Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
zurückgekommen?«
»Das weiß ich nicht recht; ich weiß nur, dass hier alles begonnen hat.«
»Ja«, sagte Rebecca. »Ich erinnere mich.« Sie erschauderte leicht und fasste an den Ausschnitt ihres Kleides. »Und ich möchte mich entschuldigen.«
»Wofür?«
»Für das letzte Mal, als wir uns trafen. Im Queen's Arms. Ich weiß noch, dass ich sehr unhöflich zu Ihnen war. Das scheint zu einer schlechten Angewohnheit von mir geworden zu sein.«
»Machen Sie sich keine Gedanken«, sagte Banks. »In meinem Beruf gewöhnt man sich daran.«
»Aber das müssen Sie nicht. Ich meine, ich hätte mich nicht so benehmen dürfen.« Sie stellte ihren Becher auf den Tisch. »Ich bin normalerweise nicht so unhöflich. Ich ... Hören Sie, ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich Ihnen das erzähle, aber Ihr Besuch wühlt alles wieder auf.«
»Wühlt was auf? Dass Sie die Leiche gefunden haben?«
»Ja, das auf jeden Fall. Aber es war insgesamt eine furchtbare Zeit für mich. Die Anzeige gegen Daniel und der ganze Trubel, der dadurch entstanden ist.« Sie holte tief Luft. »Sie wissen nämlich nicht einmal die Hälfte von dem, was passiert ist, Chief Inspector. Woher sollten Sie auch? Es war für Ihre Ermittlungen nicht wichtig, aber ungefähr drei Monate vor dieser Sache mit Jelacic habe ich ein Baby verloren, und der Arzt hat mir gesagt, es wäre gefährlich für mich, wenn ich noch einmal schwanger werden würde. Daniel und ich haben das ziemlich verdrängt und uns dadurch immer weiter voneinander entfernt. Wir hatten uns gerade vorsichtig über eine Adoption erkundigt, als Jelacic seine Anschuldigungen aufwarf. Da fiel natürlich alles ins Wasser. Es wurde noch schlimmer, als es schon war. Ich habe mich leider immer mehr zurückgezogen und Daniel die Schuld gegeben. Es hat sogar eine Zeit gegeben, wo ich glaubte, die Anschuldigungen wären gerechtfertigt. Nachdem ich das Baby verloren hatte, hatten wir nicht mehr viel ... nun, Sie wissen schon ... und ich dachte, er hätte das Interesse an mir verloren. Es war leichter, das damit zu erklären, dass er anscheinend tatsächlich Interesse an Männern hatte. Was soll ich sagen? Ich begann, zu viel zu trinken. Und dann kam Patrick.« Sie lachte nervös. »Ich weiß nicht, aus welchem Grund ich Ihnen das alles erzähle; außer dass Sie sozusagen Zeuge des Schlussaktes waren.«
Banks lächelte. »Sie wären überrascht, was uns die Leute alles erzählen, Mrs Charters. Jedenfalls hoffe ich, dass sich seitdem alles zum Guten gewendet hat.«
Sie strahlte. »Ja. Ja, das hat es. Die Beziehung zwischen Daniel und mir ist stärker denn je. Es gibt immer noch ... nun, ein paar Probleme ... aber wenigstens halten wir jetzt zusammen.«
»Wie entwickelt sich die Sache mit Jelacic?«
»Sie zieht sich dahin. Wir haben jetzt seit über einem Monat nichts mehr gehört, aber ich glaube, er hat einen Anwalt für Menschenrechte eingeschaltet.«
»Und das Trinken?«
»Seit sechs Monaten habe ich keinen Tropfen getrunken.«
»Patrick Metcalfe?«
»Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit Sie hier waren und er dieses Theater veranstaltet hat.«
»Er hat Sie seitdem überhaupt nicht mehr belästigt?«
Sie lächelte. »Nein. Ich glaube, ihm ist ziemlich schnell klar geworden, dass er sich nur etwas vorgemacht hat. Und ich glaube, dass Ihr Interesse an ihm ihn auch auf Abstand gehalten hat. Ich sollte Ihnen dafür danken. Aber Sie verdächtigen ihn doch nicht mehr, oder?«
»Er ist noch nicht aus dem Schneider«, erwiderte Banks. »Aber deshalb bin ich nicht gekommen. Eigentlich hoffte ich, mir noch einmal die Gegend anschauen zu können, wo die Leiche gefunden wurde.«
»Aber dafür müssen Sie mich doch nicht um Erlaubnis bitten, oder?«
»Nein, aber es ist eine Frage der Höflichkeit. Und Sie kennen die Gegend besser als ich. Würden Sie mich begleiten?«
»Sicher.«
Um Deborahs Schritte zurückzuverfolgen, gingen sie zuerst vom Pfarrhaus über den Pfad am Fluss zur KendalRoad-Brücke, von der ausgetretene Steinstufen auf den Gehweg führten. Es war erneut ein herrlicher Tag und auf der anderen Straßenseite im St.-Mary's-Park lagen Liebespaare umschlungen, saßen Studenten lesend im Schatten der Bäume und spielten Kinder mit Bällen und Frisbeescheiben.
»Hier wird sie den Friedhof betreten haben«, sagte Rebecca und hielt die Holzpforte für Banks auf. Es war eine Pforte mit einem
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