Inspector Alan Banks 07 Die letzte Rechnung
Gericht gelegen, aber hinter Westgate versteckt, war der Park Square einer der letzten Überreste des eleganten Leeds des späten achtzehnten Jahrhunderts. Anders als die meisten vornehmen Plätze im Westend hatte er unbeschadet Benjamin Gotts Bean-IngFabrik überstanden, eine gewaltige, mit Dampfmaschinen betriebene Spinnerei, die buchstäblich die Mittelklasse ausgeräuchert und in aller Eile nach Norden in die frischere Luft von Headingley, Chapel Allerton und Roundhay vertrieben hatte, weit weg von all dem Ruß und Rauch, der von den vorherrschenden Westwinden über die Stadt getragen wurde.
Banks blickte auf die Reihe hübsch restaurierter zweiund dreistöckiger georgianischer Häuser aus roten Backsteinen und gelben Sandsteinen mit schwarzen Eisenzäunen, Queen-Anne-Fenstergiebeln und klassizistischen Eingängen mit Säulen und Kapitellen. Sehr beeindruckend, dachte er, als er das richtige Haus fand. Wie erwartet, war dies genau der Ort, an dem neben der Tür eine Reihe polierter Messingschilder angebracht war, und auf einem von ihnen stand »Daniel Clegg, Rechtsanwalt«.
Im Foyer wies eine Liste an der Wand darauf hin, dass sich das von ihm gesuchte Büro in der ersten Etage befand. Er ging hinauf, las den Namen auf der Milchglastür, klopfte und trat ein.
Er fand sich in einem Vorzimmer wieder, das leicht nach Farbe roch und in dem eine Frau hinter einem Schreibtisch saß und durch einen Stapel Briefe blätterte. Als er hereinkam, bemerkte er für einen kurzen Moment einen ängstlichen Ausdruck in ihren Augen, der schnell in einen argwöhnischen überging. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie in einem Ton, als hätte sie das eigentlich gar nicht im Sinn.
Sie war ungefähr dreißig Jahre alt, schätzte Banks, und hatte lockiges braunes Haar, ein schmales Gesicht mit olivfarbener Haut und einer ziemlich langen Nase. Ihre blassgrünen Augen waren an den Rändern gerötet. Über ihrer weißen Bluse trug sie trotz der Hitze eine weite beige Strickjacke. Banks stellte sich vor und zeigte ihr seinen Dienstausweis. »Ich würde gerne mit Mr. Clegg sprechen«, sagte er. »Ist er in seinem Büro?«
»Er ist nicht hier.«
»Wissen Sie, wann er zurück sein wird?«
»Nein.«
»Wissen Sie, wo er ist?«
»Nein.«
»Wie heißen Sie?«
»Elizabeth. Elizabeth Moorhead. Ich bin Mr. Cleggs Sekretärin. Alle nennen mich Betty.« Sie zog ein zerknülltes Papiertaschentuch aus dem Ärmel ihrer Strickjacke und putzte sich die Nase. »Eine Erkältung«, sagte sie. »Ich habe mich erkältet. Im Mai. Können Sie sich das vorstellen? Ich hasse Sommererkältungen.«
»Ich würde gerne mit Mr. Clegg sprechen, Betty«, sagte Banks erneut. »Gibt es da ein Problem?«
»Ich glaube, ja.«
»Kann ich helfen?«
Sie wich ein Stück zurück, als wüsste sie immer noch nicht, ob sie ihm trauen konnte. »Was wollen Sie von ihm?«
Banks zögerte einen Moment, dann erzählte er es ihr. So würde er wenigstens ihre Reaktion beobachten können. »Ich möchte ihm ein paar Fragen über Keith Rothwell stellen.«
Ihre Stirn legte sich in Falten. »Mr. Rothwell. Ja, natürlich. Der arme Mann. Er und Mr. Clegg hatten hin und wieder geschäftlich miteinander zu tun. Ich habe über ihn in der Zeitung gelesen. Schrecklich, was passiert ist.«
»Kannten Sie ihn gut?«
»Mr. Rothwell? Nein, eigentlich nicht. Aber er ist ab und zu hier gewesen. Ich kannte ihn vom Sehen und vom GutenTag-Sagen.«
»Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
»Erst letzte Woche. Dienstag oder Mittwoch, glaube ich. Er stand genau da, wo Sie jetzt stehen. Ist das nicht furchtbar?«
Banks stimmte ihr zu. »Können Sie versuchen, sich zu erinnern, welcher Tag es war? Es könnte wichtig sein.«
Sie murmelte etwas über Termine und blätterte durch ein schweres Buch auf ihrem Schreibtisch. »Es war der Mittwoch«, sagte sie schließlich, »und er kam kurz bevor ich um fünf Uhr Feierabend gemacht habe. Mr. Rothwell hatte keinen Termin, aber ich erinnere mich daran, weil Mr. Hoskins, ein Mandant, gerade gegangen war. Mr. Rothwell musste ein paar Augenblicke hier draußen warten, und wir unterhielten uns darüber, wie schön die Gartenanlagen zu dieser Jahreszeit sind.«
»Sie haben sich nur darüber unterhalten?«
»Ja.«
»Und dann?«
»Dann kam Mr. Clegg heraus und sie gingen weg.«
»Wissen Sie wohin?«
»Nein, aber ich glaube, sie sind
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