Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe
Susan, die spürte, wie sich ihr Pulsschlag beschleunigte. »Liegt sie vor Ihnen? Die Liste?«
»Ja.«
»Machen wir mal einen Versuch. Könnten Sie einen Namen überprüfen?«
»Natürlich.«
»Versuchen Sie Wood. Mark Wood.«
Es war den Versuch wert. In der folgenden Stille konnte Susan ihr Herz schneller schlagen hören. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, als Manson schließlich sagte: »Ja. Ja, es gibt einen Mark Wood. Ich habe hier natürlich nicht alle Einzelheiten, aber West Yorkshire hat wahrscheinlich eine Akte über ihn.«
»West Yorkshire?«
»Ja. Da wohnt er. In der Gegend von Castleford. Wenn er noch die gleiche Adresse hat.«
»Sie haben die Adresse?«
»Ja.« Er las sie ihr vor.
»Und lassen Sie mich raten«, sagte Susan. »Er wurde als Fußballhooligan verurteilt oder wegen irgendeiner Sache mit rassistischem Hintergrund?«
»Äh, nein, eigentlich nicht«, sagte Manson.
»Was dann?«
»Drogen.«
»Drogen?«, wiederholte Susan. »Interessant. Vielen Dank, Vic.«
»Keine Ursache. Und sagen Sie Alan, dass ich angerufen habe, ja?«
Susan lächelte. »Mache ich.«
Vic Manson hatte zwar gesagt, dass der Beweis vor Gericht nicht bestehen würde, aber das interessierte Susan im Moment nicht. Die Verbindung zwischen dem partiellen Fingerabdruck und Jason Fox' Webdesign-Geschäftspartner war einfach zu stark, um Zufall zu sein.
Anfänglich hatte Susan gedacht, der andere junge Mann müsste vor dem Angriff weggelaufen sein oder Jason allein gelassen haben. Jetzt ergab sich allerdings ein völlig neues Bild. Vielleicht konnten sie Mark Wood nicht aufgrund des Fingerabdruckes überführen, aber sie konnten nun versuchen, ein Geständnis oder zwingendere Beweise zu erhalten. Vor allem sollten die Leute im Jubilee ihn eigentlich identifizieren können.
Aber zuerst, dachte Susan, während sie nach ihrer Jacke und ihrem Handy griff, musste sie ihn finden. Bereits jetzt bebte sie vor Aufregung, spürte den Kitzel der Jagd, und sie dachte gar nicht daran, in Eastvale zu bleiben, während Sergeant Hatchley seinen Spaß hatte und den ganzen Ruhm einheimste.
* III
Mit noch feuchtem Haar trat Banks hinaus in die Wärme des späten Nachmittags. Sandra war nicht zu Hause gewesen, als er angerufen hatte; sie hatte ihre Meinung also nicht geändert. Obwohl er im Grunde nichts anderes erwartet hatte, war er ungeheuer enttäuscht gewesen, als er seine eigene Stimme auf dem Anrufbeantworter gehört hatte.
Doch nachdem er ungefähr eine Stunde lang über den Walkman Blasquintette von Mozart gehört und danach eine lange, heiße Dusche genommen hatte, begann er schon optimistischer zu werden als noch im Flugzeug. Sandra würde schließlich zurückkehren. Sie würde ein paar Tage bei ihren Eltern verbringen, um über den Krach hinwegzukommen, und dann würde sich bald wieder alles zwischen ihnen normalisieren. Na ja, fast. Sie mussten viel miteinander reden und eine Menge klären, aber sie würden es schaffen. Sie hatten es immer geschafft.
Als er auf die Keizersgracht ging, hatte er immer noch dieses Gefühl der Distanz, das er schon bei der Ankunft gespürt hatte. Als wären die Grachten, die Fahrräder, die Hausboote, als wäre die gesamte Umgebung irgendwie nicht ganz real, nicht mit seinem Leben verbunden. Könnte es sein, dass er eine Art Parallelleben führte, fragte er sich, dass zur gleichen Zeit zu Hause in Eastvale ein anderes Leben ablief, in welchem er mit Sandra über die Zukunft sprach?
Oder machte er gerade eine Zeitreise? Würde er, nachdem er das Gefühl hatte, ein Jahr weg gewesen zu sein, plötzlich nur Sekunden nach seiner Abreise nach Eastvale zurückkehren? Oder, schlimmer, würde er wieder mitten in diesem schrecklichen Gespräch des vergangenen Abends landen, wenige Augenblicke bevor der geheimnisvolle Umschlag eintraf?
Während er die Fassaden der alten Gebäude entlang der Gracht bewunderte, versuchte er das Gefühl abzuschütteln. Am Steinkai waren Reihen von Fahrrädern ^abgestellt und ganz in der Nähe waren Hausboote vertäut. Das musste ein interessantes Leben sein, dachte Banks, auf dem Wasser zu wohnen. Vielleicht sollte er es ausprobieren. Er war jetzt wieder sein eigener Herr, er konnte tun, was immer er wollte, und leben, wo es ihm gefiel. Natürlich nur, solange er eine Einkommensquelle hatte. Aber es gab ja noch Europol oder Interpol.
Die Sonne war hinter einem
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