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Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel

Titel: Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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sagen?«
      Der Blick des Engels war immer noch starr gen Himmel gerichtet. Sein Gesichtsausdruck kam Rebecca streng vor; sie erklärte sich das jedoch mit einem Lichtreflex.
      »Werde ich jetzt zu einer Zynikerin?«, fragte sie. »Nachdem ich Owen so viel Vertrauen geschenkt habe und er sich am Ende doch als Mörder erweist?«
      Wieder bekam sie keine Antwort, doch sie hörte ein Geräusch, das tief aus dem Gehölz kam. Das Gebiet hinter dem Inchcliffe-Mausoleum war der am dichtesten bewachsene Teil des ganzen Friedhofs, der Wald reichte bis zur Mauer an der Kendal Road. Dort standen die ältesten Eiben, und das Gebüsch war an manchen Stellen so dicht, dass man kaum hindurchgehen konnte. Wenn es dort Gräber gab, dann hatte sie seit langem niemand mehr besucht.
      Es muss irgendein kleines Tier gewesen sein, dachte Rebecca. Doch dann fiel ihr ein, wie sie der Polizei und dem Gericht erzählt hatte, dass der Schrei, den sie an jenem Novemberabend gehört hatte, wahrscheinlich von einem Tier gestammt hatte. Wenn sie aber ehrlich war, dann wusste sie, dass es nicht stimmen konnte. Sie hatte einfach nicht eingestehen wollen - sei es sich selbst oder jemand anderem -, dass der Schrei, den sie gehört hatte, der letzte Hilferuf eines Mädchens gewesen war, das ermordet wurde. Auch dieses Geräusch war zu laut für einen Hund, eine Katze oder einen Vogel. Und Pferde oder Schafe gab es auf dem Friedhof nicht.
      Sie ging einen Schritt um das Mausoleum herum, und während sie das tat, wurde ihr bewusst, dass sie genau an dieser Stelle die Leiche von Deborah Harrison gefunden hatte. »Ist da jemand?«, rief sie.
      Keine Antwort.
      Dann hörte sie ein weiteres Rascheln, dieses Mal war es näher an der Mauer der North Market Street.
      Rebecca drehte sich um und ging in das Dickicht des Unterholzes, das ihr bis zu den Oberschenkeln reichte. Beim Gehen brannten Brennnesseln an ihren Beinen. »Ist da jemand?«, rief sie erneut.
      Wieder keine Antwort.
      Sie hielt inne und lauschte einen Augenblick. Sie konnte nur ihr Herz schlagen hören.
      Durch die Bäume, links von ihr, sah sie plötzlich eine dunkle Gestalt loslaufen. Es sah aus wie ein in Braun und Grün gekleideter Mann, aber genau konnte sie es nicht erkennen, weil die Farben sich mit dem Hintergrund vermischten. Doch wer auch immer es war, er konnte nicht über die hohe Mauer gelangen, bevor sie ihn eingeholt hatte. Er hatte nur noch die Möglichkeit, an der Mauer entlang zur Pforte an der North Market Street zu laufen. Wenn sie sich beeilte, konnte sie vielleicht einen flüchtigen Blick auf ihn erhaschen, bevor er verschwand.
      Sie drehte sich um und wollte am Inchcliffe-Mausoleum vorbei zurück auf den Kiespfad. Jetzt befand er sich rechts von ihr. Sie konnte ihn zur Pforte laufen hören.
      Ehe sie das Gehölz verlassen konnte, blieb sie irgendwo mit ihrem Knöchel hängen, fiel hin und kratzte ihre Knie und Hände an Dornen auf. Es dauerte nur ein paar Sekunden, doch als sie wieder auf den Beinen war und über den Kiespfad vom Mausoleum weg auf den Hauptweg lief, sah sie nur noch, wie die Holzpforte zuschlug. Sie blieb stehen und verfluchte, wer auch immer es war. Als sie hinabschaute, sah sie das Blut auf ihren Händen.
     
    * III
     
    Anstatt ins Queen's Arms zu gehen, bekanntermaßen das Stammlokal der Eastvaler Kriminalpolizei, dirigierte Banks Stott über den Skinner's Yard in eine der gewundenen Seitengassen der King Street ins Duck and Drake. In den gepflasterten Gassen reihten sich Antikläden, Buchantiquariate und Spezialitätengeschäfte aneinander, die alle Giebelfenster und knarrende Parkettböden hatten.
      Das Duck and Drake war ein kleiner Pub, in dem Bier der Sam-Smith-Brauerei ausgeschenkt wurde; er hatte eine dunkle Fassade, verzierte Rauchglasfenster und ein paar schäbige Blumenkörbe über der Tür. Innen war der Eingang zur Kneipe so niedrig, dass Banks immer das Gefühl hatte, er müsste unter einem besonders weit hinabhängenden Felsvorsprung der Ingleborough-Höhle hindurchkrabbeln.
      Auch die Kneipe war winzig; über die Decke verliefen dunkle Holzbalken und an den weiß getünchten Wänden hingen Jagdbilder und Messingornamente. Sie waren die einzigen Gäste. Als sich Banks mit seinem Pint Old Brewery Bitter und einem Schinken-Käse-Sandwich Stott gegenübersetzte, knarrte die Holzbank. Stott hatte nichts gewollt, nicht einmal ein Glas Wasser.
      »Was ist los, Barry?«, fragte Banks und biss in sein

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