Inspector Alan Banks 07 Die letzte Rechnung
sprach mit Susan Gay. Nichts Neues, außer dass sie bedrückt klang.
Nach einer erfrischenden Dusche, die viel besser war als das lauwarme Rinnsal zu Hause, schenkte er sich einen kleinen Scotch ein, und während er sich abtrocknete und anzog, stellte er den Fernseher an. Er erwischte das Ende der Weltnachrichten und hörte, dass die Unruhen auf St. Corona von Martin Churchills Streitkräften prompt und brutal niedergeschlagen worden waren. Und dem Mann wollte Burgess eine Ruhestandsvilla in Cornwall geben?
Den lokalen Nachrichten danach schenkte er nur noch wenig Aufmerksamkeit, aber dann sah er auf dem Bildschirm ein Haus, das er wiedererkannte, und hörte den Reporter sagen: »... als sie heute ohne sich krank zu melden nicht zu den Proben erschienen war. Die Polizei ist immer noch vor Ort, bisher wurde jeder Kommentar abgelehnt...«
Es war Pamela Jeffreys Haus, zwei Streifenwagen und ein Krankenwagen standen davor. Fassungslos setzte sich Banks auf die Bettkante und stürzte seinen Scotch herunter. Dann holte er seine Jacke aus dem Schrank und verließ das Zimmer so schnell, dass er vergaß, den Fernseher auszuschalten.
* ZEHN
* I
Es war schwer vorstellbar, dass an einem so herrlichen Frühlingsabend etwas Schreckliches passiert sein könnte, doch der Betrieb vor dem kleinen Reihenhaus in Armley deutete darauf hin, dass das Böse keine Rücksicht auf das Wetter nahm.
Drei Streifenwagen parkten quer vor dem Haus. Vor dem weißen Absperrband stritten sich Reporter mit den Schutzpolizisten herum; einer der Beamten notierte sich Banks Namen und Dienstgrad, bevor er ihn durchließ. Die Nachbarn standen vor ihren Türen oder neben den Ligusterhecken und starrten mit verschränkten Armen und grimmigen Gesichtern schweigend herüber, und auch die Leute in ihren Schrebergärten hielten in ihrer Arbeit inne und beobachteten das Spektakel. Zudem hatte sich auf den Stufen des Sikh-Tempels die Straße hinunter eine kleine, glotzende Menge versammelt.
Banks stand auf der Türschwelle des Wohnzimmers. Was auch immer hier passiert war, es war äußerst brutal gewesen. Der gläserne Couchtisch war in zwei Teile zerbrochen worden; die Sitzgarnitur war aufgeschlitzt und das Polstermaterial herausgerissen worden; über den ganzen Teppich verstreut lagen zerrissene Bücher, deren Seiten nur noch Konfetti waren; die Glastüren der Hausbar waren eingeschlagen und die Kristallgläser lagen in glitzernden Scherben davor; der Notenständer war umgekippt, die zersplitterten Einzelteile und der zerbrochene Bogen von Pamelas Bratsche lagen daneben; selbst der Druck von Ganesha war aus dem Rahmen genommen und zerrissen worden. Am schlimmsten aber war der große, dunkle Fleck auf dem cremefarbenen Teppich: Blut.
Einer der Beamten machte einen rassistischen Witz über Ganesha, und die anderen lachten. Der Elefantengott, so erinnerte sich Banks, sollte eigentlich der Gott der guten Anfänge sein. Oben pfiff jemand »Lara's Theme« aus Doktor Schiwago.
»Wer zum Teufel sind Sie denn?«
Banks drehte sich um und sah den Zivilbeamten aus den Trümmern der Küche kommen.
»Presse?«, fuhr er fort, bevor Banks antworten konnte. »Sie haben hier drinnen nichts zu suchen. Das sollten Sie auch wissen, verflucht nochmal. Raus hier; aber schnell!« Er packte Banks' Arm und lotste ihn in Richtung Tür. »Was hat sich dieser verdammte Constable nur dabei gedacht, Sie hier reinzulassen? Zu nichts nütze, dieser Idiot. Ich werde mir seine verfickten Eier als Dekoration an den Weihnachtsbaum hängen.«
»Einen Augenblick mal.« Endlich schaffte es Banks, zu Wort zu kommen und sich aus dem Griff des Mannes zu befreien. Als er seinen Dienstausweis zeigte, beruhigte sich der Beamte.
»Oh, tut mir Leid, Sir«, sagte er. »Detective Sergeant Waltham. Konnte ich ja nicht wissen.« Dann runzelte er die Stirn. »Was hat denn die Polizei aus North Yorkshire mit dieser Sache zu tun, wenn ich fragen darf?«
Er war etwa Anfang dreißig, hatte ein paar Pfund Übergewicht, kupferrotes Haar und war ungefähr zehn Zentimeter größer als Banks. Er hatte ein vorstehendes Kinn, eine rötliche Gesichtsfarbe und neugierige, katzengrüne Augen. Er trug einen dunkelbraunen Anzug, ein weißes Hemd und eine schlichte grüne Krawatte. Hinter ihm stand ein verlottert aussehender Jugendlicher in einer Lederjacke. Wahrscheinlich sein Constable, vermutete Banks.
»Eins nach dem anderen«, sagte Banks. »Was
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