Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
sich Druck beugt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich zu irgendetwas bereit erklärt, das er nicht selbst will.«
»Vielleicht hast du Recht. Aber es ist nicht nur das. Glaube ich wenigstens. Hinter der Sache steckt etwas viel Komplexeres. Aber bitte sag jetzt nicht, dass ich immer alles verkompliziere. Das habe ich schon oft genug gehört.«
»Oh, sind wir heute empfindlich? Ich hatte nichts dergleichen im Sinn.«
»Entschuldige. Meine Nerven liegen wohl etwas blank. Aber zurück zum Einbruch. Ich lasse da was untersuchen, und wir werden wahrscheinlich heute Abend, spätestens morgen früh mehr wissen.«
»Und worum geht es?«
»Das würde ich lieber noch nicht sagen. Aber keine Sorge, ich glaube nicht, dass Osmond irgendwie in Gefahr schwebt.«
»Bist du sicher?«
»Absolut.«
»Ob du Recht hast?«
»Habe ich jemals Unrecht? Pass auf, bevor du zu viel kriegst, ich muss jetzt gehen. Ich melde mich später.«
Aber wohin er gehen musste, wusste er gar nicht genau. Für den Besuch beim Rechtsanwalt war es noch zu früh. Leicht depressiv zündete er sich eine Zigarette an und ging ans Fenster. Das Queens' Arms, das war es. Eine Pastete und ein Pint würden ihn schnell aufmuntern. Außerdem hatten er und Burgess sich unverbindlich um halb zwei dort verabredet, um ihre Ergebnisse zu vergleichen.
* II
Banks fand das Büro von Courtney, Courtney und Courtney in der Market Street, ziemlich nah beim Polizeirevier. Zu nah, um genau zu sein, denn für den Weg lohnte es sich nicht, den Walkman einzuschalten.
Die Rechtsanwaltskanzlei befand sich in einem ehemaligen Teeladen. Das neue Firmenschild prangte als Halbkreis aus goldenen Buchstaben auf dem Fenster. Banks fragte die junge Empfangsdame nach Lawrence Courtney und wurde nach einem kurzen Wortwechsel über die Gegensprechanlage in ein großes Büro geführt, das mit Gesetzestexten voll gestapelt war.
Lawrence Courtney, hinter einem riesigen Schreibtisch eingezwängt, war nicht die wohlerzogene Gestalt im dreiteiligen Anzug und mit goldener Uhrkette, Kneifer und gerümpfter Nase, die ständig einem schlechten Geruch ausgesetzt zu sein scheint, wie Banks es nach dem Telefonat erwartet hatte. Stattdessen sah er sich einem entspannten, rundlichen Mann um die fünfzig mit etwas zu langem, blondem Haar, einem breiten, rötlichen Gesicht und einer ziemlich angenehmen Ausstrahlung gegenüber. Sein Jackett hing hinter der Tür. Er trug ein weißes Hemd, eine rot-grüngestreifte Krawatte und schlichte, schwarze Hosenträger. Banks fiel auf, dass der obere Knopf des Hemdes geöffnet und die Krawatte gelockert war, genau wie seine eigene.
»Seth Cottons Testament«, sagte Banks, als er sich nach einem forschen, feuchten Händedruck hingesetzt hatte.
»Ja. Ich dachte mir, dass Sie daran interessiert sein würden«, sagte Courtney. Der Anflug eines Lächelns huschte über seine rosafarbenen, gummiartigen Lippen.
»Wann hat er es aufgesetzt?«
»Da muss ich nachschauen ... Vor ungefähr einem Jahr, glaube ich.« Courtney fand das Dokument und las das Datum ab.
»Warum ist er zu Ihnen gekommen? Ich weiß nicht, wie gut Sie ihn kannten, aber mir kam er nicht wie die Sorte Mensch vor, die etwas mit Rechtsanwälten zu tun hat.«
»Wir haben den Hauskauf durchgeführt«, sagte Courtney, »und als die Eigentumsübertragung abgeschlossen war, schlugen wir ein Testament vor. Das machen wir häufig. Dabei geht es gar nicht so sehr um Kundenfang, sondern um eine Vereinfachung der Angelegenheiten. Sehr viele Menschen sterben, ohne ein Testament zu hinterlassen, und Sie machen sich keine Vorstellungen, zu welchen Komplikationen das führt, wenn es keine engere Familie gibt. Nehmen wir zum Beispiel das Haus. Soweit ich weiß, war Mr. Cotton weder verheiratet noch lebte er in einer eheähnlichen Gemeinschaft.«
»Wie hat er auf Ihren Vorschlag reagiert?«
»Er sagte, er würde darüber nachdenken.«
»Und er hat zwei Jahre darüber nachgedacht?«
»Scheint so, ja. Entschuldigen Sie meine Frage, Chief Inspector, aber warum interessieren Sie sich so sehr für die Gründe, ein Testament zu machen? Das ist ganz normal.«
»Mich wundert der Zeitpunkt, mehr nicht. Ich habe mich nur gefragt, warum er es gerade damals gemacht hat und nicht zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt.«
»Mmmh. Das sind wohl Dinge, über die Leute wie Sie nachdenken müssen. Sind Sie überhaupt an
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