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Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe

Titel: Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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weitermachen. Verdammt, wir sind beide noch jung. Zu jung, um uns mit einem faulen Kompromiss zufrieden zu geben.«
      Banks nippte an seinem Laphroaig, aber der konnte die eisige Hand nicht wärmen, die jetzt über seinen Rücken kroch. »Wann willst du gehen?«, fragte er mit eigenartig flacher Stimme.
      Sandra wich seinem Blick aus. »So bald wie möglich. Morgen.«
      Banks seufzte. In der Stille hörte er die Klappe des Briefkastens auf- und zugehen. Merkwürdig, um diese Zeit. Aber es war eine gute Entschuldigung, um für einen Augenblick das Zimmer zu verlassen, bevor er selbst anfing zu heulen oder Dinge sagte, die er später bereuen würde. Also ging er nachschauen, was es war. Auf der Fußmatte lag ein Umschlag, auf dessen Vorderseite sein Name getippt war. Er machte die Tür auf, doch es war still draußen auf der Straße, niemand war zu sehen.
      Er öffnete den Umschlag. Er enthielt ein Flugticket vom Flughafen Leeds and Bradford nach Amsterdam Schiphol für den nächsten Vormittag, eine Reservierung für ein Hotel in der Keizersgracht sowie ein einzelnes Blatt Papier, auf dem folgende Worte getippt waren: »JASON FOX: PSSST.«
     
     

* ACHT
     
    * I
     
    Die niederländische Küste kam in Sicht: erst die hellbraunen Sandbänke, auf die das graue Meer in einer langen weißen Linie klatschte, dann die Deiche, die das gewonnene Land markierten und es vor dem Wasserpegel schützten.
      Banks schaltete seinen Walkman mitten in »Stop breaking down« aus. Wenn er flog, was selten vorkam, hörte er immer laute Musik. Es war das Einzige, was er über dem Brummen der Maschinen hören konnte. Und Exile on Main Street hatte er schon so lange nicht mehr gehört, dass er ganz vergessen hatte, wie gut die Platte war. Außerdem hatte der raue Rhythm and Blues der Rolling Stones den zusätzlichen Vorteil, die deprimierenden Gedanken zu verdrängen.
      Über dem Mosaik der grünen und braunen Felder flog das Flugzeug eine Kurve und verlor an Höhe, und bald konnte Banks auf den langen, geraden Straßen Autos erkennen und Hausdächer in der Mittagssonne glitzern sehen. Das Wetter war an diesem Herbsttag in den Niederlanden genauso herrlich, wie es in Yorkshire gewesen war.
      Banks rieb sich die Augen. Er hatte eine schlaflose Nacht in Brians Zimmer verbracht, weil Sandra der Meinung gewesen war, dass alles nur schwieriger werden würde, wenn sie in einem Bett schliefen. Er wusste, dass sie Recht hatte, aber es wurmte ihn dennoch. Es ging nicht einmal um Sex. Irgendwie war es einfach ungerecht, dass man, wenn einem der Verlust eines Menschen drohte, den man zwanzig Jahre lang geliebt hatte, nicht einmal mehr eine letzte Nacht in Zuneigung und Gesellschaft verbringen durfte, an die man sich erinnern konnte. Das löste die gleiche Trauer aus wie all die Dinge, die ungesagt geblieben waren, wenn jemand starb.
      Auch wenn Sandra sagte, sie habe sich schon lange mit dem Problem auseinander gesetzt - für Banks war ihre Entscheidung ein Schock gewesen. Vielleicht bewies das nur ihr Argument, er habe sich zu wenig um sie gekümmert, habe sich von der Beziehung entfernt, doch irgendwie konnten ihre Worte den Schlag nicht dämpfen. Jetzt fühlte er sich vor allem betäubt, wie eine erbärmliche Gestalt, die schwerelos durch den Raum trieb.
      Wenn er an Sandra dachte, dachte er vor allem an ihre frühe Zeit in London, wo sie vor ihrer Hochzeit ungefähr zwei Jahre lang zusammengelebt hatten. Es waren die siebziger Jahre gewesen. Banks hatte gerade sein Diplom gemacht und spielte bereits mit dem Gedanken, zur Polizei zu gehen, und Sandra nahm Kurse für Sekretärinnen. Jeden Sonntag, wenn er nicht arbeiten musste, waren sie lange durch die Stadt und die Parkanlagen spazieren gegangen, wobei Sandra ihre Fotografie erprobte und Banks seinen Polizistenblick für verdächtige Charaktere entwickelte. In seiner Erinnerung war es bei diesen Spaziergängen irgendwie immer Herbst gewesen: sonnig, aber kühl, mit dem Rascheln des Laubes unter den Sohlen. Und wenn sie zurück in die winzige Wohnung in Notting Hill gekommen waren, hatten sie Musik gehört, gelacht, geredet, Wein getrunken und sich geliebt.
      Dann kam die Ehe, Kinder, finanzielle Verpflichtungen und ein Beruf, der immer mehr von Banks' Zeit und Energie in Anspruch nahm. Die meisten seiner Freunde bei der Polizei waren vor dem Ende der Siebziger geschieden, und alle fragten sich verwundert und voll Neid, wie er und Sandra es schafften,

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