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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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vorsichtig die Uferböschung herunterglitt, den Schirm vor sich zum Abbremsen in den Boden bohrte. Nur Gott wusste, wie sie wieder hinaufkommen sollte.
      Das verfallene Dorf lag ausgebreitet unter dem dunklen Himmel vor ihr. Der Regen peitschte auf die zerbröckelten Steine und alle paar Sekunden erleuchtete ein Blitz die Szene wie ein Stanhope-Gemälde.
      An der Feenbrücke hielt Vivian inne, um Luft zu holen. Sie spannte den Schirm auf, ging weiter und blieb in der Mitte der Brücke stehen. Sie legte die freie Hand auf den nassen Stein und konnte kaum glauben, dass das dieselbe Brücke war, auf der sie vor so vielen Jahren mit Gloria, Matthew, Alice, Cynthia, Betty und den anderen geplaudert hatte. Als sie das letzte Mal hier gewesen war, hatte alles unter Wasser gestanden.
      Der Regen fand bereits das alte Flussbett neben der High Street, ein schmales Rinnsal hatte sich gebildet und floss Richtung Harksmere. Donner polterte durch die Luft, und erschaudernd näherte sich Vivian Bridge Cottage. Nur noch Grundmauern waren übrig geblieben, ein dunkles, siebzig oder achtzig Zentimeter hohes Gebilde aus Stein, aber sie wusste noch, wo die Zimmer gewesen waren und wo die Schränke gestanden hatten, insbesondere die Küche hinten, wo sie Glorias Leiche gefunden hatte.
      Der Boden in und um das Cottage war umgegraben worden.'Noch immer standen dort Warnschilder der Polizei, die Gegend könne gefährlich sein. Sie hatten nach weiteren Leichen gesucht, nahm Vivian an. Das war nur zu erwarten gewesen, oder? Inspector Niven hätte dasselbe getan.
      Als sie nun dastand im peitschenden Regen, der vom Regenschirm tropfte und ihr in die Stiefel lief, fragte sie sich, warum sie überhaupt hergekommen war. Hier gab es nichts mehr für sie. Als Hobb's End noch unter Wasser stand, hatte sie es sich immerhin als einen im Wasserglas bewahrten Ort vorstellen können. Jetzt war es nur noch eine Ansammlung von Geröll.
      Sie schlenderte durch den Schlamm bis zu der Stelle, wo früher die High Street verlaufen war, am Shoulder of Mutton vorbei, wo sich Billy Joe mit Seth gestritten hatte und wo Matthew nach seiner Rückkehr von Luzon seine Abende verbrachte; vorbei am Schlachter Halliwell, bei dem sie Tabak gegen Talg getauscht und um ein kleines Extrastück Hammelhals gebettelt hatte, vorbei am Zeitschriftengeschäft, wo sie mit Mutter gelebt und dies und das verkauft hatte, wo sie ihre private Leihbibliothek aufgebaut hatte und an jenem stürmischen Apriltag Gloria zum ersten Mal begegnet war, als sie in ihrer neuen Landmädchenuniform hereinkam und nach Zigaretten fragte.
      Es nützte nichts; von diesem Ort waren nur noch Erinnerungen übrig und die meisten ihrer Erinnerungen waren schmerzhaft. Sie hatte nicht gewusst, was sie erwarten würde, hatte nur eine schlichte Form von Wallfahrt im Sinn gehabt, eine Art Bekenntnis. Nun, das hatte sie jetzt getan. Zeit, zurück zum Hotel zu fahren, ein heißes Bad zu nehmen und die Kleider zu wechseln, sonst würde sie sich den Tod holen.
      In Gedanken versunken, hatte sie nicht den hageren Mann mit dem strähnigen Haar bemerkt, der das Taxi seit Leeds verfolgt hatte. Als sie auf dem Rückweg am Bridge Cottage vorbeikam und sich der Feenbrücke zuwandte, trat er hinter dem Schuppen hervor und hielt ihr eine Pistole entgegen, dann kam er rasch auf sie zu, fasste sie um den Hals, und sie fühlte, wie das harte Metall seitlich gegen ihren Hals gedrückt wurde. Ihr Regenschirm flog davon und landete umgedreht auf der High Street wie eine große schwarze Teetasse.
      Dann erschienen seine Hände vor ihr, sie hielten ein altes eselohriges Foto, das schon ganz zerknittert war. Sie brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass es Gloria war. Ihr Haar war dunkler und glatter, das Bild sah aus, als sei es ein oder zwei Jahre vor ihrer Ankunft in Hobb's End aufgenommen worden. Regen tropfte auf das Bild und die es haltenden Finger. So eine kleine Hand. Glorias Hand, dachte sie in Erinnerung an ihre erste Begegnung, als sie sich die Hand gereicht hatten und Vivian sich plump und schwerfällig vorgekommen war, während sich Glorias Hand wie ein feuchtes Blatt nach einem Sommerregen anfühlte.
      Wieso hatte er Hände wie Gloria?
     
    Um sechs Uhr am Freitagabend wurde Banks wegen der Verabredung zum Abendessen mit Jenny langsam nervös. Das Gewitter und der peitschende Regen, die sein kleines Cottage erschütterten, machten es nicht besser. Er hatte sich bereits geduscht und

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