Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
eine wesentlich ernstere Frage: Hatte Seth vor einem Jahr das Gefühl gehabt, dass sein Leben in Gefahr war? Wenn das der Fall war, warum hatte es dann so lange gedauert, bis sich die Gefahr zeigte? Und war die Angst davor außerdem in der Weihnachtszeit erneut aufgeflammt?
Bevor er in sein Büro zurückkehrte, schaute er kurz in die National Westminster Bank hinein. Er hatte keinerlei Probleme, Einzelheiten über Seths finanzielle Angelegenheiten zu erfahren. Sein Sparkonto belief sich auf 2343,64 Pfund, sein Girokonto auf 421,33 Pfund.
Als er ins Revier kam, war es nach halb vier Uhr. Eine Nachricht von Vic Manson besagte, dass Fasern, die mit denen des Staubtuches übereinstimmten, auf den Tasten der Schreibmaschine gefunden worden waren. Aber, hatte Manson mit der typischen Vorsicht eines Kriminaltechnikers hinzugefügt, es gab keine Möglichkeit nachzuweisen, ob die Maschine abgewischt wurde, bevor oder nachdem der Abschiedsbrief getippt worden war. Der Druck der Finger auf die Tasten verschmiert häufig die Abdrücke.
Banks' kurzes Gespräch mit Burgess beim Mittag hatte auch nichts Neues ergeben. Dirty Dick hatte Osmond getroffen, war aber keinen Schritt weiter gekommen. Nachmittags wollte er zu Tim und Abha und war ziemlich froh, dass er Mara Delacey Banks überlassen konnte. Soweit es Burgess betraf, war die Sache so gut wie gelaufen, er wollte allerdings noch mehr Beweise, um Boyd oder Cotton mit politischem Extremismus in Verbindung zu bringen. Fast die ganze Zeit hatte er Glenys im Visier gehabt und Banks daran erinnert, dass sie heute ihren freien Abend hatte. Zum Glück war Cyril nirgends zu sehen gewesen.
Banks hinterließ Burgess eine Nachricht im Revier, in der er zusammenfasste, was Lawrence Courtney über Seths Testament berichtet hatte. Da Richmond mit anderen Dingen beschäftigt war, rief er dann Sergeant Hatchley, damit er ihn begleitete und die Ausrüstung für Fingerabdrücke mitbrachte. Er nahm die Muddy-Waters-Kassette aus seinem Walkman und eilte mit ihr und einem schnaubenden und schnaufenden Hatchley im Schlepptau hinaus zum Wagen. Es war Zeit für ein Gespräch mit Mara Delacey, sofern sie dazu bereit war.
»Was halten Sie von Superintendent Burgess?«, fragte Banks Hatchley unterwegs. Während der letzten paar Tage hatten sie kaum Gelegenheit gehabt, miteinander zu sprechen.
»Unter uns?«
»Ja.«
»Tja ...« Hatchley rieb sich das Gesicht mit einer seiner Pranken. »Am Anfang schien er ganz in Ordnung zu sein. Er hat irgendwie Feuer unter dem Hintern. Sie wissen schon, auf und davon. Aber ich hätte gedacht, dass so ein Überflieger wie er mittlerweile schon ein bisschen weiter gekommen sein müsste.«
»Wir sind alle nicht viel weiter gekommen«, sagte Banks. »Was wollen Sie? Der Mann ist schließlich auch nur aus Fleisch und Blut.«
»Das wird es wohl sein. Am Anfang macht er viel Tamtam und dann ...«
»Unterschätzen Sie ihn nicht«, sagte Banks. »Er fühlt sich hier oben einfach fehl am Platz. Es frustriert ihn allmählich, dass nicht aus jedem Winkel und Loch unserer Stadt wahnsinnige Anarchisten hervorkriechen.«
»Genau«, sagte Hatchley. »Und Sie dachten, ich wäre ein Erzkonservativer.«
»Das sind Sie auch.«
Hatchley knurrte.
»Wenn wir da sind, dann möchte ich, dass Sie einen Blick in Seths Aktenschrank in der Werkstatt werfen«, fuhr Banks fort, als er auf die Römerstraße bog. »Gucken Sie, ob Sie noch mehr Beispiele für seine Maschinenschrift finden. Außerdem möchte ich, dass Sie von jedem die Fingerabdrücke nehmen. Fragen Sie nach ihrem Einverständnis, und wenn sie sich weigern, sagen Sie ihnen, dass wir einen Gerichtsbeschluss kriegen können. Erklären Sie ihnen auch, dass alle Abdrücke vernichtet werden, sofern es zu keiner Anklage kommt.« Banks hielt inne und kratzte seine Narbe. »Ich hätte auch gerne, dass alle ein paar Zeilen auf Seths Schreibmaschine tippen, aber da müssen wir erst warten, bis sie aus dem Labor zurückkommt. Alles klar?«
»In Ordnung«, sagte Hatchley.
Zoe öffnete die Tür, sie sah müde und abgespannt aus.
»Mara ist nicht hier«, antwortete sie auf Banks Frage. Sie machte die Tür nur ein paar Zentimeter weit auf.
»Ich dachte, sie hätte ein Beruhigungsmittel bekommen.«
»Das war gestern Nacht. Sie hat lange und tief geschlafen. Sie sagte, sie würde gerne in den Laden gehen, um ein bisschen zu töpfern. Die Ärztin hat
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