Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
Swan mit seiner weißgetünchten Holzfassade, mit seinen Giebeln und dem durchhängenden Schieferdach. Innen war es düster und trotz offener Fenster und Türen immer noch zu warm. Satt hockten ein paar Touristen und Wanderer an wackligen Holztischen vor ihren Gläsern, obwohl sie eigentlich längst im Bett sein wollten. Banks ging mit Sergeant Cabbot zur Theke. Sie fragte die Bedienung, ob sie noch etwas essen könnten.
»Kommt drauf an, was Sie wollen, Liebchen«, antwortete die Frau und wies auf die Tafel.
Banks seufzte. Das Ratespiel. Er hatte es schon oft genug gespielt. Man betrat den Pub zehn Minuten, nachdem er geöffnet hatte, und bestellte etwas von der Speisekarte, nur um zu hören, es sei »aus«. Nach vier oder fünf Alternativbestellungen, die jeweils mit »aus« kommentiert wurden, fand man mit einer gehörigen Portion Glück schließlich etwas, das noch nicht »aus« war.
Diesmal versuchte es Banks mit Tandoori-Huhn und Pommes frites, mit Wildmedaillons in Rotweinsauce und Pommes und mit Fettuccine all'Alfredo und Pommes, bevor er einen Treffer landete: Rindfleisch und Stilton-Pie. Mit Pommes. In den vergangenen Jahren hatte er zwar nicht viel Rindfleisch gegessen, doch hatte er schon lange aufgehört, sich über BSE den Kopf zu zerbrechen. Wenn sich sein Hirn in einen Schwamm verwandeln sollte, dann konnte er jetzt nicht mehr viel daran ändern. Manchmal fühlte es sich sowieso schon so an.
Sergeant Cabbot bestellte ein Salatsandwich ohne Pommes frites.
»Auf Diät?«, fragte Banks. Er erinnerte sich daran, wie Susan Gay meistens an Kaninchenfutter herumgemümmelt hatte.
»Nein, Sir. Ich esse kein Fleisch. Und die Pommes frites werden in tierischem Fett fritiert. Hab also keine große Wahl.«
»Verstehe. Trinken Sie denn?«
»Mit Begeisterung!« Sie lachte. »Apropos, ich nehme ein Pint Swan's Down Bitter. Kann ich wärmstens empfehlen. Es wird hier im Haus gebraut.«
Banks folgte ihrem Rat und war froh darüber. Er hatte noch keinen vegetarischen Bier-Fan kennen gelernt.
»Ich bring euch das Essen rüber, wenn es fertig ist«, sagte die Bedienung. Banks und Sergeant Cabbot gingen mit ihren Gläsern zu einem Tisch am offenen Fenster, durch das sie die dämmrige Dorfwiese betrachten konnten. Die Szene hatte sich verändert: Eine Clique Teenager hatte die alten Männer vertrieben. Die Jugendlichen lehnten sich an die Baumstämme, rauchten, tranken aus Dosen, schoben und schubsten sich herum, erzählten Witze, lachten, versuchten cool zu sein. Wieder dachte Banks an Brian. So schlimm war es doch gar nicht, dass er sein Architekturstudium zugunsten einer Musikerkarriere vernachlässigt hatte, oder? Das hieß doch noch nicht, dass er als Penner endete. Und wenn es um Drogen ging, hatte Brian mit Sicherheit schon reichlich Gelegenheit gehabt, sie auszuprobieren. Banks hatte es in dem Alter jedenfalls getan.
Was ihn eigentlich störte, war die Erkenntnis, dass er seinen Sohn nicht mehr sonderlich gut kannte. Brian war in den letzten Jahren, seitdem er nicht mehr zu Hause wohnte, erwachsen geworden und Banks hatte ihn nicht oft gesehen. Um ehrlich zu sein, hatte er weitaus mehr Zeit und Energie auf Tracy verwandt. Außerdem hatte er seine eigenen Sorgen und Probleme gehabt, bei der Arbeit und zu Hause. Vielleicht wurde das jetzt besser, auch wenn sie noch nicht ganz verschwunden waren.
Wenn es Sergeant Cabbot unangenehm war, dass Banks schweigend grübelte, so zeigte sie es nicht. Er holte seine Zigaretten hervor. Nicht schlecht; bisher hatte er lediglich fünf geraucht, trotz des Streits mit Brian und Jimmy Riddles Anruf. Es war eine gute Idee gewesen, beim Autofahren auf das Rauchen zu verzichten. »Stört es Sie?«, fragte er.
Sie schüttelte den Kopf.
»Wirklich nicht?«
»Wenn Sie damit meinen, ob es mir schwer fällt, ja, aber meistens habe ich den Schmacht unter Kontrolle.«
»Aufgehört?«
»Vor einem Jahr.«
»Tut mir Leid.«
»Braucht es nicht. Tut's mir ja auch nicht.«
Banks zündete sich eine an. »Ich überlege momentan, selbst damit aufzuhören. Rauch schon weniger.«
»Viel Glück.« Sergeant Cabbot hob das Glas, trank einen Schluck Bier und leckte sich die Lippen. »Ah, ist das gut. Darf ich Sie etwas fragen?«
»Ja.«
Sie beugte sich vor und berührte das Haar an seiner rechten Schläfe. »Was ist das?«
»Was? Die Narbe?«
»Nein. Das Blaue da. Ich hätte nicht
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