Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
Vom Netzwerk:
ab. Verschiedene Eindrücke der Fahrt kehrten zurück: Wie Tim Buckley vor Saffron Waiden im Radio »Dolphins« sang, ein weiß getünchter Pub, wie eine Herde Kühe mit schlenkernden Eutern die Straße versperrte, der lahme Bauer, der sich nicht im Mindesten um den kleinen, von ihm verursachten Stau kümmerte und sie von einem Feld zum nächsten trieb, die nach warmem Stroh und Jauche riechende Luft.
      Banks hielt im Dorf beim Zeitungsladen und erkundigte sich nach dem Weg zum Haus der Hyltons. Die Zeitungsfrau blickte ihn misstrauisch an, als ob er Jems Eltern überfallen wolle, erklärte ihm aber den Weg. Das Haus - eher ein Herrenhaus - befand sich am Ende einer ungepflasterten Auffahrt ungefähr eine halbe Meile vom Dorf entfernt. So wie es aussah, stammte es aus der Tudor-Zeit, war aber im Laufe der Jahrhunderte wie die Verkrustungen am Kiel eines Bootes mit so vielen Zusätzen beladen worden - hier ein Wintergarten, dort eine Garage oder ein Dachfenster -, dass es wirkte, als breche es unter seinem eigenen Gewicht zusammen.
      Banks saß in seinem Auto und starrte das Haus eine Weile an, konnte kaum glauben, dass dies der Ort war, woher Jem stammte. Er drückte seine Zigarette aus. Es war ruhig, nur ein paar Vögel zwitscherten und irgendwo tief im Innern des Hauses lief ein Radio. Sie mussten ihn doch kommen gehört haben. Bei den seltsamen Schluckaufgeräuschen, die sein Käfer damals von sich gab.
      Banks stieg aus und sah sich um. Hinter dem weitläufigen, sauber gemähten Krocket-Rasen fiel das Land ab und gab den Blick frei auf eine bunt gemusterte Landschaft aus grünen und braunen Feldern unter dem Dach eines blauen Himmels, so weit das Auge reichte. Nur einige kleine Wäldchen und ein Kirchturm unterbrachen die Monotonie. Dies war das alte England, die Welt der Ordnung, wo sich der Bauer auf dem Feld abrackerte und der Lord auf seinem Landgut es sich gut gehen ließ. Etwas ganz anderes als Peterborough und Notting Hill. Banks war natürlich schon öfter auf dem Land gewesen, aber so ein überwältigendes Haus hatte er noch nie besucht, er hatte noch nicht einmal jemanden gekannt, der aus so einem Haus kam. Die alte Klassenunsicherheit stieg in ihm auf, und wenn er einen Hut getragen hätte, hätte er ihn wahrscheinlich vor dem Anklopfen abgenommen. Noch bevor er den Mund aufmachte, war er wegen seines Akzents befangen.
      Neben der alten Eichentür stand ein süß duftendes Geißblatt, und Banks hörte die in den Blüten summenden Bienen. Er ließ den schweren Türklopfer auf das Holz fallen. Das Geräusch hallte durch die Gegend und schreckte einen Schwarm Stare in der Nähe auf, die flatternd in die Luft stiegen.
      Es schien wie eine Ewigkeit, bis Banks merkte, dass sich jemand der Tür näherte, vielleicht hörte er eine knarzende Bodendiele oder einen raschelnden Rock. Als die Tür einen Spaltbreit geöffnet wurde, stand ihm eine dunkelhaarige Frau mit hohen Wangenknochen und eingefallenen braunen Augen gegenüber. Damals, mit knapp zwanzig, kam sie ihm alt vor, aber ihm wurde klar, dass sie wahrscheinlich erst Anfang vierzig war, ungefähr so alt wie er jetzt.
      Sie zog die Augenbrauen hoch. »Ja, bitte?«
      »Mrs. Hylton?«
      »Ich bin Mrs. Hylton. Was kann ich für Sie tun?«
      »Ich komme wegen Jem.«
      Sie runzelte die Stirn. »Wer?«
      »Jem. Entschuldigung: Jeremy. Ihr Sohn.«
      Ein Mann erschien hinter ihr und sie machte die Tür weiter auf. Er hatte weißes Haar, ein rotes Gesicht und wässrige blassblaue Augen. »Worum geht's, meine Liebe?«, fragte er, legte die Hand auf die Schulter seiner Frau und sah Banks mit gerunzelter Stirn an. »Wer ist das? Was will er?«
      Sie drehte sich mit einem verwirrten Gesichtsausdruck zu ihrem Mann um. »Er kommt wegen Jeremy.«
      Banks stellte sich vor. »Ich habe in Notting Hill gegenüber von Jeremy auf der anderen Flurseite gewohnt«, sagte er. »Wir waren Freunde. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass mir Leid tut, was passiert ist.«
      »Das verstehe ich nicht«, sagte der Mann. »Unser Sohn ist vor langer Zeit gestorben. Es ist ein bisschen spät, um uns jetzt Ihr Beileid auszusprechen, meinen Sie nicht?«
      »Jem? Jeremy Hylton? Ich bin doch im richtigen Haus, nicht wahr?«
      »O ja«, sagte die Frau. »Es ist nur - unser Jeremy starb vor fünf Jahren.«
      »Aber ... aber das ist doch erst einen Monat her. Ich meine, ich kannte ihn doch. Ich habe ihn gefunden. Wir sprechen doch über dieselbe

Weitere Kostenlose Bücher