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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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sie ihn jetzt berühren würde, würde sie einen ähnlichen Schlag kriegen, wie sie ihn manchmal durch Elektrostatik erhielt.
      »Es hat mir gut gefallen«, sagte sie. »Ich finde, die Schauspieler haben ihre Sache unglaublich gut gemacht.« Sobald sie ausgesprochen hatte und noch ehe James' Augen ein wenig von ihrem Funkeln verloren hatten, wusste sie, dass sie das Falsche gesagt hatte. Und zwar nicht deshalb, weil sie seine Regiearbeit nicht erwähnt hatte, sondern weil ihre Bemerkung hoffnungslos unoriginell gewesen war. Das Problem war, dass sie abgesehen von dem, was ihr eben dieser James in der Schule versucht hatte beizubringen, keine Ahnung von Shakespeare hatte. Welch ein Armutszeugnis! Und das damals Gelernte hatte sie zudem noch vollständig vergessen. Zu Hause war sie mit der Lektüre von Was ihr wollt auch nicht weitergekommen, die schwierige Sprache machte es ihr schwer, der Handlung zu folgen. Neben James mit all seinem Wissen und seiner Begeisterung fühlte sie sich unzulänglich.
      James tätschelte ihren Arm. »Es hätte besser sein können«, erklärte er. »Besonders die Gänge im dritten Akt, in der Szene, wo ...«
      Und Susan lehnte sich erleichtert zurück und hörte zu. Er hatte letztlich keine intelligenten Bemerkungen gewollt, nur jemanden, vor dem er seine Theorien ausbreiten konnte. Diese Funktion konnte sie erfüllen, und für die nächsten zwanzig Minuten hörte sie zu und sagte ihre Meinung, wann immer er sie darum bat. Wenn er auf die technische Ebene zu sprechen kam, war es nicht allzu schwierig. Sie merkte, dass sie sich leicht an Szenen erinnern konnte, die langweilig, peinlich oder zu lang erschienen waren, und James bestätigte, dass es gute Gründe dafür gab, Dinge, die er hoffte, vor der nächsten Aufführung morgen Abend richtig zu stellen. Gelegentlich schweifte sie mit ihren Gedanken ab und musste an ihre Arbeit denken, an ihre Verhöre mit Chalmers und Morley, an das zerrissene Kleid, von dem sie Banks noch nichts erzählt hatte, und an die lästige Aufgabe, noch mehr Rowdys jagen zu müssen. Aber sie führte ihren Konzentrationsmangel auf Müdigkeit zurück. Schließlich war sie fast die ganze letzte Nacht und den ganzen Tag auf den Beinen gewesen.
      Um halb zwölf, die Gläser waren leer und es wurde nichts mehr ausgeschenkt, fragte James, ob Susan Lust auf einen Nachttrunk in seiner Wohnung hätte. Ein Drink und ein Gespräch mit einem Freund, vielleicht etwas Musik ... was sollte falsch daran sein? Sie konnte ihn nicht für immer hinhalten. Außerdem musste sie sich entspannen. Obwohl sie immer noch nervös war, wenn sie mit ihm allein war, nahm sie ihren Mantel und folgte ihm hinaus in die Nacht. Sie wollten ja nur etwas trinken; sie würde sich nicht von ihm verführen lassen.
      Sie hielten in der Gasse hinter dem Haus an, wo James seinen Wagen parkte, und traten durch die Hintertür ein. Susan machte es sich in dem Sessel am Kamin bequem, während James in der Küche die Drinks zubereitete. Bevor er sich niederließ, legte er eine CD mit Beethovens »Pastorale« auf.
      »Bei der Musik muss ich an den Frühling denken«, sagte er und setzte sich hin. »Wenn ich meine Vorhänge zuziehe und mich entspanne, kommt es mir irgendwie fast so vor, als wenn der Winter schon vorbei wäre.«
      »Bald ist es so weit«, sagte Susan. Sie spürte, wie sie sich entspannte, wie ihr warm und ihr Körper schwer wurde.
      »Wenn das Wetter besser wird, könnten wir ja vielleicht mal eine Fahrt raus in die Berge machen«, schlug James vor. »Oder wagen wir uns noch etwas weiter vor? Eine kurze Wanderung und dann eine Rast im Pub?«
      »Klingt fabelhaft«, murmelte Susan. »Ob du es glaubst oder nicht, ich habe so gut wie noch nie Zeit gehabt, die Vorzüge der Landschaft hier auszukosten.«
      »Wie sagt man so schön? >Erst die Arbeit, dann das Vergnügen ...<«
      Susan lachte. James saß neben ihren Knien auf dem Fußboden, seine Schulter lehnte gegen den Sessel, sodass er sie beim Reden anschauen konnte. Das war näher, als sie es jetzt schon gewollt hätte, dabei jedoch nicht unangenehm.
      »Und wie laufen die Geschäfte?«, fragte er. »In letzter Zeit irgendeinen großen Kriminellen geschnappt?«
      Susan schüttelte den Kopf. Dann erzählte sie ihm vom vergangenen Abend. »Also sind wir euren Einbrecher immer noch dicht auf den Fersen«, sagte sie und umschloss das große Brandyglas mit beiden Händen. »Ein komischer Haufen. Kannst du dir

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