Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
weiter gegen die Wand.
Banks zündete sich eine Zigarette an. »Ja, stimmt. Was meinen Sie, Susan?«
»Ob er es getan hat oder nicht«, sagte Susan mit zusammengebissenen Zähnen, »ich finde, der Scheißkerl sollte an seinen Eiern über den Balkon gehängt werden.«
* FÜNF
* I
Es war schon nach sechs und Daniel war immer noch nicht zurück. Rebecca lief nervös im Haus auf und ab. Sie könnte mit der Zubereitung des Abendessens beginnen. Dabei würde sie vielleicht auf andere Gedanken kommen. Wäre das alles vor ein paar Tagen passiert, wäre sie hinausgegangen, um den Engel zu besuchen, und hätte angesichts seines in Marmor gemeißelten, gen Himmel gerichteten Blickes ihren Ängsten und Gefühlen freien Lauf gelassen. Aber nach dem, was sie dort gesehen hatte, war ihr das Inchcliffe-Mausoleum verleidet worden.
Sie zog ihre gestreifte Metzgerschürze an - ein Geburtstagsgeschenk von Daniel, als er noch seinen Sinn für Humor hatte - und suchte im Kühlschrank nach den Resten des Sonntagsbratens. Sie würde Auflauf mit Hackfleisch und Kartoffeln machen. Im Kühlschrank lag eine Flasche weißer Sauvignon von Marks and Sparks. Nach kurzem Zögern öffnete Rebecca die Flasche und schenkte sich ein großzügiges Glas ein, bevor sie sich daranmachte, das restliche Fleisch durch den Wolf zu drehen.
Sie war bei ihrem zweiten Glas und hatte gerade die Kartoffeln aufgesetzt, als sie hörte, wie die Tür aufging. Daniel. Ihre Knie wurden weich. Plötzlich konnte sie ihm nicht gegenübertreten, wusste nicht mehr, was sie sagen sollte. Er rief ihren Namen, und sie brachte es nur mit Mühe fertig, ihm zu sagen, dass sie in der Küche war. Schnell kippte sie den Rest des Weines herunter und schenkte sich ein weiteres Glas ein. Ihre Hand zitterte dabei so sehr, dass sie ein paar Tropfen auf dem Tisch verschüttete. Manchmal konnte man einfach nicht schnell genug betrunken werden.
»Was ist mit dem Wohnzimmerfenster passiert?«, fragte Daniel, als er in die Küche kam.
Rebecca starrte in den Topf mit den Kartoffeln und wartete ungeduldig darauf, dass das Wasser kochte. »Irgendjemand hat einen Ziegelstein hereingeschmissen«, antwortete sie. Von dem Zettel sagte sie nichts.
»Wo war die Polizei?«
»Beim Inchcliffe-Mausoleum.«
»Das ist ja fabelhaft. Hier wimmelt es von Polizisten und trotzdem ist so etwas möglich!« Daniel lehnte sich mit den Oberschenkeln gegen den stabilen Holztisch.
»Daniel, ein junges Mädchen ist ermordet worden. Und ich habe sie gefunden.«
Daniel rieb seine Stirn. »Ich weiß. Tut mir Leid. Ich bin nicht ganz da. Das war ein schlimmer Tag.«
»Wie war das Treffen?«
»Wenigstens haben sie sich dazu durchgerungen, mich im Moment nicht rauszuschmeißen«, erwiderte Daniel. Während des letzten Monats hatte sich ein nervöses Zucken neben seinem linken Auge herausgebildet. Jetzt zuckte es wieder. »Aber der Bischof ist sehr bedrückt wegen des Mordes, besonders, weil er auf dem Grund und Boden der Kirche passiert ist. Das ist ein weiterer Nagel für meinen Sarg. Schlimmer kann es kaum noch werden.«
»Fordere das Schicksal nicht heraus.«
»Schicksal? Ha! Ich weiß nicht, ob ich noch an das Schicksal glaube. Oder überhaupt an irgendetwas. Ich habe Hunger.« Er ging zum Kühlschrank, fand etwas alten Cheddar und schnitt sich ein Stück ab. »Und du?«
Rebecca schüttelte den Kopf. So wie sich ihr Magen anfühlte, glaubte sie nicht, jemals wieder etwas essen zu können. Die Kartoffeln begannen zu kochen. Sie drehte die Wärme herunter und wischte ihre Hände an der Schürze ab. Die Anspannung hatte derart zugenommen, dass sie sich wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch vorkam. Sie konnte es nicht mehr länger ertragen.
»Daniel?« Sie drehte sich um und sah ihn an.
»Was?«
»Ich ... ich ... Heute bin ...«
Die Türklingel schellte.
»Verdammt!« Rebecca knallte ihre Faust auf den Tisch. »Wer kann das sein?«
»Ich schaue nach.« Daniel ging an die Tür.
Rebecca umklammerte die Tischkante. Sie hatte das Gefühl, der Raum würde sich drehen, und diesmal lag es nicht am Alkohol.
»Becky!« Der besorgte Ton in seiner Stimme holte sie wieder zurück. »Stimmt was nicht?«
Sie schloss ihre Augen und schüttelte den Kopf. Es ging schon wieder. »Mir geht es gut. Entschuldige. Mir ist nur etwas schummerig geworden, das ist alles.« Als sie die Augen öffnete, sah sie Daniel
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