Inspector Alan Banks 07 Die letzte Rechnung
hören.«
»Was zu hören?«
»Ihre Stimmen, wenn sie sich angeschrien haben.«
»Haben Sie jemals gehört, worüber sie gestritten haben?«
»Einmal war die Tür ein bisschen offen, und da habe ich gehört, wie sein Vater einen Namen erwähnt hat; und dann hat er etwas gesagt wie: >Ich bin enttäuscht von dir<. Schande« hat er auch gesagt.«
»Was war eine Schande?«
»Keine Ahnung. Ich habe nur das Wort >Schande< gehört, mehr nicht. Ich habe gemerkt, dass Mr. Rothwell sehr wütend war, aber er klang kalt, wissen Sie.«
»Hat er gesagt, warum er enttäuscht war?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Welchen Namen hat er erwähnt?«
»Es klang wie Aston oder Afton oder so etwas.«
»Haben Sie gehört, wie Tom reagiert hat?«
»Er hat gesagt: >du bist enttäuscht von mir? Das musst du gerade sagen.<«
»Haben Sie sonst noch etwas gehört?«
»Nein.« Die Stuhlbeine kratzten über die Steinplatten, als sie aufstand. »Jetzt muss ich wirklich gehen, sonst bringt mich meine Mutter um.« Und dann eilte sie mit erstaunlicher Behändigkeit zurück hinter die Theke.
* III
»Vic Manson hat die Fingerabdrücke in Calverts Wohnung mit denen der Leiche verglichen und sie sind identisch«, berichtete Gristhorpe am Nachmittag auf dem Revier. »In der Wohnung gab es auch noch andere, größtenteils verwischte Abdrücke, sie sind aber nicht aktenkundig.«
Es war heiß. Banks stand vor dem offenen Fenster seines Büros. Gristhorpe saß mit hochgelegten Beinen am Schreibtisch.
»Also war Rothwell Calvert und Calvert Rothwell«, sagte Banks.
»Sieht ganz danach aus, ja.«
Banks lehnte sich gegen den Fensterrahmen und schüttelte den Kopf. »Ich kann es immer noch nicht glauben. Gut, wir wissen also, dass Rothwell von Natur aus verschlossen war, außerdem habgierig. Auf jeden Fall hat er dringend Geld gebraucht und ist deshalb einmal unehrlich geworden. Dieser Calvert aber schien so eine Art Playboy zu sein. Du hättest Pamela Jeffreys hören sollen. Kasino, Pferderennen, Tanzen ... verdammt noch mal. Und du hättest sie sehen sollen! Mit so einer Frau hat er Schluss gemacht.«
»Das hast du mir mindestens schon zwei- oder dreimal erzählt«, sagte Gristhorpe mit einem Lächeln. »Sie scheint dir regelrecht den Kopf verdreht zu haben.«
»Tja, auf jeden Fall hat sie ihm den Kopf verdreht«, erwiderte Banks und setzte sich Gristhorpe gegenüber. Er seufzte. »Ich schätze, wir müssen einfach die Tatsache akzeptieren, dass Rothwell ein Doppelleben geführt hat. Wie Alec Guinness in diesem Film über den Schiffskapitän.«
»Der Schlüssel zum Paradies?«
»Genau. Die Frage, die wir uns nun stellen müssen, lautet, ob und was diese Tatsache mit seiner Ermordung zu tun hat.«
»Hat seine Freundin dir so den Kopf verdreht, dass du noch nicht in Erwägung gezogen hast, sie könnte eine Rolle dabei gespielt haben?«
»Doch, der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Ich weiß nur nicht, wie. Anscheinend hat Roth ... Calvert vor fünf oder sechs Monaten eine andere Frau kennen gelernt. Pamela Jeffreys hatte den Eindruck, dass er verliebt war. Diese Frau müssen wir finden, aber noch hat sie sich nicht gerührt.«
»Eifersucht kann immer ein Mordmotiv sein.«
»Glaube ich nicht. Möglich ist es natürlich. Vielleicht hat Mary Rothwell von seinem Doppelleben erfahren und einen Mörder engagiert.«
»Ich dachte eher an diese Pamela Jeffreys.«
»Die könnte sich das nicht leisten. Sie ist Klassikmusikerin. Außerdem kam sie mir nicht wie der eifersüchtige Typ vor. Sie hat gesagt, es hätte ihr einfach Spaß gemacht, mit Calvert zusammen zu sein. Das war nie eine feste Beziehung.«
»Sie könnte lügen.«
»Könnte sie.«
»Und vergiss nicht die mögliche Verbindung zum Pornogeschäft. Vielleicht hat sich Rothwell mit schönen Frauen umgeben, unter einer anderen Identität, wer weiß?«
Banks konnte das nicht glauben, aber er hatte keine Lust, Gristhorpe zu widersprechen. »Auf jeden Fall muss ich noch einmal mit ihr reden«, sagte er.
»Du Armer.«
»Was hatte das Betrugsdezernat zu berichten?«
Gristhorpe kratzte seine Hakennase. »Das ist ein komischer Haufen«, sagte er. »Ich war fast den ganzen Vormittag bei Inspector Macmillan. Er war mal im Bankfach. Ein langweiliger; kleiner Kerl, aber du hättest sehen sollen, wie seine Augen gefunkelt haben, als er von den
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