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Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord

Titel: Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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sprechen lassen?«
      Die Ärztin runzelte die Stirn. Banks konnte sehen, wie hinter ihren Augen das Gehirn auf Hochtouren arbeitete. »In Ordnung«, sagte sie schließlich. »Aber gehen Sie behutsam mit ihr um. Sie ist sehr labil. Und ich bestehe darauf, dabei zu sein.«
      »Ich würde lieber allein mit ihr sprechen.« Banks hatte überhaupt keine Lust darauf, dass diese Frau das Gespräch wie ein Anwalt überwachte.
      »Das ist leider nicht möglich.«
      »Und wenn Sie sich in Rufnähe aufhalten würden? Sagen wir, am anderen Ende dieses Raumes?« Der Raum war auf jeden Fall groß genug, um Platz für mehr als ein Gespräch zu bieten.
      Die Mundwinkel der Ärztin erhoben sich zu einem leichten Lächeln. »Ein Kompromiss? Na gut. Warten Sie hier, ich hole Elizabeth. Nehmen Sie Platz.«
      Doch nach der Autofahrt war Banks zu unruhig dafür. Er ging stattdessen im Raum umher und betrachtete die Bilder, die fast alle mehr oder weniger intensive Horrorvisionen darstellten. Wahnsinnige Augen starrten durch einen Briefkastenschlitz; ein nackter Mann mit verzweifeltem Gesichtsausdruck wurde von einer Frau weggezerrt; in einem Wald sah jedes einzelne sorgfältig gemalte Blatt wie eine Nadel aus Feuer aus. Ihm lief ein Schauer über den Rücken. Die zahlreichen Stehaschenbecher im Raum veranlassten ihn dazu, sich eine Zigarette anzuzünden. Da es warm war, zog er seinen Mantel aus und legte ihn über einen Sessel.
      Ungefähr fünf Minuten später kam die Ärztin mit einer anderen Frau zurück. »Das ist Elizabeth Dale«, sagte sie und machte die beiden miteinander bekannt. Dann ging sie ans andere Ende des Raumes, setzte sich so hin, dass sie Banks im Auge behalten konnte, und tat, als würde sie ein Magazin lesen. Liz nahm den Sessel zu seiner Linken und drehte ihn so, dass sie sich bequem gegenüber sitzen konnten. Die Sessel waren gut gepolstert und besaßen stabile Armlehnen.
      »Ich habe bemerkt, dass Sie sich die Bilder angeschaut haben«, sagte Elizabeth. »Nicht übel, oder?« Sie hatte eine melodische, ja hypnotische Stimme. Banks konnte sich leicht ihre Überredungskünste vorstellen. Doch gleichzeitig hatte er das Gefühl, dass diese Stimme wahrscheinlich nach einer Weile lästig und eher weinerlich und aufdringlich als angenehm und sanft klingen würde.
      Elizabeth Dale zog ihren langen, himmelblauen Rock über den Knien glatt. Ihre schlanke Gestalt verlor sich unter einem weiten, malvenfarbenen Pullover mit zwei breiten, weißen Ringen in der Mitte. Wenn sie in Seths Alter war, dann musste sie jetzt um die vierzig sein, doch ihr ausgezehrtes, wächsernes Gesicht war faltig wie das einer wesentlich älteren Frau, und ihr schwarzes, eher kurz gehacktes als geschnittenes Haar war bereits an vielen Stellen ergraut. Es war ein Gesicht, das vom Leiden erzählte; Augen, die tief ins Innere geschaut und dort Entsetzliches gesehen hatten.
      »Sie sind sehr kraftvoll«, sagte Banks und hatte sofort das Gefühl, das seine Worte die Bilder nur äußerst dürftig beschrieben.
      »Hier sehen die Menschen solche Sachen«, sagte Elizabeth. »Wissen Sie, was dieses Haus früher einmal gewesen ist?«
      »Nein.«
      »Während der Typhusepidemie im letzten Jahrhundert war es ein Krankenhaus, ein Seuchenkrankenhaus. Ich kann jede Nacht die Patienten schreien hören.«
      »Meinen Sie, dass es hier spukt?«
      Elizabeth zuckte mit den Achseln. »Vielleicht bin ich es, die spukt. Hier werden die Leute manchmal verrückt. Sie schlagen die Fenster ein und versuchen sich mit den Glasscherben zu schneiden. Ich kann die Tyhpusopfer jede Nacht schreien hören, wenn sie innerlich verbrennen und im Schüttelkrampf ihre Knochen brechen. Ich kann die Knochen brechen hören.« Sie klatschte in die Hände. »Knack. Einfach so.«
      Dann legte sie eine Hand vor den Mund und lachte. Banks bemerkte, dass Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand vom Nikotin gelb verfärbt waren. Sie fingerte unter ihrem Pullover und zog eine Schachtel Embassy Regal und ein angelaufenes, silbernes Feuerzeug hervor. Banks nahm eine von seinen Zigaretten, und sie beugte sich vor und gab ihm Feuer. Die Flamme war groß, sodass er beim Inhalieren Benzindämpfe einatmete.
      »Wissen Sie«, fuhr Elizabeth fort, »trotz allem, den Geistern, dem Schreien, der Kälte, bin ich lieber hier, als ... als da draußen.« Sie machte eine Kopfbewegung zur Tür. »Da ist der echte Horror, Mr. Banks, da draußen.«
      »Dann kümmern

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