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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Andererseits musste sie zugeben, dass die Musik zur Tatzeit gelaufen war - und das war zweifelsohne sehr seltsam.
      Sie entschied sich für die blaue Baumwollbluse und den marineblauen mittellangen Rock. Bluse und Rock saßen weit genug, um ihre Taille zu verbergen, die sie für unerträglich dick hielt. Außerdem brauchte sie sich auch gar nicht zu sehr herausputzen. Mario's war zwar ein etwas gehobenes Restaurant, aber nicht wirklich vornehm.
      Je mehr sie über den Fall nachdachte, desto mehr musste sie über Veronica Shildon nachdenken. Von der Reserviertheit und Selbstsicherheit dieser Frau hatte sich Susan eingeschüchtert gefühlt. Und die mysteriöse Verwandlung von der glücklich verheirateten Frau zur Lesbe beunruhigte sie. So etwas erschien ihr einfach unmöglich.
      Ivers könnte Recht haben, wenn er Caroline Hartley die Schuld daran gab. Tief in ihrem Inneren wusste Veronica das vielleicht auch und hasste sich selbst dafür, so tief gefallen zu sein. Und nachdem sie gesehen hatte, wie Patsy Janowski das Haus verlassen hatte, und dann noch Caroline nackt erwischt hatte, war sie auf sie losgegangen. Diese Erklärung erschien ihr nicht weniger plausibel als eine andere. Sie mussten nur noch herausfinden, wie Veronica ihre blutverschmierte Kleidung entsorgt hatte. Wenn Banks sich ein wenig anstrengen und nicht immer auf dieser verdammten Musik herumreiten würde, könnte er bestimmt etwas erreichen. Ihrer Ansicht nach war Gary Hartley nicht zu einem Verbrechen fähig. Er mochte verbittert sein, aber er war viel zu schwach - ein Gefangener in der kalten, verfallenden Villa seines Vaters.
      Banks verdächtigte anscheinend alle außer Veronica Shildon; auf jeden Fall sah er sie nicht als ernsthafte Kandidatin. Vielleicht lag es daran, dass er ein Mann war, dachte Susan. Männer nahmen ihre Umgebung anders wahr; sie waren unfähig, feine Nuancen zu erkennen. Im Grunde waren sie egoistisch und sahen ihre Umgebung immer nur in Beziehung zu ihrer eigenen Person, Frauen dagegen besaßen eine vielschichtigere Wahrnehmung. Sie wusste, dass Banks klug genug war, sich nicht von seinen Gefühlen ablenken zu lassen, aber vielleicht fühlte er sich zu Veronica Shildon hingezogen. Die Spannung zwischen ihrem prüden Äußeren und ihrer inneren Leidenschaftlichkeit fand ein Mann möglicherweise sexy. Und die Tatsache, dass er keine Chance bei ihr haben konnte, verstärkte wohl nur seine Erregung und machte sie anscheinend zu einer noch größeren Herausforderung. Waren Männer nicht immer scharf auf unerreichbare Frauen?
      Blödsinn, wies sich Susan selbst zurecht. Ihre Fantasie war mit ihr durchgegangen. Zudem war es Zeit, ein bisschen Lippenstift aufzulegen.
      Als sie fertig war, betrachtete sie wieder ihren kleinen Weihnachtsbaum und die wenigen Dekorationen, die sie an Heiligabend in aller Eile aufgehängt hatte. Dadurch sah die Wohnung etwas mehr wie ein Zuhause aus. Als sie sich nun im Zimmer umschaute, konnte sie nicht recht sehen, was eigentlich fehlte. Die Tapete - rote Rosen auf einem cremefarbenen Hintergrund - war noch ganz gut; die dreiteilige Sitzgarnitur, die vor dem Gaskamin gruppiert war, wirkte zwar ein bisschen schäbig, aber trotzdem gemütlich; und das Bücherregal gab dem Ganzen einen Anstrich von Kultiviertheit. In der Ecke vor dem Fenster stand außerdem ein schöner Kiefernholztisch, an dem sie ihr Essen einnahm. Was also fehlte?
      Als sie sich erneut die Weihnachtsdekoration anschaute, wurde es ihr mit einem Schlag bewusst. Es war im Grunde einfach: Wenn sie im Laufe einer Ermittlung ganz objektiv die Wohnung eines Verdächtigen durchsucht hätte, die so ausgesehen hätte, wäre es ihr sofort aufgefallen. Aber da es sich um ihre eigene handelte, hatte sie nicht die gleiche Aufmerksamkeit an den Tag gelegt. Diese eine persönliche Note, die Weihnachtsdekoration, wies darauf hin, dass in der Wohnung nichts von ihr war - das Zimmer hatte keinerlei Persönlichkeit. Die Möbel, die Tapeten, der Teppich konnten allesamt auch jemand anderem gehören. Wo war der Krimskrams, den die Menschen über die Jahre hinweg ansammelten? Wo waren die Lieblingsbilder an den Wänden, die gerahmten Fotos von der Familie und von Freunden auf dem Kaminsims, die Nippsachen auf dem Fensterbrett? Es gab keine Bücher, nur ihre Lehrbücher, die sie im Gästezimmer aufbewahrte, das sie als Arbeitszimmer nutzte. Und wo war die Musik? Sie besaß zwar eine Stereoanlage, die ihr ihre Eltern zum einundzwanzigsten

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