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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Blick auf eine nackte Nutte. Als Appetitanreger«, antwortete Banks. »Dadurch soll man Lust auf mehr kriegen. Man sitzt in einer Kabine, steckt eine Münze in den Schlitz, dann öffnet sich das Fenster und man kann das Mädchen sehen. Wenn die Uhr sozusagen abgelaufen ist, schließt sich das Fenster wieder. In Soho ist in letzter Zeit ganz schön aufgeräumt worden, aber wirklich unter Kontrolle wird man es nie kriegen.« Banks bemerkte, dass er bereits in den Tonfall und zu den Sprüchen seiner Londoner Zeit zurückgefallen war. In den beinahe drei Jahren im Norden hatte er sie zwar nie ganz aufgegeben, sie hatten sich jedoch ein ganzes Stück verändert. Aber kaum war er hier, war er wieder durch und durch ein Londoner Bulle.
      »Finden Sie das in Ordnung?«, fragte Veronica.
      »Das ist nicht die Frage. Aber ich setze mich nicht in so eine Kabine oder gehe in die Clubs, wenn Sie das meinen.«
      »Hätten Sie es denn lieber, wenn das alles ausgerottet werden würde?«
      »Es würde nur irgendwo anders wieder aus dem Boden sprießen, oder nicht? Das meinte ich damit: Man wird es nie unter Kontrolle kriegen. Jede große Stadt hat so ein Viertel: der Rotlichtdistrikt in Amsterdam, die Reeperbahn, Times Square, Tenderloin, die Yonge Street in Toronto ... Alle sind gleich, nur die jeweiligen Landesgesetze erlauben mal mehr, mal weniger. Zum Beispiel ist in Amsterdam Prostitution legal und in Teilen von Nevada gibt es sogar lizenzierte Bordelle. Was Glücksspiel angeht, gibt es Las Vegas und Atlantic City. Man kann diese Szene nicht vollständig ausrotten. Anscheinend gehört sie zur menschlichen Natur. Ich bewundere die Energie und Vitalität dieser Viertel, aber ich verachte, was den Menschen dort angetan wird. Ich gebe auch zu, dass diese Szene ihren Humor hat. In meinem Job bekommt man ab und zu die komische Seite zu sehen. Vielleicht erleichtert es die Kontrolle, dass so viel Laster auf einem so kleinen Raum konzentriert ist. Dadurch können wir alles genauer im Auge behalten. Aber aus der Welt schaffen werden wir es nie.«
      »Mein Leben kommt mir so behütet vor«, bekannte Veronica und schaute wieder aus dem Fenster. »Als Kind habe ich von solchen Dingen überhaupt nichts gewusst. Selbst später habe ich nie das Gefühl gehabt, dass sie etwas mit meinem Leben zu tun haben. Ich konnte mir nicht vorstellen, was die Menschen miteinander taten, außer ... Sie wissen schon.« Sie schüttelte den Kopf.
      »Und jetzt wissen Sie, was in der Welt vor sich geht?«
      »Nein, das glaube ich nicht. Aber nachdem Caroline mich zum Leben erweckt hatte, konnte ich wenigstens verstehen, worum sich die ganze Aufregung dreht. Kein Wunder, dass dabei jeder verrückt wird. Kennen Sie das Sonett von Shakespeare, das mit der Zeile >Den Geist versprühn in schändlicher Verschwendung< beginnt? Ich habe es nie verstanden, bis vor ein paar Jahren.«
      »Es geht doch um Lust, oder?«, sagte Banks. »>Gehabt, noch habend, Habgier mit Gewalt.<« Gott, dachte er, ich werde schon genauso wie dieser Dalgliesh, von dem Ruth Dünne gesprochen hat. Ich muss Acht geben. Er nickte Richtung Fenster. »Das passt zu dem Haufen draußen wesentlich besser als zu Ihnen.«
      Veronica lächelte. »Nein, das meinte ich nicht. Ich wusste endlich Bescheid. Ich habe sogar endlich begriffen, was Lust ist. Wissen Sie, was ich meine?«
      »Ja.« Banks zündete sich eine neue Zigarette an, Veronica hielt ihr Cointreauglas in der Hand. »Noch mal zu Carolines Kind«, sagte er.
      »Sie hat mir nie davon erzählt.«
      »Gut. Aber hat sie mal irgendwelche Bemerkungen über einen Colm gemacht?«
      »Nein. Und so einen Namen hätte ich mir sicherlich gemerkt.«
      »Sie hatte keinen Kontakt mit jemandem, den Sie nicht kannten, keine mysteriösen Briefe oder Anrufe?«
      »Das ist mir nie aufgefallen. Ich möchte nicht behaupten, dass es keine gegeben haben kann. Caroline konnte sehr verschwiegen sein. Worauf wollen Sie hinaus?«
      Banks seufzte und schwenkte den Dambruie in seinem Glas. »Weiß ich nicht. Ich dachte nur, sie könnte vielleicht Kontakt mit den Pflege- oder Adoptiveltern gehabt haben.«
      »Das wäre doch bestimmt zu schmerzhaft für sie gewesen, oder?«
      »Vielleicht. Verzeihen Sie, ich klammere mich da wohl an einen Strohhalm.« Und das tat er. Das Kind müsste jetzt ungefähr neun oder zehn Jahre alt sein. Auf jeden Fall viel zu jung, um seine Mutter zu finden und sie mit einem Küchenmesser zu

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