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Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel

Titel: Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Sex in seiner harten Variante, wobei die Partnerinnen nicht jung genug sein konnten. Michelle kam in dem Text eher als Opfer denn als bereitwillige Liebhaberin weg. Was nach Owens Vermutung wohl die Absicht gewesen war.
      Dazu war ein altes, leicht unscharfes Foto der beiden sowie der Teil eines Briefes abgedruckt worden, den Owen einmal an Michelle geschrieben hatte, als er bei einer Konferenz gewesen war. Der Brief war völlig harmlos, er hatte damals nur geschrieben, dass er es nicht abwarten könnte, sie wiederzusehen, aber in diesem Zusammenhang hatte er natürlich eine weitaus bedenklichere Wirkung.
      Er erinnerte sich an den Tag, an dem das Foto aufgenommen worden war. Kurz nachdem Michelle bei ihm eingezogen war, hatten sie ein paar Tage Urlaub in Dorset gemacht und verschiedene Orte besucht, die mit Thomas Hardys Romanen verbunden waren. Auf dem kleinen Friedhof in Stinsford, wo Hardys Herz begraben war, hatten sie einen amerikanischen Touristen gebeten, sie mit Owens Kamera zu fotografieren. Das Foto war leicht unscharf geworden, weil der Tourist mit der manuellen Schärfeeinstellung nicht richtig umgehen konnte.
      Das Foto und die Reproduktion seines handgeschriebenen Briefes in einer Sonntagsgazette zu sehen, ärgerte Owen irgendwie noch mehr als die versteckten Andeutungen in dem Artikel. Offensichtlich hatte Michelle dem Reporter beides gegeben. Das war eine Verletzung und ein noch größerer Verrat als das, was sie über ihn erzählt hatte. Allmählich begann er sich zu wünschen, er hätte Michelle tatsächlich umgebracht.
      Der ganze Artikel schrie natürlich nach seiner Schuld und beklagte einen Justizirrtum, obwohl der Autor das nie so deutlich ausdrückte. Vor allem warf er einfach Fragen auf. Owen überlegte, ob er ihn wegen Verleumdung verklagen sollte. Aber diese Zeitungsredakteure waren raffiniert; bevor sie etwas in Druck gaben, sicherten sie sich nach allen Seiten ab. Eine Zeitung konnte sich ein ganzes Anwaltsteam leisten und hatte genug Geld, um langwierige Prozesse zu finanzieren. Trotzdem sollte er darüber nachdenken.
      Die Kirchenbank vor Owen knarrte und holte ihn in die Gegenwart zurück. Er merkte, dass er schwitzte, wirklich schwitzte, zudem wurde ihm schwindelig und etwas übel. Eigentlich war es doch in Kirchen nicht derartig heiß. Er hoffte, dass es nicht mehr lange dauern würde, und er hoffte besonders, dass Daniel nicht über ihn sprechen würde.
      Sie sangen ein Lied, das er einmal bei einer Trauung gehört hatte, dann wurden weitere Texte vorgelesen und Gebete gesprochen. Der Gottesdienst schien nicht enden zu wollen. Mittlerweile musste Owen auch auf die Toilette und rutschte unruhig auf seinem Platz umher.
      Einer der Vorlesenden erwähnte, »sich im Spiegel nicht sehen zu können«, und Owen brauchte einige Augenblicke, bis ihm aufging, dass dies eine anscheinend gebilligte, moderne Version von »jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse« war, was seiner Meinung nach ziemlich gut sein Leben beschrieb. Wie konnten sie, fragte sich der Lehrer in ihm, eine der klangvollsten Zeilen der Bibel zerstören, selbst wenn die Leute Probleme hatten, ihre Bedeutung zu verstehen? Seit wann war denn Religion eindeutig, logisch und wörtlich zu nehmen?
      Schließlich war der Gottesdienst vorbei. Die Leute standen auf, unterhielten sich und schlenderten zu den Türen. Viele warfen ihm im Vorbeigehen einen kurzen Blick zu. Ein oder zwei brachten ein knappes, zuckendes Lächeln zustande. Manche wandten sich betont ab und andere tuschelten miteinander.
      Owen wartete, bis die meisten Leute gegangen waren. Da nun die Türen offen waren und die Kirche fast leer war, war es etwas kühler geworden. Er musste immer noch zur Toilette, aber nicht mehr so dringend. Das konnte warten, bis er im Pfarrhaus war. Denn im Pfarrhaus war er zum Tee eingeladen. Er konnte es kaum glauben.
      Als nur noch ein paar Nachzügler übrig geblieben waren, stand Owen auf und ging zur Tür. Dort unterhielten sich Daniel und Rebecca mit einer Frau aus der Gemeinde. Rebecca legte eine Hand auf seinen Arm, damit er nicht sofort hinausging, und lächelte. Daniel schüttelte seine Hand und stellte ihn der alten Dame vor. Sie schaute hinab auf ihre Sommerschuhe, murmelte einen Abschiedsgruß und trippelte davon. Offensichtlich würde es noch eine Weile dauern.
      »Tja«, sagte Daniel, holte ein Taschentuch hervor und rieb sich über seine feuchte Stirn. »Wir

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