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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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vorstellen, warum so ein Halbstarker ein Kleid aufschnippelt und dann mit ein paar Fetzen abhaut?«
      »Was?«
      Susan erklärte, was Marcia ihr erzählt und was sie gesehen hatte.
      »Dann hat Marcia das Kleid also noch?«, meinte er.
      »Was davon übrig geblieben ist.«
      »Was hat sie damit vor?«
      »Keine Ahnung«, erwiderte Susan. Durch die Hitze und den Brandy fühlte sie sich schläfrig und wehrlos. »Ich sollte es vielleicht im Labor untersuchen lassen. Man kann nie wissen ...«
      »Was kann man nie wissen?«
      »Was man herausfinden kann.« Sie schaute hinab auf seinen Kopf. »Warum interessiert dich das so, James?«
      »Reine Neugier, mehr nicht. Ich nehme an, sie müssen einen Grund dafür gehabt haben. Vielleicht hat sich einer von ihnen geschnitten und die Stofffetzen als Verband benutzt. Noch einen Drink?«
      Susan schaute in ihr Glas. »Nein, danke, lieber nicht.« Sie spürte bereits, dass sie durch die Wärme, ihre Müdigkeit und den Alkohol mehr aus der Reserve gelockt wurde, als ihr lieb war - und auf keinen Fall wollte sie die Kontrolle verlieren.
      »Anstrengender Tag auf der Wache morgen?«
      Susan lachte. »Wer weiß?«
      »Ich hole mir noch kurz einen Drink.«
      »Gut.«
      Während er weg war, lauschte Susan der Musik. Sie hätte schwören können, an einer Stelle einen Kuckuck gehört zu haben, bezweifelte aber, dass sich ein so ernsthafter Musiker wie Beethoven zu einer solch ordinären Spielerei hätte hinreißen lassen.
      »Vielleicht war einer von ihnen ein Fetischist«, gab James zu Bedenken, nachdem er sich wieder vor ihre Füße gesetzt hatte.
      »Und steht darauf, nur bestimmte Teile von Frauenkleidern zu tragen? Sei nicht albern, James. Ich verstehe nicht, warum du noch darauf herumreiten musst. Es ist doch nichts weiter.«
      »Du wärest überrascht, mit was für Sachen sich die Leute gerne verkleiden.«
      »Wie du mit dieser Polizeiuniform damals?«
      »Das war etwas anderes. Das war nur ein Spaß.«
      »Ich wollte damit nicht andeuten, du wärst abartig oder so«, sagte Susan. »Aber hast du mir nicht gesagt, du wärst nur ein bisschen zu schüchtern, um direkt auf eine Frau zuzugehen?«
      »Ja, gut ... Das Schauspielern liegt mir wohl im Blut. Ich muss immer ein bisschen übertreiben. Vielleicht gibt es tief verwurzelte, psychische Gründe dafür. Ich weiß es nicht genau.« Er zuckte mit den Schultern.
      Susan lachte. »Du machst immer so melodramatische Sachen. Dich verkleiden, einen Sänger bei Mario organisieren - du bist ein echter Witzbold, oder?«
      »Wie gesagt«, meinte James leicht gereizt. »Ich bin nur etwas unsicher. Und das hilft.«
      »Besonders bei Frauen?«
      »Ja.«
      Kaum wurde Susan klar, was sie da gesagt hatte, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. So greifbar wie die Winternacht draußen konnte sie die Kälte spüren, die plötzlich zwischen beide fiel. James verstummte. Susan nippte an ihrem Brandy und es gefiel ihr nicht, was sie dachte: James' Schwäche für Theaterspiel und Verkleidung, das Leugnen der Jugendlichen, ins Gemeindezentrum eingebrochen zu sein, Carolines Anziehungskraft auf James, das burgunderrote Kleid. Nein, das konnte nicht sein. Unmöglich. Das war zu abwegig. Aber plötzlich umfassten ihre Gedanken zwei Fälle. Als würde man einen Wagen kurzschließen und der Motor sprang mit einem Satz an. Jetzt konnte sie sich immerhin einen guten Grund vorstellen, warum das Kleid auf diese Weise zerschnitten worden war.
      Bald spürte sie ein leichtes Kitzeln an ihrem Bein. Sie schaute hinab und sah, dass James sie ganz behutsam berührte. Sie veränderte ihre Sitzposition - nicht zu abrupt, hoffte sie - und er hörte auf.
      Die Musik kam zum Ende und Susan trank den kleinen Rest in ihrem Glas aus. »Ich gehe jetzt besser«, verkündete sie und rückte auf ihrem Sessel nach vorne.
      »Geh doch noch nicht«, bat James. »Es ist so ein schöner Abend gewesen. Ich will nicht, dass er schon zu Ende ist.«
      Susan lachte. Spürte er nicht die gleiche Beklommenheit wie sie? Vielleicht nicht. Vielleicht war es besser für sie, wenn er es nicht spürte. Sie musste sich natürlich verhalten und ihre vagen Ängste später mit etwas mehr Abstand überprüfen. Bestimmt würde sie dann entdecken, wie absurd sie waren. Zweifelsohne war durch das Bier und den Brandy die Fantasie mit ihr durchgegangen. Das Wichtigste war jetzt jedoch, sich zurückzuziehen, ohne

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