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Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel

Titel: Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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müssen wohl dankbar sein, dass Sir Geoffrey und seine Frau nicht hier waren.«
      Daran hatte Owen gar nicht gedacht. Wenn er auch nur die Möglichkeit in Betracht gezogen hätte, auf Deborah Harrisons Eltern zu treffen, hätte er einen weiten Bogen um die Kirche gemacht.
      Daniel erahnte anscheinend Owens Gedanken, denn er legte eine Hand auf seine Schulter. »Entschuldigen Sie«, sagte er. »Das war unsensibel von mir. Aber sie haben sonst immer am Gottesdienst teilgenommen. Na, kommen Sie, gehen wir.«
      Owen ging mit Daniel und Rebecca nach draußen, dankbar, wieder an der frischen Luft zu sein, und froh, zu wissen, dass er nicht völlig allein in der Welt war. Dann sah er von der Pforte an der North Market Street vier Polizisten den asphaltierten Weg heraneilen. Er wollte weglaufen, aber genau wie Daniel und Rebecca blieb er einfach wie angewurzelt stehen.
     
    * III
     
    »So sieht man sich wieder«, sagte Banks später an diesem Sonntag in einem Verhörzimmer des Eastvaler Polizeireviers. »Nett von Ihnen, uns bei unseren Ermittlungen zu unterstützen.«
      Pierce zuckte mit den Achseln. »Mir blieb wohl keine andere Wahl. Nur um das klarzustellen: Ich bin auch dieses Mal unschuldig. Aber das scheint Sie nicht zu interessieren, oder? Sie glauben nur, was Sie hören wollen. Beim letzten Mal war es jedenfalls so.«
      Durch das vergitterte, schmutzige Fenster schien nur sehr wenig Licht, und die nackte Birne, die an der Decke hing, hatte nur dreißig Watt. Sie waren zu dritt in dem Zimmer: Banks, Susan Gay und Owen Pierce.
      Ein seiner gesellschaftlichen Pflichten bewusstes Mitglied der Gemeinde von St. Mary's hatte auf der Heimfahrt vom Gottesdienst in den Nachrichten vom Mord an Ellen Gilchrist gehört und unverzüglich über sein Autotelefon die Polizei darüber informiert, dass der Gesuchte an diesem Morgen in der Kirche gewesen war und immer noch dort sein könnte, wenn sie sich beeilten. Das hatten sie getan. Und er war noch dort gewesen.
      In der Ferne konnte Banks die Menge hören, die vor dem Revier Sprechchöre und Parolen rief. Die Leute wollten Pierce' Blut. Das Gerücht war durchgesickert, dass er wegen des Mordes an Ellen Gilchrist zum Verhör abgeholt worden war, und die Öffentlichkeit war sehr schnell dabei, wenn es darum ging, eins und eins zusammenzuzählen. Und dabei kam sie immer auf das Ergebnis, das sie wollte.
      Kurz nachdem die Beamten Pierce auf dem Revier abgeliefert hatten, waren die Leute angekommen, und seitdem war die Menge immer größer geworden. Und bedrohlicher. Banks fürchtete, dass sie auf Lynchjustiz aus waren und Pierce in Stücke reißen würden, wenn er einen Fuß vor die Tür setzte. Sie würden ihn dabehalten müssen, und wenn nur zu seiner eigenen Sicherheit.
      Auf seinem weißen T-Shirt waren bereits ein paar Blutflecken verteilt, laut der zuständigen Beamten eine Folge davon, dass er »Widerstand gegen die Staatsgewalt« geleistet habe. Über seinem rechten Auge begann sich zudem ein blauer Fleck auszubilden.
      Banks schaltete den Kassettenrecorder ein, gab die Formalitäten an sowie die Details zur Verhörzeit und der Anwesenden.
      »Sie haben mich geschlagen«, sagte Pierce, sobald das Band lief. »Die Polizisten, die mich hergebracht haben. Kaum waren sie im Wagen allein mit mir, haben sie mich geschlagen. Sie sehen ja das Blut auf meinem T-Shirt.«
      »Möchten Sie Beschwerde einlegen?«
      »Nein. Was würde das bringen? Ich möchte nur, dass Sie es wissen. Ich möchte, dass es im Bericht festgehalten wird.«
      »Na schön. Gestern Abend, Owen, gegen elf Uhr, wo waren Sie da?«
      »Ich habe zu Hause ferngesehen.«
      »Was haben Sie gesehen?«
      »Einen alten Film auf BBC.«
      »Welchen Film?«
      »Educating Rita.«
      »Wann fing er an?«
      »So um halb elf.«
      »Bis?«
      »Keine Ahnung. Ich war müde und bin eingeschlafen, bevor er zu Ende war.«
      »Machen Sie das immer so? Eine Sendung nicht bis zum Ende anzuschauen?«
      »Wenn ich müde bin. Ich bin auf dem Sofa eingeschlafen, direkt vor dem Fernseher. Als ich aufgewacht bin, war nur noch Schnee auf dem Bildschirm.«
      »Auf die Uhr haben Sie nicht geschaut?«
      »Nein. Warum auch? Ich hatte nichts vor. Aber es muss nach zwei gewesen sein. Das BBC-Programm endet normalerweise um zwei Uhr.«
      Seine Stimme klang tonlos, bemerkte Banks; er antwortete automatisch, beinahe so, als würde ihn nicht interessieren, was passiert war.

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