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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hatte diesen Punkt mit einem Sternchen gekennzeichnet und in der Fußnote dazu angemerkt: «Gegenchecken bei Ramsden. Haus gehörte seinen Eltern.» Das wußte Banks bereits; innerlich pries er Hatchleys Gründlichkeit.
      Während Steadmans Karriere weiter gedieh - Publikationen, öffentliches Ansehen, Beförderungen -, wurde die Gesundheit seines Vaters immer prekärer, und als der alte Herr schließlich starb - was zwei Jahre zurücklag -, erbte sein Sohn ein ansehnliches Vermögen, machte mit seiner Frau eine ausgedehnte Europareise, absolvierte den Rest des Universitätsjahrs, kaufte das Haus in Gratly, hängte seinen Job an den Nagel und widmete sich fortan seinen privaten Interessen.
      «Was hätten Sie gemacht mit dem ganzen Geld?» erkundigte sich Banks bei seinem Sergeant, der inzwischen sein Mahl beendet hatte und sich mit den Fingernägeln die Speisereste aus den Zähnen klaubte.
      «Tja, was soll man schon damit machen?» fragte Hatchley. «Ich würde jedenfalls den Teufel tun, mir in dieser gottverlassenen Gegend ein Haus zu kaufen und in irgendwelchen Trümmern rumzukriechen.»
      «Sie halten das also für ziemlich verrückt?»
      «Naja, besonders toll isses ja wohl nicht, oder?»
      «Aber anscheinend genau das, was er wollte: finanziell unabhängig sein, um sich seinen Hobbys zu widmen.»
      Hatchley zuckte mit den Achseln, als lohne es nicht, auf eine derart törichte Bemerkung näher einzugehen. «Na ja, Sie wollten ja wissen, was ich an seiner Stelle getan hätte.»
      «Sie haben's mir aber nicht verraten.»
      Hatchley schlürfte den letzten Rest seines stark gesüßten Kaffees, der sich sirupartig auf dem Boden der Tasse abgesetzt hatte. «Schätze, ich würd mir erst mal 'n paar gute Papiere zulegen. Nichts Riskantes, nur soviel, daß ich von den Zinsen nett leben könnte. Dann würd ich mir 'n paar Tausender in die Tasche stecken und richtig toll verreisen.»
      «Und wohin?»
      «Egal. An sämtliche Fleischtöpfe der Welt.»
      Banks lächelte. «Und dann?»
      «Dann würd ich wieder zurückkommen und in aller Ruhe meine Zinsen verfressen.»
      «Und was würden Sie tun?»
      «Tun? Nichts weiter. Hier mal was und da was, vielleicht würd ich sogar nach Spanien ziehen oder nach Südfrankreich. Oder in eins dieser Steuerparadiese, wie die Bermudas.»
      «Heißt das, Sie würden Ihren Job aufgeben?»
      Hatchley warf Banks einen Blick zu, als zweifle er an dessen Verstand. «Meinen Job? Na klar! Das würde doch jeder tun.»
      «Ja, ich glaube schon», stimmte Banks zu, obwohl er keineswegs sicher war, wie er selbst sich in einem solchen Fall verhalten würde. Eine lange Reise, ja, das schon. Aber was war danach? In seinen Augen hatte Steadman genau die richtige Wahl getroffen - er hatte sich freigemacht von der eintönigen Alltagsroutine und sich konzentriert auf die eigentliche Essenz seiner Arbeit. Möglicherweise, dachte Banks, würde ich mich als eine Art Sherlock Holmes niederlassen - übrigens auch ein Mann aus den Dales wenn mir plötzlich ein Vermögen zufallen würde. Ich könnte nur die Fälle übernehmen, die mich interessieren... könnte mir eine extravagante Mütze aufsetzen ...
      «Lassen wir das», sagte er, die verführerischen Phantasiebilder verscheuchend, «eher friert die Hölle zu, bevor Leute wie Sie oder ich sich über derartige Probleme den Kopf zerbrechen müssen.»
      In seinem Büro wartete Emma Steadman, die gekommen war, um die Leiche ihres Mannes zu identifizieren und sich von diesem Eindruck offenbar noch nicht erholt hatte. Das blasse Gesicht zeigte keinerlei Ausdruck, nur die eulenhaft vergrößerten Augen hinter den dicken Brillengläsern ließen erkennen, daß sie eben noch geweint hatte. Steif und aufrecht saß sie in ihrem Stuhl, die Hände fest in ihrem Schoß zusammengepreßt.
      «Ich werde Sie nicht lange aufhalten», erklärte Banks, während er sich ihr gegenüber niederließ und seine Pfeife stopfte. «Zunächst einmal würde ich gerne erfahren, ob Ihr Mann irgendwelche Feinde hatte. Können Sie sich vielleicht vorstellen, wer ihm nach dem Leben getrachtet haben könnte?»
      «Nein», antwortete sie rasch, «nein, das kann ich nicht. Harry gehörte nicht zu den Leuten, die sich Feinde machen.»
      Banks hatte wenig Lust, auf die fehlende Logik dieser Bemerkung einzugehen; es war häufig der Fall, daß die trauernden Hinterbliebenen eines Mordopfers kein Motiv für ein Verbrechen entdecken

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