Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
'tschuldigung.«
»Ich bin's, Jenny.«
»Ich weiß. Ich hab deine Stimme erkannt. Wie geht's dir?«
»Hm, du klingst ja nicht gerade erfreut, mich zu hören.«
»Tut mir Leid, Jenny, wirklich. Ich erwarte nur einen wichtigen Anruf.«
»Deine Freundin?«
»Der Fall, an dem ich arbeite.«
»Von dem du mir erzählt hast? Der mit dem Krieg?«
»Einen anderen habe ich nicht. Jimmy Riddle hat dafür ^gesorgt, dass meine Fälle in letzter Zeit dünn gesät sind.«
»Tja, ich wollte dich nicht groß stören. Ich fand nur, dass ich bei unserem letzten Treffen ein bisschen ... na, etwas rührselig war. Ich wollte mich entschuldigen, dass ich dich so zugemüllt habe, wie man so schön sagt.«
»Wofür hat man Freunde?«
»Also«, fuhr Jenny fort, »als Entschuldigung hatte ich gedacht, ich lade dich zum Essen ein. Das heißt, wenn du glaubst, mein Essen herunterzubekommen.«
»Das ist auf jeden Fall besser als meins.«
Sie lachte ein bisschen zu schnell und ein bisschen zu nervös. »Verlass dich nicht drauf. Ich dachte, wir könnten uns beim Essen und einer Flasche Wein ein bisschen unterhalten, ja? Im letzten Jahr haben wir beiden eine Menge erlebt.«
»Wann denn?«
»Wie wär's mit morgen Abend gegen sieben?«
»Hört sich gut an.«
»Sicher, dass du deshalb keine Probleme bekommst?«
»Wieso denn?«
»Weiß nicht ... ich dachte nur ...« Dann wurde ihre Stimme heller. »Toll. Also morgen um sieben, ja?«
»Alles klar. Ich bring Wein mit.«
Nachdem er aufgelegt hatte, lehnte sich Banks zurück und dachte über die Einladung nach. Abendessen mit Jenny. Bei ihr. Das würde interessant werden. Dann musste er an Annie denken und ein Schatten legte sich über ihn. Genau genommen hatte sie gestern am Telefon einfach aufgelegt. Nach der schnellen, überraschenden Intimität war ihre Kälte eine Erschütterung. Es war lange her, dass ihm eine Frau, die er erst seit kurzem kannte, die kalte Schulter gezeigt hatte. Die Sache rief Erinnerungen an jugendliche Tränen wach. Zeit, wieder die traurigen Lieder zu spielen. Trübsal blasen mit Leonard Cohen - Wie mache ich das Beste aus meinem Leid?
Aber er konnte es nicht erwarten, wegen der Sache mit East Anglia etwas von Annie zu hören. Schließlich hatte sie versprochen, sich spätestens heute zu melden. Er spielte mit dem Gedanken, sie anzurufen, verwarf ihn am Ende aber wieder. Auch wenn sie privat miteinander Probleme hatten, so wusste er doch, dass sie als Polizistin professionell genug war, ihm unmittelbar die von ihm erwarteten Informationen mitzuteilen. Kurz vor elf war es so weit.
»Tut mir Leid, dass es so spät geworden ist«, sagte sie. »Aber die Zeitverschiebung und dann kaputte Faxgeräte, na ja, das kennst du ja wohl ...«
»Schon gut. Erzähl einfach, was du herausgefunden hast.« Seit seinem letzten Gespräch mit Annie war auch Banks zu ein oder zwei Schlüssen gekommen, und er spürte das kitzelnde Zittern der Erregung, das sich immer einstellte, wenn sich die Teile langsam zusammenfügten; dieses Gefühl hatte er schon seit einiger Zeit nicht mehr gehabt.
»Zuerst einmal«, begann Annie, »gab es 1952 in der Nähe von Hadleigh einen amerikanischen Fliegerhorst.«
»Was machten die da?«
»Nun, die amerikanischen Streitkräfte räumten England nach dem Krieg, aber viele Soldaten blieben in Europa, besonders in Berlin und Wien. Durch den Krieg war das Problem mit den Russen noch nicht gelöst. Jedenfalls kamen die Amis 1948 zurück, um von britischen Stützpunkten aus während der Blockade Berlins die Luftbrücke zu versorgen. Als Erstes wurden die B-29-Langstreckenbomber auf vier Stützpunkte in East Anglia verteilt. Das hab ich alles aus Ramstein. Offensichtlich gab es 1951 schon so viele Stützpunkte, dass die Organisationsstruktur geändert werden musste, um sie verwalten zu können.«
»Bekannte Namen?«
»Nur einer. Schätz mal, wer den PX-Laden hatte?«
»Edgar Konig.«
»Ganz genau. Du klingst nicht sehr überrascht.«
»Bin ich auch nicht. Was hast du über ihn herausgefunden?«
»Er verließ Rowan Woods im Mai '45 mit dem Rest der 448. Bombergruppe und hielt sich eine Zeitlang in Europa auf, dann kehrte er nach Amerika zurück. Im Sommer 1952 wurde er dem Stützpunkt bei Hadleigh zugeteilt.«
»Die ganze Zeit war er bei der Air Force?«
»Sieht so aus. Ich schätze, er hatte einen ziemlich
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