Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn
In Ihren Augen hat Caroline Hartley also geflirtet, ist aber nie weiter gegangen?«
»Ja, wahrscheinlich hat sie die Männer so auf Distanz gehalten.« Sie schüttelte den Kopf und ihr Haar sprühte wie elektrisiert Funken. »Vielleicht war ich blind, aber ich konnte auf Teufel komm raus nicht erkennen, was sie wirklich war.«
»Was haben Sie von ihr als Schauspielerin gehalten?«
Faith fuhr mit einem Finger über den oberen Glasrand. »Sie war jung, unerfahren. Sie musste noch eine Menge lernen. Und sie hatte ja auch nur eine kleine Rolle. Die hat jetzt Maggie da drüben übernommen.« Sie deutete auf eine ernst dreinschauende junge Frau, die neben Conran saß.
»Aber sie war talentiert?«
»Kann ich das beurteilen? Vielleicht. Hören Sie ...«
»Ist an dem Tag, als Caroline getötet wurde, bei den Proben irgendetwas Merkwürdiges passiert? Erinnern Sie sich an irgendeinen Vorfall, so unbedeutend er auch damals erschienen sein mag?«
»Nein, nicht dass ich wüsste. Hören Sie, würden Sie mich für einen Moment entschuldigen? Ich muss mal zur Toilette.«
»Natürlich.«
Banks wartete ein paar Augenblicke und zog dann Teresa Pedmores Aufmerksamkeit auf sich. Ihr Haar war so dunkel, wie Faiths silbern war. Sie hatte die gesunde Gesichtsfarbe einer jungen Frau vom Land, und es hätte Banks nicht überrascht, wenn sie die Tochter eines Milchmannes aus Mortsett gewesen wäre, die jetzt in der Stadt lebte und auf dem Hauptpostamt von Eastvale arbeitete. Aber damit endete ihre Rustikalität auch schon. Die überhebliche Neigung des Kopfes beim Sprechen und ihre funkelnden, dunklen Augen hatten mit dem einfachen Landleben wenig gemein. Sie war von einer mysteriösen Aura umgeben, und Banks konnte nicht genau sagen, was die Ursache dafür war. Vielleicht hatte es etwas mit der Sparsamkeit ihrer Körpersprache und dem leicht süffisanten Ton ihrer Stimme zu tun. Dass sie ehrgeizig war, konnte er jedenfalls sofort spüren.
»Es geht um Caroline Hartley, nicht wahr?«, fragte sie, noch bevor Banks überhaupt seinen Mund aufmachen konnte. Banks bemerkte, dass sie beim Sprechen zu James Conran hinüberschaute, der sie stirnrunzelnd beobachtete.
»Ja«, antwortete Banks. »Können Sie mir etwas über sie erzählen?«
Teresa schüttelte den Kopf. Kohlrabenschwarzes Haar tanzte um ihre Schultern. »Ich kannte sie kaum. Und wenn man den Zeitungen Glauben schenkt, kannte ich sie sogar noch weniger, als ich damals dachte.«
»Ich habe gehört, Sie hatten ein Verhältnis mit Mr Conran.«
»Wer hat Ihnen das gesagt? Faith?«
Banks schüttelte den Kopf. »Faith war äußerst diskret. Stimmt es?«
»Und wenn? Wir sind beide Singles. Mit James kann man Spaß haben, wenn man ihn mal richtig kennt - konnte man jedenfalls.«
»Und hat Caroline Hartley Ihnen diesen Spaß verdorben?«
»Natürlich nicht. Wie denn auch?«
»Hat er seine Aufmerksamkeiten nicht von Ihnen auf sie verlegt?«
»Also - ich weiß nicht, wer Ihnen das alles erzählt hat, aber es ist Quatsch. Oder haben Sie sich das gerade ausgedacht? James und ich haben unser kleines Geplänkel schon vor Ewigkeiten beendet.«
»Sie waren also nicht eifersüchtig auf Caroline?«
»Überhaupt nicht.«
»Wie hat sich Caroline gegenüber den anderen Frauen der Gruppe verhalten?«
Teresa lachte und entblößte eine Reihe tadelloser weißer Zähne, die man außerhalb von Amerika selten zu sehen bekam. »Ich weiß nicht, worauf sie hinauswollen.«
»Stand sie jemandem nahe?«
»Nein. Mir kam sie immer unnahbar vor. Sie wissen schon, freundlich, aber distanziert. Gleichgültig.«
»Sie haben sie also nicht besonders gemocht.«
»Weder noch. Ich freue mich nicht darüber, dass sie ... Sie verstehen. Dies ist erst das zweite Stück, das die Gruppe spielt, nachdem James sie übernommen hat. Aber für Caroline war es das erste. Keiner von uns kannte sie besonders gut.«
»Wie hat sie die Rolle bekommen?«
Teresa hob ihre dunklen, gebogenen Augenbrauen. »Sie hat vorgesprochen, nehme ich an. Wie jeder andere auch.«
»Sie haben nicht bemerkt, dass sie tiefere Zuneigung zu einer anderen Frau im Stück entwickelt hat?«
»Wir sind nur drei. Was wollen Sie damit sagen - dass ich auch eine Lesbe bin?«
Banks rutschte auf seinem Stuhl umher. »Nein. Nein, ich würde sagen, das wäre sehr unwahrscheinlich, oder?«
Langsam entspannte sie
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