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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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hatte den Schalk in den Augen und einen kleinen Clark-Gable-Schnurrbart. Ich begutachtete Charlie, der an diesem Abend wohl mein Begleiter sein sollte, und ich muss zugeben, dass mir der Anblick durchaus gefiel. Er war ungefähr genauso alt wie Brad, hatte intelligente Augen, wenn auch einen kleinen Dackelblick, und ein ziemlich blasses, schmales Gesicht. Seine Nase war zu groß, und mittendrauf blühte ein Pickel, aber meine war auch nicht besonders sehenswert. Außerdem machte er einen zurückhaltenden, ernsthaften Eindruck. Im Großen und Ganzen war er in Ordnung. Für ein Gläschen wenigstens.
      Wir gingen zum Black Swan hinüber. Die Dorfwiese war verlassen, das Eis knirschte unter unseren Füßen. An den Zweigen und Ästen der Kastanien hingen Eiszapfen, die Rinde war mit Reif überzogen. Wenn es nicht so kalt gewesen wäre, hätte ich mir vorstellen können, es seien Blüten im Mai. Hinter uns ging das beleuchtete Schild des Ly-ceums aus. Trotz der Verdunkelung durften Kinos, Geschäfte und wenige andere Einrichtungen für gewisse Zeit Licht brennen lassen, solange der Fliegeralarm nicht losging. St. Jude vor uns war teilweise beleuchtet und daneben stand der Black Swan mit seiner vertrauten Fachwerkfassade und dem durchhängenden Dach. Wir konnten von innen Gelächter und Gespräche hören, obwohl die Sprossenfenster von den schweren Verdunkelungsvorhängen verdeckt wurden.
      Es war voll im Pub, wir hatten Glück, einen Tisch zu ergattern. Brad holte an der Theke die Getränke, während wir unsere Mäntel ablegten. Im Kamin brannte nur ein schwaches Feuer, doch wurde der Raum durch die Menschen ausreichend erwärmt. Brad und Charlie waren nicht die einzigen Amerikaner im Black Swan; es hatte den Anschein, als sei er ein bei den Leuten von Rowan Woods sehr beliebter Pub, sogar ein paar GIs aus der Kaserne in der Nähe von Otley waren da. Sie waren laut und gestikulierten viel herum; auch schienen sie sich auf freundschaftliche Art oft zu schubsen und zu stoßen, wie es Kinder tun.
      Brad kam mit sechs Gläsern auf einem Tablett zurück. Ich fragte mich, wer sich noch zu uns setzen würde. Gloria und ich tranken beide Gin, doch als Brad und Charlie nach den Biergläsern griffen und die kleinen Whiskys hineinschütteten, wurde unsere unausgesprochene Frage beantwortet. Eine weitere amerikanische Eigenart.
      Wir stießen miteinander an und tranken, dann machte Brad wieder die Sache mit den Zigaretten und Charlie tat es ihm für mich nach.
      »Was macht ihr hier?«, fragte Gloria.
      »Ich bin Pilot«, antwortete Brad. »Und Charlie ist mein Navigator.«
      »Ein Pilot! Wie aufregend. Woher kommst du?«
      »Aus Kalifornien.«
      Gloria klatschte in die Hände. »Hollywood!«
      »Nein, nicht ganz. Aus einem kleinen Ort, der Pasadena heißt. Habt ihr wahrscheinlich noch nicht gehört.«
      »Aber Hollywood musst du doch kennen!«
      Brad lächelte und entblößte strahlend weiße Zähne. In Amerika musste es herrliche Zahnärzte geben, dachte ich, und die Leute hatten offenbar genug Geld, um sie auch bezahlen zu können. »Zufälligerweise kenne ich es tatsächlich«, sagte Brad. »Bevor ich herkam, hab ich ein wenig als Kunstflieger beim Film gearbeitet.«
      »Soll das heißen, dass du im Kino zu sehen warst?«
      »Na ja, man kann mich nicht erkennen, aber, ich meine, eigentlich schon.« Er zählte einige Titel auf, wir kannten jedoch keinen davon. »Das will ich auch machen, wenn die Sache hier vorbei ist«, fuhr er fort. »Zurückgehen und richtig ins Filmgeschäft einsteigen. Mein Vater macht in Öl und will, dass ich ihm helfe. Sicher, da ist eine Menge Geld zu verdienen, aber das ist nicht das, was ich mir vorstelle. Ich will versuchen, ein richtiger Kunstflieger zu werden.«
      Falls Gloria enttäuscht war, dass Brad weder Ölmillionär noch Filmstar werden wollte, so zeigte sie es nicht. Während die beiden angeregt über Filme und Hollywood plauderten, begannen Charlie und ich unser zögerliches Gespräch.
      Bier und Whisky mussten ihm ein wenig die Zunge gelockert haben, denn er begann das Gespräch mit der Frage, was ich beruflich machte. Während ich antwortete, sah er mich unverwandt mit ernsthaftem Gesichtsausdruck an und nickte hin und wieder. Dann erzählte er mir, sein Vater sei Professor in Harvard, und er selbst habe kurz vor dem Krieg seinen Universitätsabschluss in Englisch gemacht, und wenn er zurückkäme, wolle er nach Harvard gehen und dort Jura

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