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Inspector Alan Banks 06 Das verschwundene Lächeln

Titel: Inspector Alan Banks 06 Das verschwundene Lächeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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warum er gegenüber Westman und seinesgleichen eine solche Abneigung verspürte. Schließlich hatte er einiges über schwarze Magie gelesen und wusste daher, dass hinter einem Interesse an diesem Thema nicht unbedingt das Böse an sich stehen musste. Vielleicht lag es an seinem methodistischen Hintergrund. Er war schon seit Jahren nicht mehr in die Kirche gegangen, aber er wurde das sichere Gefühl nicht los, dass ein derartiges Verlangen nach gottähnlicher Macht, ob nun Mumpitz dahinter steckte oder nicht, ein Sakrileg war, das ebenso die Vernunft und den gesunden Menschenverstand verhöhnte wie Gott.
      Im Norden thronte die Kalksteinwand von Crow Scar über dem Dorf. Heute schimmerte sie in der Herbstsonne, die höher gelegenen Weiden verfärbten sich bereits hellbraun. Die Natursteinmauern, die im Zickzack durch das ganze Tal verliefen, glänzten wie durch die Erde stechende Rippen und Wirbel eines Riesen.
      Gristhorpe spazierte die belebte High Street entlang; Touristen machten Schaufensterbummel und schauten sich Wanderutensilien und heimisches Kunsthandwerk an, Wanderer saßen an den Holztischen vor dem Dog and Gun oder dem Hare and Hound, schlürften ein Pint Theakston's oder knabberten ein Sandwich. Die Verlockung war groß, sich dazuzusetzen, doch Gristhorpe beschloss zu warten und erst, wenn er wieder in Eastvale sein würde, ein spätes Mittagessen einzunehmen.
      An der Weggabelung bog er von der Straße ab und ging zum Helmthorper Revier, einem umgebauten Reihenhaus - errichtet aus dem heimischen grauen Kalkstein das mit einem Sergeant und zwei Constables besetzt war. Als Gristhorpe eintrat, saß Constable Weaver vor einer alten, manuellen Schreibmaschine und hackte auf die Tasten ein. Gristhorpe kannte ihn von dem Steadman-Fall, dem ersten Mord, den sie seit hundert Jahren in Helmthorpe gehabt hatten.
      Weaver schaute auf, errötete und kam herbei. »Ich kann mich einfach nicht an den Computer gewöhnen, Sir«, gestand er. »Ich gebe ständig die falschen Befehle ein.«
      Gristhorpe lächelte. »Wem sagen Sie das. Wenn ich mit diesen Geräten zu tun habe, komme ich mir immer wie ein kompletter Idiot vor. Aber sie haben auch ihr Gutes. Hören Sie zu, Junge, kennen Sie Melville Westman?«
      »Ja.«
      »Liegt irgendetwas gegen ihn vor? Also, ich meine keine Vorstrafen oder so, nur Gerüchte, Verdachtsmomente.«
      Weaver schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht, Sir. Ich meine, wir wissen, dass er einer von diesen schwarzen Magiern ist, aber er ist nie wirklich aufgefallen. Ich glaube ja nicht an diesen Kram - Verfluchungen und Ähnliches.«
      »Was ist mit dem Schaf?«
      »Ja, gut, wir haben ihn verdächtigt - und verdächtigen ihn eigentlich immer noch -, wir konnten jedoch nichts beweisen. Warum, Sir?«
      »Es ist vielleicht nichts, aber ich möchte, dass Sie ihn ganz diskret im Auge behalten, wenn Sie können. Und hören Sie mal hin, was so getratscht wird.«
      »Geht es um das kleine Mädchen, Sir?«
      »Ja. Aber erzählen Sie das um Gottes willen nicht überall herum.«
      Weaver sah gekränkt aus. »Natürlich nicht, Sir.«
      »Gut. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie irgendetwas Außergewöhnliches sehen oder hören. Und achten Sie darauf, dass er nicht merkt, dass Sie ihn beobachten. Der Kerl ist ein ausgekochtes Arschloch.«
      »Ja, Sir.«
      Gristhorpe ging hinaus zu seinem Wagen. Westman hatte wahrscheinlich die Wahrheit gesagt, dachte er, aber in den vergangenen Jahren hatte es so viele Enthüllungen über die Verbindungen zwischen Kindesmissbrauch und satanischen Ritualen gegeben, dass er diese Möglichkeit überprüfen musste. So etwas kann hier nicht passieren, behauptete ein jeder. Doch - es konnte passieren. Sein Magen knurrte. Jetzt war es wirklich Zeit, nach Eastvale zurückzufahren.
     
    * III
     
    Banks glaubte, dass man eine Menge über die Leute erfuhr, wenn man sich anschaute, wie sie wohnten. Unfehlbar war diese Methode natürlich nicht. Zum Beispiel konnte ein Mensch, der normalerweise auf Ordnung bedacht war, wenn er unter Druck geriet, die Dinge schleifen lassen. Aber im Großen und Ganzen war ihm seine so gewonnene Einschätzung immer hilfreich gewesen.
      Als er in dem winzigen Wohnzimmer des Apartments 6 in der Calvin Street Nr. 59 stand und versuchte, sich ein Bild von Carl Johnson zu machen, entdeckte er nur sehr wenige Anhaltspunkte. Zuerst schnupperte er die Luft: muffig, staubig, mit einem Hauch von verdorbenem Gemüse.

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