Inspector Alan Banks 07 Die letzte Rechnung
sind der erste Mensch, der es erfahren hat.« Er stand auf. »Aber jetzt muss ich wirklich gehen.«
»Gut. Wir melden uns dann wegen des Zeichners.«
»In Ordnung. Und ...«
»Ja?«
»Danke«, sagte er, drehte sich dann abrupt um und eilte davon.
Susan beobachtete, wie er mit den Händen in den Taschen und hängenden Schultern den Weg hinabging. Sie schenkte sich noch eine Tasse des schon etwas bitter gewordenen Tees ein und schaute auf den Fluss. Ein wunderschönes Insekt mit schillernden Flügeln schwebte ein paar Zentimeter über dem Wasser. Plötzlich schoss ein Buchfink aus einem der Bäume und schnappte sich das Insekt mit dem Schnabel. Susan ließ den lauwarmen Tee stehen und ging los, um Sergeant Hatchley zu treffen. Die Pornojagd wartete.
* III
Nachdem Banks im Hotelpool geschwommen war, einen langen Saunagang gemacht hatte und auf seinem Zimmer drei Tassen frisch gebrühten Kaffee sowie einen Teller Eier mit Speck verspeist hatte, fühlte er sich bedeutend besser.
Während er ein paar Telefonate führte, versuchte er sich zu erinnern, was ihm seit den frühen Morgenstunden keine Ruhe gelassen hatte, irgendetwas, das er tun sollte, aber er kam einfach nicht darauf. Ungefähr zur gleichen Zeit, als Susan Gay mit Tom Rothwell sprach, machte er sich auf zu seinem ersten Termin, einem Treffen mit Melissa Clegg.
Der Regen war größtenteils von der Morgensonne getrocknet worden, die Straßendecken hatten den Rest der Feuchtigkeit aufgesogen und besaßen nun die Farbe von Sandstein; nur hier und dort fingen kleine Pfützen das Sonnenlicht ein. Wenn der Wind die Oberfläche ihres Wassers kräuselte, tanzte ein goldenes Licht darin.
Es war nicht mehr so warm wie in den vergangenen Tagen, bemerkte Banks, der seine zerrissene Jacke im Hotel gelassen hatte. Oben herum trug er nur ein hellblaues Hemd, dessen oberen Knopf er offen ließ. Sein Notizbuch, seine Brieftasche, Schlüssel und Zigaretten führte er in seiner Tasche mit sich.
Ein kühler Wind pfiff durch die Straßen, am nördlichen Horizont hinter der Stadthalle ballten sich nun eine Menge dunkler, dichter Wolken. Es sah so aus, als würde der Region ein »unbeständiges« Wetter bevorstehen, wie es die Meteorologen nannten: sonnig mit bewölkten Abschnitten oder bewölkt mit sonnigen Abschnitten.
Er hätte auch seinen Wagen nehmen können, um zu der Verabredung zu fahren, doch das Einbahnstraßensystem war ein Albtraum. Außerdem war das Stadtzentrum nicht besonders groß, und die frische Luft würde dazu beitragen, den Kater zu vertreiben, der seinen Kopf noch immer vernebelte.
Seitdem Banks in Yorkshire lebte, war ihm Leeds ein wenig ans Herz gewachsen. Trotz der neuen »Leedslook«-Architektur aus rotem Backstein und königsblauem Ornament, die überall aus dem Boden spross, und trotz der modernen Einkaufszentren und den Yuppiesiedlungen unten am Aire, hatte die Stadt sich einen leicht schäbigen Charme bewahrt, der ihm gefiel. Leeds war von Natur aus verkommen; selbst kostümiert würde die Stadt nie »gepflegt« aussehen, egal, wie viel Geld man hineinsteckte. Und dann gab es hier natürlich die Opera North.
Um den City Square und den Ort des gestrigen Debakels zu umgehen, nahm er die King Street, ging am erst kürzlich renovierten Metropole Hotel vorbei, einem Mauerwerk aus rotem Backstein und gelbem Sandstein, und entlang der East Parade durch das Geschäftsviertel der Banken und Versicherungsgebäude in ihrer ganzen durcheinander gewürfelten Pracht. Viktorianische Gotik stand hier neben georgianischer Klassik und Beton- und Glasfassaden der sechziger Jahre. Wie in den meisten Städten musste man weit nach oben schauen, um die interessanten Details im oberen Bereich der Gebäude zu entdecken: Giebel, in denen Tauben nisteten, Wasserspeier, Balkone, Säulen.
Als er die Headrow entlangging, vorbei am Stumps und der Kunstgalerie, spürte er wieder einen stechenden Schmerz in seinem Knie, mit dem er am vergangenen Abend wahrscheinlich einen Wangenknochen angeschlagen oder einen Kiefer gebrochen hatte.
Er erreichte das Merrion-Center ein paar Minuten zu früh. Melissa Clegg hatte ihm am Telefon gesagt, dass sie an diesem Tag sehr viel zu tun hatte. Sie würde eine Reihe wichtiger Lieferungen erwarten und habe Termine mit ihren Großhändlern, könnte ihm jedoch eine halbe Stunde widmen. In der zweiten Etage, die Treppen über dem Eingang der Disco Le Phonographique hinauf, gäbe
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