Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe
hätten es wahrscheinlich nicht besonders lustig gefunden, wenn sie gewusst hätten, dass ihr Lieferant ein faschistisches Arschloch war, der sie am liebsten alle nach Hause schicken wollte, damit sie in der Sonne verrotten. Doch Mark kam mit den Schwarzen gut zurecht und sie schienen ihn zu akzeptieren. Und er war kein Mitglied der Liga.«
Banks nickte. »Okay. Das macht Sinn.«
Sie sahen einen Imbiss-Stand an der Straßenecke, und da beide am Abend noch nichts zu sich genommen hatten, kauften sie sich jeder eine Tüte Pommes frites mit Mayonnaise, die Banks daheim in Eastvale niemals gegessen hätte. Doch hier schmeckten sie wunderbar.
»Aber wie hat Jason das alles mit seinen politischen Überzeugungen in Einklang gebracht?«, fragte Banks, als sie weitergingen. »Sie sagten, er wäre engagiert und ernsthaft bei der Sache gewesen.«
»Er hat es nicht in Einklang gebracht. Das ist genau der Punkt. Ich komme gleich darauf. Sie müssen wissen, dass Neonazis im Allgemeinen nicht nur Rassisten sind, sie sind auch gegen Drogen und schwulenfeindlich.«
»Obwohl viele aus Hitlers Haufen Homosexuelle oder Junkies waren?«
Craig lachte. »Von diesen Scheißkerlen kann man keine Logik oder Konsequenz erwarten. Aber das muss man Nev lassen. Er kann die Vergewaltigung und Ermordung alter Damen hinstellen wie etwas Gutes, das man für die Sache tut. Ein echter Politiker. Ungefähr eine Woche später, als Mark seine Aufgabe erledigt hatte, hatte er ein weiteres Treffen nur mit mir und Jason, bei dem er uns von einer Idee erzählt hat, die ihm gekommen war, nachdem er durch Amerika gereist war und dort mit Kampfgenossen gesprochen hatte. Seine Idee war, dass man durch eine regelmäßige und billige Versorgung mit Heroin das Geflecht der schwarzen Gemeinde schwächen und zerstören könnte, damit sie noch ärmer und verwundbarer sind, wenn der große Tag kommt, bla-bla-bla. Das ist seine Version der mit Pocken verseuchten Decken, die die Weißen den Indianern gegeben haben. Oder, aktueller, die Finanzierung des Crackhandels in South-Central Los Angeles durch die CIA, von der neulich die Zeitungen berichtet haben. Damit werden die Schwarzen zudem zu Mittätern an ihrer eigenen Vernichtung gemacht. Dieser Art von Ironie kann Nev nicht widerstehen. Und nebenbei macht er damit auch noch einen ordentlichen Gewinn. Besser könnte es nicht laufen.«
»Jason ist auf diesen Schwachsinn reingefallen?«
Craig kickte eine leere Zigarettenschachtel durch die Straße. »Nicht ganz. Das ist der entscheidende Punkt. Motcombe brauchte einen von uns, jemanden innerhalb der Liga, der Mark im Auge behält und aufpasst, dass alles wie geschmiert läuft. Er vertraute Mark nicht voll. Da Jason Marks Partner war, schien er die logische Wahl zu sein. Aber Jason fand die Idee nicht gut. Jason war nicht an Profit interessiert; er wäre für seine Ideale gestorben. Nev hatte den Idealismus seiner rechten Hand total unterschätzt. Jason hatte für diesen ganzen Schwachsinn über die Schwächung der schwarzen Gemeinde von innen nichts übrig. Er hat den Plan sofort durchschaut - ein Unternehmen zu Nevs persönlicher Bereicherung. Das hat er Nev auch vorgehalten, zwischen den beiden braute sich ein regelrechter Machtkampf zusammen. Sie stritten. Jason sagte, er wüsste, dass die Organisation Geld brauchte, aber diese Sache würde nicht funktionieren. Er war der Meinung, dass es keine Möglichkeit gab, die Drogenverkäufe auf die Schwarzen zu beschränken, dass die Drogen sich auch unter den Weißen verbreiten und deren Kräfte genauso schwächen würden. Er sagte, Drogen wären ein moralisches Übel und ein reiner Arier würde nichts mit ihnen zu tun haben. Er meinte außerdem, dass Heroin die Immigranten nicht zur Rückkehr in ihre Heimat bewegen würde, was ja der Hintergrund des ganzen Unternehmens sein sollte, und dass sie sich lieber darauf konzentrieren sollten, den Scheißkerlen das Leben unbehaglich und unangenehm zu machen, anstatt sie mit Opiaten zu versorgen.«
»Beeindruckend«, sagte Banks. »Aber Motcombe muss doch vermutet haben, dass er so reagieren würde, oder? Warum hat er Jason überhaupt davon erzählt?«
»Ich glaube, Nev hat mit dieser heftigen Reaktion von Jason wirklich nicht gerechnet. Außerdem wäre es ziemlich schwer gewesen, eine solche Sache vor ihm geheim zu halten. Auf seine selbstverliebte Weise hielt Nev seine rhetorischen Fähigkeiten für unschlagbar; er dachte, es wäre das
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